Mülheim. Immer mehr Fehlalarme, nicht nur in der ZUE, belasten die Feuerwehr Mülheim. Wer bezahlt diese Einsätze? Wie oft steckt böse Absicht dahinter?

Am Dienstag vergangener Woche gab es in Mülheim eine regelrechte Serie falscher Brandalarme. Ohne erkennbaren Grund lösten fünf Brandmeldeanlage aus und ein Rauchwarnmelder. Die Feuerwehr rückte jedes Mal im großen Stil aus und schnell wieder ein. Eine solche Häufung ist nicht alltäglich, Fehlalarme sind es schon.

Aktuell steht vor allem das große Flüchtlingsheim in Mülheim-Raadt, die ZUE, im Fokus, wo sich Anwohner fast täglich über Fehlalarme beschweren. Das Problem ist aber keineswegs neu und belastet die Einsatzkräfte zunehmend: „Die Zahl der Fehlalarmierungen ist in den vergangenen Jahren stark angestiegen“, sagt der Mülheimer Feuerwehrchef Sven Werner. Sie binden immer mehr Kapazitäten.

Feuerwehr Mülheim zählte 2022 insgesamt 718 Fehlalarme

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Insgesamt 718 Fehlalarme verzeichnete die Mülheimer Feuerwehr im vergangenen Jahr, im Schnitt also zwei pro Tag. Im Einzelnen, so Sven Werner, hätten 345 Mal Brandmeldeanlagen ausgelöst, in der Regel wegen technischer Defekte oder menschlichem Fehlverhalten. Meist passierten solche Fehler aus Versehen, wenn etwa Essen auf dem Herd anbrennt. „2022 gab es nur drei offensichtlich böswillige Alarmierungen der Feuerwehr“, so der Amtsleiter.

Hinzu kamen im Vorjahr 370 Fälle, in denen die Mülheimer Feuerwehr „aus guter Absicht“ gerufen wurde, doch unnötiger Weise. Dazu gehören beispielsweise ausgelöste Heimrauchmelder. Inzwischen sind die meisten Haushalte damit ausgestattet – Tendenz weitersteigend. Gleiches gilt für automatische Brandmeldeanlagen, über die nach Auskunft der Feuerwehr rund 320 Gebäude in Mülheim verfügen. Vorgeschrieben sind sie unter anderem für Gebäude, in denen sich viele Menschen aufhalten, etwa Schulen oder Hotels, oder Personen, die sich nicht selber helfen können, wie Krankenhäuser und Pflegeheime.

Immer mehr Brand- und Rauchmelder: „Segen und Fluch zugleich“

Das immer dichtere Netz an Brandmeldeanlagen und Heimrauchmeldern sei „Segen und Fluch zugleich“, meint Feuerwehrchef Sven Werner. Sie seien sehr wichtig, um im Brandfall schnell zu warnen und im Extremfall Leben zu retten, doch: „Natürlich gibt es hierdurch auch deutlich mehr Fehlalarmierungen.“

Gibt es Stellen in Mülheim, an denen besonders oft Fehlalarm ausgelöst wird? In Objekten wie dem Rhein-Ruhr-Zentrum (RRZ), den Mülheimer Krankenhäusern oder auch Altenheimen komme es häufiger vor, sagt Feuerwehrsprecher Florian Lappe. Tatsächlich rückten zum RRZ zuletzt Mitte Mai zwei Löschzüge aus, nachdem frühmorgens die Brandmeldeanlage im noch menschenleeren Center ausgelöst hatte. Grund sei eine technische Störung gewesen, hieß es wenig später. Spektakulärer war im vergangenen November der Fehlalarm im Mülheimer Karstadt-Haus zur besten Shopping-Zeit am Samstagnachmittag. Eine Brandmeldeanlage war aus unbekannten Gründen angesprungen.

Feuerwehr betont: Jeder Alarm wird gleichermaßen ernst genommen

Die Feuerwehr versichert: Jeder Alarm wird ohne Abstriche ernst genommen. „Wir fahren mit dem gleichen Ehrgeiz hin und gehen immer vom Schlimmsten aus“, so Sprecher Florian Lappe. Während die Fahrzeuge und Einsatzkräfte bereits ausrücken, versuche die Leitstelle parallel zu ermitteln, ob möglicherweise ein Fehlalarm vorliegt.

Drei Mal wurde die Feuerwehr in 2022 mit Absicht falsch alarmiert – die Urheber seien in diesen Fällen nicht ermittelt worden, sagt Lappe. Grundsätzlich ist Notrufmissbrauch, der „absichtlich oder wissentlich“ geschieht, eine Straftat gemäß § 145 StGB und kann mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe geahndet werden. Wenn herausgefunden werden kann, wer es war, ermittelt die Polizei. Auch dort gehen sehr häufig falsche Notrufe ein, „täglich mehrmals“, so eine Polizeisprecherin, „das fängt beim Kinderstreich an“.

Fehlalarme in der ZUE in Raadt: Elf Strafanzeigen erstattet

Aktuell ist die Polizei mit einer Reihe von Strafanzeigen befasst, die Fehlalarme in der ZUE in Raadt betreffen. Dorthin wird die Feuerwehr momentan häufig gerufen, auch Evakuierungen – letztlich grundlos – hat es bereits gegeben, Nachbarn sind wegen der Lärmbelästigungen auf den Barrikaden. Nach Auskunft der Polizei gab es im Zeitraum vom 11. August bis einschließlich 18. September insgesamt 13 Einsätze, bei denen die Brandmeldeanlage ausgelöst wurde, es sich jedoch um Fehlalarme handelte. Elf Strafanzeigen wegen mutmaßlichen Notrufmissbrauchs seien erstattet worden.

Falls Brandmeldeanlagen aus technischen Gründen oder durch verbotswidriges Handeln (zum Beispiel Missachtung eines Rauchverbotes) einen Fehlalarm verursachen, können die Betreiber zur Kostenerstattung herangezogen werden. Die Stadt Mülheim hat dazu extra eine Gebührensatzung erlassen. Die Kosten staffeln sich von 354 Euro (wenn der Einsatzwagen plus Löschzug ausrückt) bis zu 925 Euro (Großaufgebot plus Notarzt). Die Mülheimer Feuerwehr nimmt auf diesem Wege etwa 80.000 Euro pro Jahr ein.

Bei Fehlalarmen, die „aus guter Absicht“ erfolgen, aus nachvollziehbaren Gründen, müssen die Verursacher nichts zahlen. Das gilt etwa, wenn Nachbarn die 112 wählen, weil sie einen Rauchmelder piepsen hören. Für die Feuerwehr gilt in diesen Fällen: „Wir kommen lieber einmal zu viel als einmal zu spät.“

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