Kleve. Die Stadt Kleve denkt über einen neuen Kontrollmechanismus nach, um Hauseigentümer zur Einhaltung der Vorgartengestaltung zu zwingen.
Eigentlich wollte Dirk Posdena dieses Thema in seinem Vortrag über Vorgärten gar nicht mehr ansprechen. Doch irgendwie kam der Fachbereichsleiter für Klimaschutz der Stadt Kleve nicht umhin, diese ärgerliche Entwicklung in der Stadt anzusprechen. Und siehe da: Sein Vortrag „Vorgärten im Wandel: gestern, heute, morgen“ an der Hochschule Rhein-Waal wurde zu einer lebhaften Diskussion über die Vermeidung und Verhinderung von Schotter, Steinen, Kiesel, Pflaster und Folien vor der Haustür.
So viele Schottergärten gibt es in Kleve – schätzungsweise
Das Thema brennt vielen auf den Nägeln. Auch wenn Dirk Posdena es vielleicht nicht mehr hören mag: Die Verschandelung der Klever Wohngebiete bringt viele Menschen auf die Palme. „Für mich ist das Tagesgeschäft“, sagt der Abteilungsleiter, der oft mit Menschen ins Gespräch kommt, die einen Schottergarten haben.
Und davon gibt es in Kleve eine ganze Menge. Posdena hat ausgerechnet, dass es in Kleve gut 11.500 Haushalte mit einem Vorgarten gibt. Im Durchschnitt ist dieser 75 Quadratmeter groß. Der Anteil der Schottergärten liegt zwischen zehn und 25 Prozent. Posdena geht von 1158 bis 2894 Schottergärten aus. Dazu kämen noch die „Vorgärten“, die komplett mit Pflastersteinen versiegelt seien. Das wären noch einmal 15 Prozent. Insgesamt könne man also von 3500 Schottergärten in Kleve ausgehen.
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Gründe für einen Schottergarten
Warum machen die Menschen das? Posdena führte die Top-3-Begründungen auf: Alter und Gesundheit würden am häufigsten genannt. Viele ältere Menschen fühlten sich nicht mehr in der Lage, einen Garten zu pflegen. Platz zwei der Argumente überrascht: „Viele Menschen finden einen Kiesgarten einfach schön“, berichtet der gelernte Gärtner Posdena. „Die sagen mir einfach: Was haben Sie denn? Schottergärten sind doch schön.“ Das dritthäufigste Argument scheint das ehrlichste zu sein: Die Leute haben keine Lust zu gärtnern, „keinen Bock auf Gartenarbeit“.
Dirk Posdena beobachtet, dass oft das Verständnis für die Gestaltung des Vorgartens fehlt. So werde es als selbstverständlich angesehen, dass das Auto vor dem Haus steht. „Das wird gar nicht mehr hinterfragt“, sagt er. Viele Hausbesitzer unterschätzten auch die Arbeit, die ein Kiesgarten mache, und viele wüssten nicht, dass ein Garten auch mit einfacher Bepflanzung recht pflegeleicht sein könne. Die Zuhörer an der Hochschule Rhein-Waal berichteten, dass sie ihren Vorgarten höchstens ein- bis zweimal im Jahr bearbeiten. Ansonsten gilt: Wachsen lassen!
Kleve schwingt nicht die Verbotskeule
Posdena nannte noch einmal die Gründe, die gegen einen Steingarten sprechen: Unter der Folie sterben die Bodenlebewesen, die Artenvielfalt nimmt ab, die Lebens- und Luftqualität verschlechtert sich, die Flächen heizen sich schneller auf.
Mit einer dicken Verbotskeule will die Klever Stadtverwaltung aber nicht durch die Straßen gehen. Posdena erklärte, wie schwierig es sei, die Menschen davon zu überzeugen, einen anderen Weg zu wählen. Es gebe bereits viele Maßnahmen und Gesetze. Das Baurecht schreibe inzwischen eine Grüngestaltung vor. Und auch über Ortssatzungen könne man die Grüngestaltung genau vorschreiben. Aber was nützt das, wenn es keine Kontrolle gibt?
„Aber was passiert dann? Der Hausbesitzer zeigt mir eine Liste mit 50 weiteren Schottergärten in der Nachbarschaft“
Die Kontrolle als logistisches Problem
Die Kontrolle sei für die Stadt ein logistisches und juristisches Problem. Wenn eine Beschwerde eingeht, muss gehandelt werden. „Aber was passiert dann? Der Hausbesitzer zeigt mir eine Liste mit 50 weiteren Schottergärten in der Nachbarschaft. Die müssen wir dann auch alle angehen. Dazu kommen noch die vielen illegalen Gartenhäuschen und Anbauten. Das wäre ein mittelschwerer Einschlag in die Gesellschaft“, sagt Posdena.
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Dennoch will Kleve nun beispielhaft handeln. Neben Fördermöglichkeiten für eine naturnahe Gartengestaltung überlegt die Verwaltung derzeit, anhand eines Straßenabschnitts ein Exempel zu statuieren. „Und dann schauen wir mal, was passiert“, so der ehemalige Planungsamtsleiter von Kleve.
Zweite Bauabnahme für Vorgärten
Angedacht ist auch eine zweite Bauabnahme für die Vorgärten. Denn wenn Neubauten bezugsfertig sind, fehlt oft noch der Vorgarten. Nach der offiziellen Bauabnahme durch die Stadt werde dann der Kies des Grauens ausgeschüttet. Bei einer zweiten Bauabnahme für Vorgärten müssten die Hausbesitzer dann per Foto nachweisen, wie sie ihren Vorgarten gestaltet haben.
Posdena kann sich zur Vorbeugung auch ein Gespräch mit den hiesigen Baumarktbetreibern vorstellen. Baumärkte hätten einen enormen Einfluss auf die Vorgartengestaltung, sagte er. Was im Baumarkt günstig angeboten wird, landet unweigerlich oft im Vorgarten. Hier wäre es gut, wenn man eine Sensibilisierung bei den hiesigen Baumarktbetreibern erwirken könnte.