Kreis Kleve. Niederländische Kriminelle stellen synthetische Drogen wie Ecstasy oder Chrystal Meth häufiger in der Grenzregion her. Was bekannt ist.
Die organisierte Drogenkriminalität hat sich in den vergangenen Jahren zunehmend in die niederländisch-deutsche Grenzregion verlagert. Die dünn besiedelten Gebiete der Provinz Gelderland und die deutsche Grenzregion scheinen für illegale Geschäfte ideal zu sein. Aktuell, so geht es aus einer Studie von niederländischer Sicherheitsbehörden hervor, bilden die Provinzen Gelderland und Overijssel das Zentrum der Drogenproduktion. Und das will etwas heißen im größten Drogenland Europas.
Gewinne gehen in die Milliarden
So heißt es in dem gut 100-seitigen Dokument „Synthetische drugs in Oost-Nederland“, dass in den Jahren 2018 bis 2022 in den Provinzen Gelderland und Overijssel insgesamt 84 Drogenlabore für Speed, Ecstasy, Crystal Meth und MDMA ((Methylendioxy-N-Methylamphetamin) entdeckt wurden. Im vergangenen Jahr wurden 55 Fälle von illegal entsorgtem Drogenmüll registriert. Das ist die höchste Zahl in den Niederlanden. Im Nachbarland wurden 2017 Ecstasy und Amphetamine im Wert von 18,9 Milliarden Euro hergestellt. Der Gewinn für die Produzenten liege zwischen drei und fünf Milliarden Euro, heißt es in der Studie.
Experten gehen davon aus, dass die großen Drogenproduzenten aufgrund der verschärften Kontrollen in den südlichen Provinzen Limburg und Brabant weiter nach Osten vordringen. Die Drogenlabore befinden sich auf verlassenen Bauernhöfen, in ausgedienten Industriehallen oder in verlassenen Häusern. Die Abfälle werden gerne in Wäldern entsorgt. Diese Erfahrung musste kürzlich auch in Elten gemacht werden. Und just in dieser Woche wurde ein großes Drogenlabor in Nettetal ausgehoben: 200 Kilogramm MDMA wurden gefunden, mit denen man 1,3 Millionen Ecstasy-Tabletten hätte herstellen können. Zudem wurden 130.000 Euro Bargeld beschlagnahmt.
Illegal entsorgte Drogenabfälle
Was wird produziert?
Im Gelderland werden am meisten Amphetamine hergestellt: 25 der 50 Produktionsstätten. Ferner wurden in 14 Stätten Meth-Amphetamine gekocht und in neun Stätten Methylendioxy-N-methylamphetamin. MDMA ist eine weit verbreitete Partydroge. Es wurden drei Cocaine-Produktionsstätten ausgehoben.
Die Herstellung von synthetischen Drogen ist kompliziert, erfordert einiges Wissen und es sind mehrere Basisstoffe vonnöten. Dazu gehören etwa Benzylmethylketon (BMK) und Piperonylmethylketon (PMK). Beide Stoffe seien seit 2008 verboten. Mittlerweile benötigen kriminelle Organisationen unter anderem die Chemikalien Apaan oder Mapa. Die meisten Grundstoffe werden aus China bezogen.
In der Studie wird auch darauf eingegangen, wie Drogen gekocht werden und welche Schritte notwendig sind, um Amphetamine oder Meth-Amphetamine zu produzieren. Anhand der Coca-Produktion erklärt die Studie die Schritte zu Herstellung von Crack.
In der Provinz Gelderland wurden zwischen 2020 und 2023 insgesamt 122 illegal entsorgte Abfälle festgestellt. Damit liegt die Region an der Spitze. Zum Vergleich: In der Provinz Overijssel wurden im gleichen Zeitraum 30 Mal Drogenabfälle entsorgt.
In der Studie geben die niederländischen Behörden für die Nachbarprovinz Gelderland insgesamt 48 Drogenlabore an, die in den Jahren 2020 bis 2023 entdeckt wurden, davon 20 im Osten der Provinz. Auffällig ist auch, dass sich die Lagerstätten für Drogen und Drogenausgangsstoffe immer mehr in die Grenzregion zu Deutschland verlagern. Die Produktion in Gelderland konzentriert sich auf die Großstädte Nimwegen und Arnheim. Aber auch an der Grenze bei Elten und Emmerich wurden Drogenlabore gefunden.
Lagerung zunehmend in Deutschland
Die niederländischen Behörden gehen davon aus, dass die niederländischen Kriminellen ihre Aktivitäten auf den deutschen Grenzraum ausdehnen werden. Bereits heute werden Produktions- und Lagerstätten in den Kreisen Kleve und Viersen festgestellt. Die Studie berichtet unter anderem von einem niederländischen Drogenproduzenten, der in Deutschland Amphetamine gekocht haben soll. Er habe eine Produktionsanlage aufgebaut, mit der er wöchentlich 500 Kilogramm Amphetamin herstellen konnte. Die Produktionsstätte konnte mit Hilfe der niederländischen Polizei aufgedeckt werden.
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Weiter heißt es in der Studie, dass die deutschen Sicherheitsbehörden seit einiger Zeit eine Zunahme der Lagerung von Vorläufersubstanzen zur Herstellung synthetischer Drogen feststellen. Diese seien vermutlich für den niederländischen Drogenmarkt bestimmt. Dies sei möglicherweise ein Grund dafür, dass in den Niederlanden immer weniger Lagerstätten gefunden würden - diese seien nach Deutschland verlagert worden.
Produktion auch im Kreis Kleve
Die niederländischen Sicherheitsbehörden gehen davon aus, dass die noch niedrigen Zahlen in Deutschland ein falsches Bild vermitteln: „Möglicherweise ist das Problem größer als bisher bekannt“, heißt es in der Studie. In Deutschland werde dieser Kriminalitätsform noch zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt. Die Produktionsstätten auf deutschem Gebiet lagen demnach direkt an der Grenze und bis zu 80 Kilometer in NRW. Unter anderem im Raum Duisburg und Krefeld. Aber auch in Kleve und im Südkreis wurden Labore festgestellt. Bei Emmerich wurde ein Lager entdeckt.
Die Studie wurde vom Regionalen Informations- und Expertenzentrum (RIEC) erstellt. Im RIEC arbeiten unter anderem Polizei, Staatsanwaltschaft, Gemeinden, Provinzen, Finanzämter und Zollbehörden zusammen.
Die NRZ bat die Kreispolizeibehörde Kleve um eine Stellungnahme und Einschätzung der Lage. Eine Antwort steht noch aus.