Mülheim. In Mülheim gibt es 2024 einen einzigen verkaufsoffenen Sonntag. Einzelhändlerin Anja Cruysen erklärt, warum der Aufwand auch ohne Umsatz lohnt.

Im Wettbewerb des Einzelhandels um sonntägliche Kaufkraft gilt Mülheim als Diaspora. Nicht einmal das Rhein-Ruhr-Zentrum hat in diesem Jahr eine Sonderöffnung beantragt. Kein Stadtteil wagt den Versuch. Keiner? Nicht ganz, einer traut sich doch: In Saarn findet am 1. September im Rahmen des Oldtimer-Cups von 13 bis 18 Uhr der einzige verkaufsoffene Sonntag im Mülheimer Stadtgebiet statt.

Überhaupt hat sich Saarn zur beliebten Flaniermeile entwickelt. Was macht den Einzelhandel dort aus, was läuft gut, was nicht? Das haben wir Anja Cruysen gefragt, die seit 30 Jahren als Innenausstatterin an der Düsseldorfer Straße ihr Atelier hat und kürzlich auch das Wäschegeschäft ihrer verstorbenen Mutter übernahm.

Saarn ist der einzige Stadtteil in Mülheim, der noch einen verkaufsoffenen Sonntag anbietet. Wie kommt‘s?

Das liegt am Einsatz der Werbegemeinschaft und natürlich daran, dass wir mit dem Oldtimer-Cup eine Veranstaltung haben, die wir mit einem verkaufsoffenen Sonntag verknüpfen können. Und natürlich gehört auch dazu, dass wir Einzelhändler bereit sind, uns zu engagieren. Ich zum Beispiel mache mit, weil ich gern mit den Leuten zusammenkomme und es schön finde, gemeinsam etwas Besonderes auszurichten.

Ist der verkaufsoffene Sonntag also kein Tag, an dem Umsatz generiert wird?

Das ist je nach Branche unterschiedlich. Für mich ist das kein Verkaufstag. Das ist aber nicht schlimm. Für mich dient dieser Tag dazu, Leben in den Stadtteil zu bringen, sich vorzustellen und vielleicht Menschen auf sich aufmerksam zu machen, die vielleicht zu einem späteren Zeitpunkt wiederkommen.

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Saarn ist ein beliebter Stadtteil, um zu bummeln und Atmosphäre zu genießen. Was macht einen Stadtteil lebendig?

Ich dachte immer, dass vor allem die Geschäfte das Flair ausmachen, aber auch eine Kita ist wichtig, weil sie Leben auf die Straße bringt. Auch der Markt ist ganz wichtig. Durch all diese Dinge funktioniert ein Stadtteil. Die Leute kommen aus ganz Mülheim und auch aus Essen. Den Mittwoch nenne ich den Freundinnentag. An dem Tag verabreden sich oft Freundinnen, um nach Saarn zu kommen. Ich würde mir übrigens wünschen, dass mir noch mehr besondere Veranstaltungen anbieten und auch gerne ein bisschen verrückter werden.

Eine Saarner Einzelhandelsfamilie durch und durch: Anja Cruysens kürzlich verstorbene Mutter Karin (hier mit Ehemann Hans-Hermann) betrieb 40 Jahre lang ein Wäschegeschäft. Anlässlich des Oldtimer-Cups hat Anja Cruysen alte Fotos aus den Fünfziger- und Sechzigerjahren gesichtet. Dieses zeigt ihre Eltern passend zum Motto.
Eine Saarner Einzelhandelsfamilie durch und durch: Anja Cruysens kürzlich verstorbene Mutter Karin (hier mit Ehemann Hans-Hermann) betrieb 40 Jahre lang ein Wäschegeschäft. Anlässlich des Oldtimer-Cups hat Anja Cruysen alte Fotos aus den Fünfziger- und Sechzigerjahren gesichtet. Dieses zeigt ihre Eltern passend zum Motto. © Privat | Privat

Wie verrückt hätten Sie es denn gern?

Zum Beispiel ein bisschen Nostalgie zum Oldtimer-Cup. Warum nicht mal darüber nachdenken, wie sich Menschen damals in den Fünfziger- und Sechzigerjahren gekleidet haben, was sie getrunken haben? Man kann so tolle Sachen machen, um als Einzelhandel eine Motto-Veranstaltung zu begleiten. Aber das erfordert natürlich viel zusätzliches Engagement neben dem Tagesgeschäft. Mir ist schon klar, dass nicht jeder da so viel Spaß daran hat wie ich.

Sie haben eine Champagner-Bar auf Rädern gebaut.

Wir haben ein schrottreifes Fahrrad genommen und unsere Polsterei hat eine Bar aus schwarzem und goldenem Leder draufgesetzt. Passend zu den Farben der Veranstaltung kam noch ein pinkfarbenes Dach mit Quasten drauf. Am Sonntag servieren wir vor unserer Tür Champagner, aber auch Gin Tonic und Cocktails. Dazu stellen wir Stühle und Tische und lassen eine richtig schöne Insel entstehen.

Sie leben ihr gesamtes Leben in Saarn und sind seit 30 Jahren Einzelhändlerin vor Ort. Wohin führt die Zukunft? In welche Richtung sollte sich der Einzelhandel hier weiter entwickeln?

Ich würde mir wünschen, dass das Leben mehr auf der Straße stattfindet, dass mehr Gastronomen Stühle vor die Tür stellen. Ein bisschen mehr Leichtigkeit wäre schön. Außerdem würde ich wirklich gern jüngere Leute ansprechen. Die sind ja schon hier. Man sieht enorm viele junge Leute abends in den Restaurants. Wo sind die tagsüber? Und welche Geschäfte wünschen sie sich? Das würde mich interessieren.

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