Kreis Wesel. Mit viel Arbeit erneuern Ehrenamtliche die Greifvogelstation des Nabu-Kreisverbandes Wesel. Hier werden viele Vögel gepflegt, einer ist besonders.

  • Mit viel Engagement und Musikelkraft erneuern Ehrenamtliche die Greifvogelstation des Nabu-Kreisverbandes Wesel.
  • Unter den zahlreichen Tieren gibt es einen besonderen Vogel: Der Mäusebussard hat sehr helles Gefieder, helle Krallen, er ist ein leuzistischer Bussard und eine Seltenheit.
  • Ziel der Station ist es, die schönen Vögel wieder fit für die Freiheit zu machen. Ein Leben in Gefangenschaft wäre für die Wildtiere eine Quälerei.

Keine Frage, hier fließt Schweiß: Mit großen, orange-schwarzen Augen verfolgt ein Uhu aus der nagelneuen Freiflugvoliere die Arbeiten um ihn herum: Die Aktiven des Kreis Weseler Nabu sanieren die Greifvogelstation in der Weseler Schillkaserne, behutsam, um die empfindlichen Wildvögel nicht zu verängstigen. Schubkarre für Schubkarre und Brett für Brett entstehen neue, zunächst provisorische, Volieren für die Greifvögel. Die kommen nicht nur aus dem ganzen Kreis, sondern auch aus der Region und darüber hinaus her um gepflegt zu werden. Spendengeld, erläutert Nabu-Kreisvorsitzender Peter Malzbender, geht nur ins Material. Für die große Voliere waren das allein mehr als 12.000 Euro. Der Rest ist pures Ehrenamt, allerdings von Profihandwerkern geleistet: Das Projekt, die in die Jahre gekommene Greifvogelstation auf den modernsten Stand zu bringen, können Amateure allein nicht bewältigen.

Ein Uhu lebt in der großen Voliere der Greifvogelstation. Sein Gefieder wächst nicht gesund nach, daher pflegt der Nabu die große Eule mit dem durchdringenden Blick.
Ein Uhu lebt in der großen Voliere der Greifvogelstation. Sein Gefieder wächst nicht gesund nach, daher pflegt der Nabu die große Eule mit dem durchdringenden Blick. © NABU | Peter Malzbender

Rund 15 Leute gehören zum Bautrupp, hinzu kommen die ehrenamtlichen Tierfreundinnen und -freunde, die die Pflege und Reinigung der Volieren übernehmen. Vier von ihnen haben eine erweiterte Falknerprüfung abgelegt, um den Anforderungen an moderne Hygienestandards und Pflege zu genügen. Geld für Futter und den Tierarzt übernimmt das Land, auch Fahrten mit verletzten Vögeln. Alles andere ist das ganz persönliche Engagement für die schönen Tiere. Oberstes Ziel der Greifvogelstation: Jede Kreatur, die hier gepflegt wird, soll nach ihrer Genesung wieder wild leben dürfen. Einen flugunfähigen Vogel etwa über Jahre in Gefangenschaft zu halten, das wäre pure Tierquälerei. So wird der imposante Uhu wieder freigelassen, allerdings frühestens im Herbst. „Er muss erst komplett durchmausern“, erläutert Malzbender, also ein neues, funktionsfähiges Federkleid entwickeln. Aktuell, stellt Biologin Petra Sperlbaum nach einer Untersuchung der großen Eule fest, klappt das noch nicht wie geplant.

Heller Schnabel, helle Krallen, dieser Bussard ist besonders

Wer landet in der Greifvogelstation? Häufig sind es Opfer von Verkehrsunfällen. Eulen, erläutert Malzbender, jagen nachts gern in geringer Höhe. Dabei überqueren sie auch Straßen, ein Risiko. Neben den Unfallopfern sind auch viele verstoßene Jungvögel in der Station zum Aufpäppeln. Die Eltern haben sie aus dem Nest geworfen, weil sie schwächer als ihre Geschwister waren. Aktuelle Gäste der Station sind sieben Waldohr-Eulen und sieben Schleiereulen und sie sind nicht miteinander verwandt, außerdem drei Waldkauzjunge, die sich sogar in ihrer Voliere fast unsichtbar machen können: Ganz still sitzen sie, nur die Augen folgen dem Geschehen.

Aktuelle Besonderheit ist ein leuzistischer Mäusebussard. Der Vogel erscheint weiß, hat einen hellen Schnabel und durchsichtige Krallen, es ist ein seltener Gendefekt. Er führt dazu, dass Haut und Krallen frablos bleiben, die Augen aber, anders als bei einem Albino, normal sind. Obwohl noch jung, hat dieser Vogel schon einiges aushalten müssen: Das Tier wurde entkräftet an einem Feld aufgefunden, es litt unter verschiedenen Parasiten und schwebte einige Zeit in Lebensgefahr. Auch auf ihn wartet irgendwann wieder die Freiheit.

Eine reine Auswilderungsstation, keine Showveranstaltung

Horst Redmer vom Nabu Xanten gönnt sich eine Pause. Er hat die fachliche Aufsicht über das Projekt, „zur Bauaufsicht gehört bei uns aber auch: selbst schleppen“, sagt er augenzwinkernd. Den Tierfreund überzeugt, dass die Greifvogelstation keine Showveranstaltung ist, sondern eine reine Auswilderungsstation. Sie sei etwas Besonderes, erklärt er, zu Gast in der NATO-Kaserne, freundschaftlich unterstützt von allen Ebenen, „obwohl wir im Endeffekt ein Störfaktor sind“. Neben der Bundeswehr machen kleine und große Förderer die Arbeit möglich, „mal mit Geldspenden, mal mit Sachspenden“.

Rainer Neuhaus vom Nabu Voerde schiebt derweil Schubkarren voller Kies durch das Gelände. Der kommt unter die Sitzstangen der Vögel und kann bei ihrem Auszug gekärchert werden. Dachdecker „Günni“ Michalowitsch repariert derweil eine Sitzstange, an der sich die Vögel sonst den Flügel klemmen könnten. Es ist ein interessantes Treiben unter den großen Bäumen, mittendrin Rehbock Rudi, der zwar wild lebt, aber ganz entspannt die Gesellschaft der Menschen sucht. Er ist eine Handaufzucht Malzbenders, klar, dass für ihn auch die ein oder andere Möhre abfällt. Stefanie Sperlbaum holt nach und nach einige Greifvögel aus ihren Volieren und untersucht sie.

Nabu-Projektleiter Horst Redmer hat die Aufsicht – und packt mit an.
Nabu-Projektleiter Horst Redmer hat die Aufsicht – und packt mit an. © Nabu | Peter Malzbender

Viel Kraft und auch zahlreiche Spenden sind noch notwendig für das Projekt

Das Sanierungsprojekt der Greifvogelstation dauert sicher noch drei Jahre, schätzt Malzbender, und wird mehr als 250.000 Euro kosten. Am Ende werden dauerhafte Volieren die Provisorien ersetzen, jeweils etwa 50 Quadratmeter groß und nach modernen Standards. Bis dahin ist noch viel Arbeit zu leisten.

Schnell wird auch klar: All diese Wildvögel zu versorgen ist ein Kraftakt, der im Ehrenamt kaum zu bewältigen ist. Peter Malzbender, Petra Sperlbaum, Stefanie Wellmann und all die anderen Aktiven geraten hier an ihre Grenzen. Die Tiere brauchen Tag für Tag Futter und Pflege. Daher wünscht sich der Nabu, dass das Land eine Stelle finanziert, jemanden, der hauptberuflich vor Ort ist. Bislang ist daraus nichts geworden.