Mülheim. Mülheims oberster Notarzt befürchtet längere Verlegungsfahrten durch die Krankenhausform. Warum Doc Caro sein Team verlassen hat.

Für medizinische Notfälle, alarmiert über die 112, stehen tagsüber neun Rettungswagen in Mülheim zur Verfügung, darunter fünf von der Feuerwehr. Nachts sind es sieben. Dass nun die Rettungswache Nord in Betrieb ist, mit Sanitätern und Fahrzeugen der Johanniter, begrüßen viele in der Stadt.

Auch der Ärztliche Leiter des Rettungsdienstes in Mülheim, Thomas Franke, sieht die Notfallversorgung verbessert. Vorher starteten die Wagen an den Denkhauser Höfen in Dümpten, wo die Johanniter-Wache liegt. Häufig hätten sie von dort über die stauanfällige A40 fahren müssen, sagt Franke. „Der Standort lag zu weit in Richtung Essen.“ Die Augustastraße in Styrum sei deutlich günstiger gelegen.

Jeden Tag im Schnitt 14 Notarzteinsätze in Mülheim

Der Rettungsdienst in Mülheim ist stark belastet, auch durch medizinische Bagatellfälle. Insgesamt 20.775 Mal sind im Jahr 2023 die Rettungswagen ausgerückt, so oft wie nie zuvor. In besonders kritischen Fällen wird auch der Notarzt gerufen - 5254 Einsätze gab es im Vorjahr, durchschnittlich 14 pro Tag. Bei den Krankentransporten, für die insgesamt zwölf Wagen der Mülheimer Hilfsorganisationen zur Verfügung stehen, gab es im vergangenen Jahr eine Entspannung - zuvor waren die Einsatzzahlen auch hier stetig gestiegen.

Thomas Franke, oberster Notarzt in Mülheim, blickt mit Spannung, auch mit Besorgnis auf die geplante Krankenhausreform. Sie stelle den Rettungsdienst vor neue Herausforderungen, meint er: „Durch das Wegbrechen von Versorgungsstrukturen kann es zu einer höheren Belastung des Rettungsdienstes kommen.“ Wesentlich mehr Verlegungsfahrten könnten nötig sein.

Patienten mit schweren Brandverletzungen werden oft nach Duisburg verlegt

In Mülheim habe man insbesondere befürchtet, dass das spezialisierte Traumazentrum in der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik (BGU) Duisburg wegbricht. Dort werden beispielsweise Menschen mit schweren Brandverletzungen behandelt. Im Rahmen der Krankenhausplanung war zunächst angedacht, in der BGU nur noch Opfer von Arbeitsunfällen zu versorgen. Alternativen für den Mülheimer Rettungsdienst wären das Essener Uni-Klinikum oder das Bergmannsheil in Bochum gewesen, so Franke - verbunden mit kritischen Anfahrten über die A40, sofern kein Rettungshubschrauber zur Verfügung steht.

Dieses Szenario sei zum Glück wohl vom Tisch. Die Mülheimer Dezernentinnen Dr. Daniela Grobe und Anja Franke hatten NRW-Gesundheitsminister Karl Josef Laumann im Rahmen des Anhörungsverfahrens zur Klinikreform persönlich angeschrieben und auf diese drohende Versorgungslücke für Schwerstverletzte aus Mülheim hingewiesen. Laumann habe sich für den Hinweis bedankt, sagt Daniela Grobe, und ein weiteres Anhörungsschreiben versandt, mit teilweise veränderten Fallzahlen. „Jetzt bleibt das Ergebnis abzuwarten“, so die Mülheimer Gesundheitsdezernentin.

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Am 11. August endete das Anhörungsverfahren zur Klinikreform. Aus vielen Krankenhäusern, auch aus Mülheim, kamen Einwendungen und Proteste an das NRW-Gesundheitsministerium. Bis zum Jahresende soll final entschieden werden. In Mülheim dürften sich die Verwerfungen in Grenzen halten. Laut Planung soll das St. Marien-Hospital eine Spezialstation für die Behandlung von Schlaganfall-Patienten bekommen, eine sogenannte Stroke Unit. In diesem Bereich könnten Verlegungsfahrten sogar entfallen. Schon jetzt seien Notfallpatienten in beiden Mülheimer Häusern optimal versorgt, meint Thomas Franke.

Befürchtung: Mehr Krankentransporte durch Klinikreform

Grundsätzlich birgt die Einrichtung von Notfallzentren aus seiner Sicht jedoch Risiken. „Die medizinische Erstversorgung konzentriert sich auf große Kliniken. Aber auch sie haben nicht die Kapazitäten, um alle Patienten im eigenen Haus unterzubringen.“ Oft müssten diese dann nach erfolgreicher Erstbehandlung in ihre Heimatstadt zurückverlegt werden. „Und dann fährt wieder der Rettungsdienst - und er fährt vielleicht nicht nur 20 Minuten, sondern 40.“ Mehr Fahrzeuge, mehr Personal würden gebraucht.

Insgesamt 50 bis 60 Medizinerinnen und Mediziner stehen in Mülheim regelmäßig als qualifizierte Notärzte zur Verfügung. An beiden Krankenhäusern ist jeweils eine Person rund um die Uhr stationiert. Neben Thomas Franke, dem Ärztlichen Leiter des Rettungsdienstes in Mülheim, sind sieben weitere Mediziner im Wechsel als leitende Notärztinnen und -ärzte im Dienst. Ihre Aufgabe ist es, bei schwerwiegenden Vorfällen den Einsatz zu koordinieren.

Feuerwehr Mülheim hat Doc Caro als leitende Notärztin verabschiedet

Bis vor Kurzem gehörte auch TV-Ärztin Carola Holzner alias Doc Caro zu diesem Team. Die prominente, auf allen Kanälen präsente Medizinerin ist Mülheimerin, das EKM war ihre erste berufliche Station. Fast sechs Jahre lang war Doc Caro als leitende Notärztin in Mülheim aktiv - Ende Juli hat die Feuerwehr sie mit Dankesworten und Blumen verabschiedet.

Doc Caro war fast sechs Jahre lang eine der leitenden Notärztinnen in Mülheim (Archivbild). Vor knapp vier Wochen wurde sie offiziell verabschiedet.
Doc Caro war fast sechs Jahre lang eine der leitenden Notärztinnen in Mülheim (Archivbild). Vor knapp vier Wochen wurde sie offiziell verabschiedet. © FUNKE Foto Services | STEFAN AREND

„Sie hat es aufgrund ihrer vielfältigen Verpflichtungen nicht mehr geschafft, als leitende Notärztin hier in Mülheim vor Ort zu sein“, sagt Thomas Franke. Doc Caro arbeitet als Oberärztin am Helios-Klinikum in Duisburg und fliegt auf dem ADAC-Rettungshubschrauber „Christoph 10“ mit.

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