Kreis Kleve. Das Bundesinnenministerium sieht eine Bedrohungslage für die deutsche Grenzregion durch niederländische Kriminelle. Das wird gefordert.
Sie verschachern Drogenabfälle im Wald, sie sprengen Geldautomaten in Dörfern und Städten, sie schlagen Drogen in großen Mengen um und greifen dabei immer häufiger auf die vermeintliche Anonymität der Grenzregion zu: Die Organisierte Kriminalität hat schon längst die beschauliche Grenzlage für sich entdeckt. Drei Bundestagsabgeordnete der CDU wollten jetzt vom Bundesinnenministerium (BMI) wissen, wie die Lage in der deutsch-niederländischen Grenzregion einzuschätzen ist. Das Urteil: Das BMI sieht ein „erhebliches Gefahren- und Bedrohungspotenzial“ der organisierten, niederländischen Kriminalität.
Drastische Gewalt und Einschüchterung
Wie aus den Antworten des Ministeriums ersichtlich wird, seien die Mitglieder dieser kriminellen Gruppierungen zunehmend bereit, auch mit drastischer Gewalt und mit Einschüchterung gegen Personen innerhalb und außerhalb dieser kriminellen Netzwerke vorzugehen. Eine ihrer größten Einnahmequellen ist der international organisierte Rauschgifthandel, der unter anderem über die Häfen Rotterdam und Antwerpen erfolge.
Die Niederlande sind Europas bedeutendster Drogenumschlagplatz und Drogenproduktionsstaat. „Nahezu alle Drogenarten werden in hoher Frequenz und großen Mengen aus oder über die Niederlande nach Deutschland geschmuggelt“, schreibt das Innenministerium dem Kreis Klever CDU-Abgeordneten Stefan Rouenhoff. Auch die Zahlen der Geldautomatensprengungen habe seit 2015 rapide zugenommen.
Um diese Strukturen entschlossen zu bekämpfen, will das Bundesinnenministerium die grenzüberschreitende Kooperation mit den niederländischen Sicherheitsbehörden intensivieren und hält an dem Vorhaben für ein gemeinsames deutsch-niederländisches Zentrum der Polizei- und Zollzusammenarbeit fest. Ein gemeinsames Zentrum der Polizei- und Zollzusammenarbeit soll nach Auffassung des Bundesinnenministeriums alle deutschen und niederländischen Polizei- und Zollbehörden im Grenzgebiet umfassen.
Es muss mehr zusammengearbeitet werden
Für Stefan Rouenhoff ist das eine sehr gute Nachricht. „Es ist ein wichtiges Zeichen, dass das Bundesinnenministerium weiterhin an so einem grenzüberschreitenden Zentrum festhält. Es gibt die dringende Notwendigkeit einer tiefergehenden Zusammenarbeit zwischen deutschen und niederländischen Behörden“, sagt Rouenhoff im Gespräch mit der NRZ. Dabei sei es aktuell nicht entscheidend, ob so eine grenzüberschreitende Polizeieinheit im Kreis Kleve stationiert wird. Möglicherweise könne man so ein Zentrum auch mit Nebenzentren aufbauen, so Rouenhoff.
Enorme Dimension des Problems
Gemeinsam mit den CDU-Abgeordneten Catarina dos Santos-Wintz (Aachener Land) und Wilfried Oellers (Kreis Heinsberg) schreibt er in einer Presseerklärung: „Über den Ernst der Lage haben wir uns in den letzten Jahren bei regelmäßigen Gesprächen mit den Strafverfolgungsbehörden informiert. Die Dimension des Problems hat uns das Bundesinnenministerium nun in seinen schriftlichen Antworten auf unsere Fragen nochmals ausdrücklich bestätigt. Es müssen endlich alle beteiligten Akteure gemeinsam mit Hochdruck daran arbeiten, die Organisierte Kriminalität in der Grenzregion entschlossen und effektiv zu bekämpfen, um die Sicherheit der Bevölkerung zu gewährleisten.“
Für einen entschlossenen Kampf gegen die Organisierte Kriminalität mithilfe eines gemeinsamen deutsch-niederländischen Zentrums der Polizei- und Zollzusammenarbeit setzen sich die Bundestagsabgeordneten aus der Grenzregion zu den Niederlanden bereits seit Jahren ein: „In der deutsch-niederländischen Grenzregion stehen heute neben dem Rauschgifthandel Geldautomatensprengungen sowie Waffen- und Geldschmuggel auf der Tagesordnung. Leider ist das, was heute durch stichprobenartige Aufgriffe aufgedeckt wird, nur die Spitze des Eisbergs. Umso wichtiger ist es, die deutsch-niederländische Polizei- und Zollzusammenarbeit in einem gemeinsamen Zentrum zu systematisieren. Hier können die Strafverfolgungsbehörden beider Länder nach dem Prinzip der ‚zusammengeschobenen Schreibtische‘ reibungslos kooperieren, Informationen schnell austauschen, Polizeieinsätze grenzüberschreitend koordinieren und ein Gesamtlagebild erstellen. Mit der Bündelung von Fahndung, Ermittlung und Auswertung an einem Standort kann die Analyse und Bekämpfung der Organisierten Kriminalität in der Grenzregion so auf ein neues Niveau gehoben werden.“
Länder wollen stärker zusammenarbeiten
Die CDU-Abgeordneten begrüßen die bereits geführten Gespräche des BMI mit den Innenministerien der Länder Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen, dem für den Zoll zuständigen Bundesministerium der Finanzen (BMF) sowie den laufenden Dialog mit den niederländischen Behörden. „Es wird jedoch Zeit, dass den Worten nun endlich auch Taten folgen und Nägel mit Köpfen gemacht werden“, so die drei Abgeordneten.
Das Bundesinnenministerium schreibt den Abgeordneten, dass die gemeinsamen Zentren (GZ) der Polizei- und Zollzusammenarbeit den Austausch von Informationen und die Unterstützung von Einsätzen im Grenzgebiet erleichtern können. Eine konkrete Ausgestaltung dieser Zentren werde man mit den Niederlanden sowie mit den Bundesländern NRW und Niedersachsen abstimmen.
Die Gefahren der Cannabislegalisierung
Die Niederlande selbst erkennen mittlerweile, dass die liberale Drogenpolitik zu verheerenden Verhältnissen geführt hat. Die Rede ist von einem „Narco-Staat“, der die Lage nicht mehr im Griff habe. Welche Rolle der starke Cannabishandel dabei spielt, ist mittlerweile bekannt. Daher sieht Rouenhoff auch die Legalisierung des Cannabiskonsums und des Anbaus in Deutschland kritisch: „Würden die Niederlande den Weg der Cannabis-Legalisierung noch einmal so gehen? Ich denke nicht“, sagt Rouenhoff gegenüber der NRZ. Die Legalisierung von Cannabis in Deutschland sei der „absolut falsche Weg“. Rouenhoff ist der Überzeugung, dass die Legalisierung „Gefahren bringt, die wir nicht absehen können“. Er weist darauf hin, dass es auch in der SPD kritische Stimmen gibt.