Wesel/Kreis Wesel. Eine vom Aussterben bedrohte Vogelart wurde in Rheinberg verletzt aufgefunden. Kreis Weseler Nabu-Experten päppeln das Tier nach einer OP auf.
Einen sehr seltenen Gast wird die Weseler Greifvogelstation in der Schill-Kaserne vermutlich bis ins kommenden Jahr beherbergen: In der vergangenen Woche entdeckte eine Bürgerin in Rheinberg eine verletzte Eule, die sich in einem Zaun verheddert hatte. Das Tier ist laut dem Nabu-Vorsitzenden Peter Malzbender eine „richtige Kostbarkeit“. Denn es handelt sich um eine Sumpfohreule, die in Deutschland kaum vorkommt und auf der Roten Liste der bedrohten Arten steht. Nur rund zehn Brutpaare gibt es derzeit landesweit, schätzt Malzbender, aber nicht in unserer Region. Aber was macht das Tier dann am Niederrhein?
Die Sumpfohreulen brüten in Deutschland nur an der Nordsee, insbesondere auf den Inseln. Anders als andere Eulenarten jagen sie tagsüber und gehören zu den Bodenbrütern, weiß Peter Malzbender zu berichten. Etwas häufiger kommen die Tiere in den skandinavischen Ländern und Russland vor – der Niederrhein gehört nicht zu ihren Revieren.
Der Nabu-Vorsitzende hat aber eine Erklärung dafür, wie die seltene Eule nach Rheinberg kam. Sumpfohreulen sind Zugvögel und fliegen im Winter gen Süden oder auf die britischen Inseln. Sie wird also auf der Durchreise ins Winterquartier gewesen sein.
Eulenart ist am Niederrhein nicht heimisch
Der in Deutschland vom Aussterben bedrohte Gast beeindruckt selbst die erfahrenen Fachleute. „So ein Tier bekommen auch wir selten in die Finger“, so Malzbender. Vor sechs Jahren hatte sich schon einmal eine Sumpfohreule im Kreis Wesel verletzt, sie war in einen Stacheldraht geflogen. Auch das aktuelle Exemplar hat sich bei seiner Bruchlandung eine Blessur zugezogen und musste von den Nabu-Experten in der vergangenen Woche zu einer speziellen Tierarztpraxis in Düsseldorf gebracht werden, wo die offene Wunde am Flügel operiert und die Verletzung genäht wurde. Nun müssen noch die Federn nachwachsen. Zum Glück ist nichts gebrochen.
Die Wunde muss gut ausheilen und voraussichtlich wird die Eule, die mit einer Spannweite von 70 Zentimetern zu den größeren Arten gehört, zwei Monate in der Greifvogelstation verbringen, bevor sie in die Freiheit entlassen werden kann. „Die muss top drauf sein“, so Malzbender, denn ihr steht ein weiter Flug bevor, zunächst ins Winterquartier und später zurück in den hohen Norden.
In den vergangenen Tagen wurde die Eule bei Nabu-Fachfrau Petra Sperlbaum in Voerde versorgt und mit Mäusen gefüttert, doch nach einer weiteren Kontrolle bei der auf Wildvögel spezialisierten Tierärztin wird die Sumpfohreule, sobald sie selbstständig frisst, in eine große Voliere in die Schill-Kaserne umziehen, um dort Kraft zu sammeln für den Weiterflug in die Freiheit.
Greifvogelstation versorgt rund 100 verletzte Eulen im Jahr
Die Sumpfohreule ist in der Weseler Greifvogelstation eine Rarität, andere Arten werden jedoch häufig in Wesel aufgepäppelt: Rund verletzte 100 Eulen werden jährlich in die Greifvogelstation eingeliefert, sagt Peter Malzbender. Meist handelt es sich um Waldkäuze, Waldohr- oder Schleiereulen. Leider fallen die nachtaktiven Tiere häufig dem Straßenverkehr oder Zäunen zum Opfer, denn sie sind echte Tiefflieger.