Kreis Wesel. Verletzte Greifvögel versorgt der Kreis-Nabu in der Schill-Kaserne Wesel. Die Einrichtung ist baufällig, ob Düsseldorf helfen wird, ist unklar.

Erschrocken gucken junge Waldkäuze aus kugelrunden Eulenaugen, lassen ein scharfes Knacken hören: Die Jungvögel fürchten sich vor Menschen, da versuchen sie mal, den Besuch einzuschüchtern. Sie sind verwaist und hier in der Greifvogelstation des Nabu Kreis Wesel gelandet, stammen aus verschiedenen Kommunen. Ein Blick auf ihre Voliere zeigt das Problem: alt, teils verrottet, wie alle Volieren auf dem Gelände der Nato-Kaserne. Der großen Freiflugvoliere fehlt gar das Dach. Hier muss etwas geschehen: Das Landesumweltministerium will künftig noch vier bis sechs qualifizierte Greifvogelstationen in NRW unterstützen und hatte den Kreis Weselern nach einem Besuch im vergangenen Jahr ein positives Signal gegeben.

Seitdem herrscht Funkstille. Die Aktiven hängen in der Luft während die Volieren nach und nach unbrauchbar werden, zugleich aber immer mehr verletzte Raubvögel zu versorgen sind. Rund 100.000 Euro sind nach Einschätzung Peter Malzbenders rein an Materialkosten notwendig für die 14 neuen Volieren. Im März hatten er und Petra Sperlbaum, das Duo leitet die Station, eine Spendenaktion gestartet, zahlreiche Klinken geputzt. Ergebnis: 11.000 Euro sind hereingekommen.

Nun wollen die Ehrenamtler die ersten beiden Volieren eigenhändig aufbauen: größer und höher als die alten, nach aktuellen Standards. Sie machen den Anfang damit endlich etwas geschieht. Malzbender sammelt weiter, wer das Projekt unterstützen will, solle bei Spenden an den Nabu das Stichwort „Greifvogelstation“ angeben.

Die Schäden an den alten Volieren sind immens.
Die Schäden an den alten Volieren sind immens. © FUNKE Foto Services | Markus Weißenfels

Ausschlaggebend für den Zuschlag des Landes sei nicht die Ausstattung, sondern die Qualifikation und Erfahrung der Aktiven: Peter Malzbender und Petra Sperlbaum haben einen Jagdschein und einen „staatlich geprüften Sachkundenachweis für die fachgerechte Haltung von Greifvögeln und Eulen“ absolviert. Und finden mitunter kreative Lösungen: Ein junger Uhu beispielsweise, wurde mit verdrehtem Bein am ehemaligen Kraftwerk der Steag in Möllen gefunden. Eine Fachtierärztin in Düsseldorf hat den Pechvogel behandelt. „Wir haben ihn dann zurückgebracht. Er hat gerufen und die Alttiere waren sofort da, sie haben ihn wieder aufgenommen.“ Nicht immer ist ein langer Aufenthalt in der Station richtig. Verwaiste Steinkauzjunge werden in eine andere Bruthöhle mit gleichaltrigen Jungen gesetzt, „sie werden in der Regel adoptiert“, so Malzbender.

Nur wer selbst jagen kann, darf wieder freigelassen werden

Anderen Tieren hilft nur ein Aufenthalt in der Station: Den Waldkäuzchen beispielsweise, deren Gefieder erst komplett werden muss, bevor sie freigelassen werden. Jagen können sie teils schon – so war es der letzte Wunsch einer Ratte, den Halbstarken ihr Futter zu stehlen. Ganz junge Vögel versorgt Petra Sperling zuhause, derzeit zehn an der Zahl. Wer Greifvögel findet, sollte sich an die Greifvogelstation oder die Polizei wenden, sagt Malzbender – und Jungtiere, sogenannte „Ästlinge“ nicht mitnehmen, die werden noch von ihren Eltern versorgt.

Neben den Volieren ist der Arbeitsaufwand ein zunehmendes Problem. Täglich müssen die Vögel stundenlang versorgt werden. Das ist kaum noch zu leisten. Bei anderen Aufgaben unterstützt die Bundeswehr tatkräftig: Den Abbau und das Entsorgen der kaputten Volieren beispielsweise übernehmen die Soldaten. Ohnehin ist das Kasernengelände mit seinen großen alten Bäumen für die Station ein idealer Ort, geschützt und grün, dennoch nicht vollkommen abgelegen.

Keine Förderung aus dem Naturschutzhaushalt angekündigt

Jetzt sind die Blicke auf das Umweltministerium gerichtet: Zwar kommt das Land für Fahrten, Tierarztkosten und Futter der Station auf – die Abrechnung mit Düsseldorf für dieses Mittel übernimmt die Untere Naturschutzbehörde des Kreises Wesel. Ob für die Volieren Geld aus den Naturschutzmitteln des Landes kommt, ist ungewiss: Im März berichtete NRW-Umweltminister Oliver Krischer dem Umweltausschuss des Landtags, dass aus dem Naturschutzhaushalt grundsätzlich nicht in ‘Stein’ gefördert werde, das schließe bauliche Anlagen aus. Den Zustand der Volieren kennt das Ministerium aus einem Besuch 2022: „Die Bereisung diente aber nicht der Ermittlung eines Investitionsbedarfs für Sanierung und Neubauten...“ Das klingt nach Ablehnung.

Hoffen dagegen dürfen die Aktiven auf professionelle Unterstützung: Ein Fachkonzept der NRW- Tierschutzbeauftragten soll auch Antworten darauf geben, ob das Land Personal finanzieren wird. Wann die Ergebnisse kommen, lässt das Ministerium offen. Abwarten.