Wesel. Ein Wanderfalke und ein Mäusebussard werden in der Greifvogelstation gesund gepflegt. Auf die Tiere wurde geschossen.
Blüht ein längst begrabener Naturfrevel wieder auf? Das fragen sich aktuell die Experten der Auffangstation für verletzte Greifvögel, Falken und Eulen in der Schillkaserne Wesel-Blumenkamp. Denn: Bei einem Wanderfalken und einem Mäusebussard wurden zuletzt Schussverletzungen festgestellt.
Röntgenbilder lassen keine Zweifel aufkommen: Auf die Tiere wurde mit Schrot geschossen
Röntgenbilder lassen keinen Zweifel aufkommen: Auf die Vögel ist mit Bleischrot geschossen worden. In beiden Fällen ein glatter Durchschuss bei den Flügelfedern. Kleine Schrotkugeln fanden sich in Flügelknochen und Ständer. Hätten Projektile jeweils auch den Rumpf getroffen, wären beide Vögel tot vom Himmel gefallen.
Fachtierärztin übernahm die Operation
Natürlich sind durch die Schussattacken beide Pfleglinge stark traumatisiert. Deshalb haben sie vor jedem Menschen jetzt große Panik. Auch vor der ausgebildeten Greifvogelpflegerin Petra Sperlbaum in der Greifvogelstation. Mit viel Fingerspitzengefühl, mehreren kleinen Operationen von einer Fach-Tierärztin in Düsseldorf, wohldosiertem Zuführen von Schmerzmitteln und anderen Medikamenten sowie artgerechten Futtergaben hat Biologin Petra Sperlbaum den schnellsten Greifvogel der Welt wieder auf seine kräftigen Fänge gebracht.
Fliegen lernen in der großen Freiflugvoliere
Mehrmals täglich musste die engagierte Nabu-Frau sich um den Schützling intensiv kümmern. Für den notwendigen Aufbau vor allem der Flugmuskeln ist das Falken-Weibchen nun in die neue, große Freiflugvoliere innerhalb der Greifvogelstation umgesetzt worden. In wenigen Wochen kann die rasante Jägerin des Luftraumes dann wieder in die Natur entlassen werden.
Das Tier hatte großes Glück, in die richtigen Hände gelangt zu seien. Geschlüpft ist das weibliche Wanderfalkenküken mit seinen Geschwistern hoch im Horst in der Talbrücke Rahmede bei Lüdenscheid. Das monströse, marode Bauwerk wurde aber am 7. Mai vergangenen Jahres gesprengt. Vorher konnten noch rechtzeitig die Wanderfalkenschützer von der AGW in Nordrhein-Westfalen die noch nicht flüggen, beringten Jungfalken aus dem Horst entnehmen.
Dann wurden diese Vögel von den Experten anderen brütenden Wanderfalken in Hagen untergeschoben. Die schon häufiger bewährte und praktizierte Methode funktionierte auch an diesem Ort; die adoptierten Vögel wurden von den Altvögeln mitgefüttert und konnten auch erfolgreich ausfliegen. In Raesfeld-Erle musste von den Rahmede-Falken allerdings ein junges Weibchen notgedrungen zu einer Bruchlandung ansetzen. Was war passiert? Auf den schönen Greif war geschossen worden. Die Odyssee findet jetzt in der Greifvogelstation Wesel ein erfreuliches Ende.
Damit aber nicht genug: Auch auf ein Mäusebussard-Männchen war in Rees am Rande der Emmericher Straße geschossen worden. Völlig ermattet und apathisch sowie ziemlich abgemagert saß die arme Kreatur dort. Wahrscheinlich war der angeschossene Greifvogel schon tagelang ohne Futter. Leider verweigert der Vogel in der Greifvogelstation Wesel tote Mäuse.
Auch als Häppchen angeboten, gab es keine Chance, den Mäusebussard ausreichen zu versorgen. Erst ein Spezialbrei, mehrmals täglich behutsam über eine Sonde zum Magen geführt, stabilisierte das fragile Leben des gefiederten Patienten.
Der Nabu hat Anzeige erstattet
Allerdings baute er dann zu der erfahrenen Pflegeexpertin Stefanie Wellmann langsam Vertrauen auf. Die „Greifvogelflüsterin“ schaffte es, dass der Vogel ihr nach einigen Tagen dann Mäuseklein von der Pinzette nahm. Und Stefanie Wellmann brachte den Vogel dann sogar wieder zum selbstständigen Fressen. Leider muss der Vogel auch noch durchmausern. Und das wird noch dauern. Wahrscheinlich sind durch den Schock viele seiner Federn brüchig geworden und ausgefallen.
Ausbau der Greifvogelstation
Für den weiteren Neubau der Greifvogelstation in Wesel bittet der NABU-Kreisverband Wesel um Spenden. Geplant sind zwölf weitere artgerechte Volieren. Die Spenden werden ausschließlich für Material eingesetzt. Der Aufbau wird ehrenamtlich von Profihandwerkern und Helfern des NABU geleistet. Das NABU-Spendenkonto: Niederrheinische Sparkasse, IBAN: 88 3565 0000 0001 0612 25 . Bitte unbedingt Verwendungszweck „Greifvogelstation“ angeben.
Der Nabu-Kreisverband Wesel hat die tierquälerischen Naturfrevel jeweils bei der zuständigen Polizei- und Unteren Naturschutzbehörde angezeigt. Sollten die Übeltäter überführt werden können, drohen hohe Geldstrafen und auch das Verbot zum Führen einer Waffe.