Moers. Sicherheitsbedenken nach der Attacke in Solingen beeinflussen das Kirmestreiben in Moers kaum. Was Besucher sagen – und was ihre Highlights sind.
Ob riesig oder winzig - Trophäen der Moerser Kirmes machen glücklich. Bunt, schrill, laut und kitschig, für jeden ist in den Straßen der Innenstadt etwas dabei. Und damit das klar ist: „Am Kirmesmontag, den 02.09.2024 sind wir von 9:00 - 14:00 Uhr für Sie da.“ Die Info haben die meisten Geschäfte in der Steinstraße bereits am Samstag im Schaufenster hängen.
„Wir wollen doch mitfeiern“, sagt Heidi aus der Tchibo-Filiale der Fußgängerzone. Sie findet die Entscheidung, den Angestellten kirmesfrei zu geben, klasse. „Wir wollen ja nicht nur arbeiten“, sagt sie und strahlt. Früher, da hat sie kein Fahrgeschäft links liegengelassen. Heute hat sie Rücken und ist vorsichtiger. Aber auf einen Bummel übern Rummel freut sie sich.
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Na, ob die drei Riesenbären in kleine Wohnungen passen, das ist die Frage. Denn der Ehemann der Römerin Fabiola hat den Dreh raus. Der Italiener macht mit insgesamt elf Familienmitgliedern einen Zug durch die Kirmes-Gemeinde und hat für die drei Mädels Fabiola (53), Victoria (40) und Loredana (25) gigantische Teddybären ergattert.
Besucherin auf der Moerser Kirmes 2024: „Ich fühl‘ mich sicher“
Denn auch Bären hängen manchmal am seidenen Faden. An der Bude „Jetlag“ zum Beispiel. Da heißt es: „Schnapp dir deinen Teddy.“ Der baumelt hinter einer Glasscheibe und lockt vor allem Besucherinnen. Die Kunst ist, den Startknopf gedrückt zu halten, um die Schere zu bewegen. Dann den Knopf im richtigen Moment loslassen, damit die Schere stoppt und schneidet. Wenn man Glück oder Können hat, wird der Haltefaden mit einem gezielten Schnitt durchtrennt, die Glastür öffnet sich und der Preis ist ein Riesenteddy.
Gar nicht einfach. Die meisten scheitern. Nicht so der Ehemann von Fabiola. Der holt gleich drei Riesen für die Damenwelt seiner Familie, die schon lange in Duisburg und Moers wohnt. Alle lieben die Kirmes, lassen es auf den wildesten Fahrgeschäften krachen und genießen den Sommer-Sonnentag. Und wie steht‘s mit dem Sicherheitsgefühl bei so vielen abscheulichen Messer-Attacken in Deutschland? „Ich fühl‘ mich sicher“, sagt Victoria. Zumindest, solange es hell ist. „Abends sieht das schon anders aus, da würde ich nicht mehr rausgehen“, erklärt die 40-Jährige. Schwiegermutter Fabiola verlässt sich dagegen ganz auf ihren Ehemann, der den Umgang mit Scheren perfektioniert hat, um Bären zu „schießen“. „Er passt auf mich auf“, sagt sie. Nein, ein Unsicherheitsgefühl komme heute nicht auf.
Moerser Kirmes 2024: Solingen ist in den Köpfen der Besucherinnen und Besucher
Das lässt auch Janine nicht zu. Sie steht mit ihrem 14 Monate alten Sohn neben einer Bude, an der man das Star-Wars-Baby Grogu angeln kann. Ein Spiel kostet einen Euro, sechs Spiele fünf Euro und 13 Spiele zehn Euro. Unermüdlich wird geangelt – meist ohne Erfolg. Vor allem Janines Mann spielt gerne und hofft auf Spielerglück. „Ja, hier verdrängt man, dass was Schlimmes geschehen kann“, sagt die junge Mutter. „Aber passieren kann überall etwas.“
Die dramatischen Messerattacken von Solingen, bei denen drei Menschen starben und auch der Vorfall in Moers-Eick, wo ein Angreifer vor wenigen Tagen von Polizisten erschossen wurde – natürlich sind die Ereignisse in den Köpfen. Heiß und lautstark diskutiert auf dem Weg vom Parkplatz Mühlenstraße zur Kirmes eine Gruppe. Eine Frau gibt zu, dass sie Angst hat. „Dann kannst du ja überhaupt nirgendwo mehr hingehen. Man kann doch nicht nur noch zu Hause bleiben“, entgegnet der Mann. Die Messer-Gewaltwelle zurzeit kann niemand ausblenden.
Moerser Kirmes 2024: Gute Stimmung dank Gastroangeboten und Spielspaß
Aber verdrängen geht. Die Menschen wollen sich unbeschwert bewegen, gemeinsam Spaß haben, lachen, feiern. Und das tun sie auch. Beste Stimmung ist auf der Kirmes. Ein kleiner Junge, der ein T-Shirt mit der großen Aufschrift Mbappé trägt, versucht sich im Abschießen von Luftballons. Einfach ist anders, aber heute macht alles Spaß. Mädchen lassen sich bunte Bänder in lange Haare flechten und Thomas (44) aus Duisburg hat einen Ritt auf der Wilden Maus hinter sich und jetzt eine wichtige Security-Aufgabe: Er muss auf ein riesiges Plüsch-Faultier aufpassen, das er ergattert hat. „Reines Glück, kein Geschick“, gibt er zu. Er liebt vor allem die Fressbuden, sagt der Duisburger. Die hat er ausprobiert und ist mit sich und der Kirmeswelt im Reinen.
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Das Faultier wird jetzt als riesige Überraschung mit nach Hause genommen und als Geschenk dem Sohn überreicht. Denn der 19-Jährige ist absoluter Fan der zahnarmen Säugetiere. Ab sofort kann er sich den Gang in den Zoo ersparen. „Ja, ein bisschen mulmig ist einem schon“, räumt Thomas ein. Aber man könne ja nicht nur zu Hause bleiben. Das sei keine Lösung.
Wie viel Spaß die kleinen Dinge machen, die auf den Festtagen der besonderen Art angeboten werden, wissen Marcus aus Köln und Freundin Melanie aus Moers. Sie sind am Stand „GlüXreis“ hängen geblieben. „Ihr Name auf einem Reiskorn in zwei Minuten“ verspricht Alina. „Marcus mit c“, sagt der Kölner. Seine Liebste lässt den Namen gerade auf ein Reiskorn schreiben. Tatsächlich mit der Hand und einem Stift. Man mag die Kunst kaum glauben. „Übung macht den Meister“, sagt die Reis-Künstlerin. Sie schreibt den Marcus auf ein Reiskorn, Melanie sucht sich eine Kettenlänge, einen Anhänger und eine Farbe für die Flüssigkeit aus.
Dann wird das Körnchen in Herz-, Tropfen- oder anderer Form versengt. Darauf träufelt Alina eine Flüssigkeit beliebiger Farbe, das Gefäßchen wird verschlossen und auf ein Bändchen gezogen. Fertig ist die Liebesbotschaft. Für Kirmesbesucher ist die Veranstaltung ohne Zweifel DAS Highlight im Jahr.