Kleve. Holzhändler Wolfgang Voetmann bezieht seit 25 Jahren seine Ware aus dem Reichswald. Ein Nationalpark würde seine Arbeit erheblich einschränken.

Seit einigen Monaten wird in Kleve eifrig diskutiert, ob der Reichswald ein Nationalpark werden soll. In noch zwei verbleibenden Ausschusssitzungen im Klever Kreistag soll bis Ende April entschieden werden, ob der Kreis Kleve eine Bewerbung einreicht oder nicht. Die politischen Parteien in den vier betroffenen Kommunen sind sich uneinig, in der Einwohnerschaft scheint die Zustimmung deutlich höher zu sein. Jemand, für den eine Entscheidung pro Nationalpark eine erhebliche Einschränkung in seine Arbeit bedeuten würde, ist Holzhändler Wolfgang Voetmann aus Kleve.

„Wir beziehen unser gesamtes Brennholz aus dem Reichswald. Wenn der Nationalpark tatsächlich kommen sollte, haben wir Schwierigkeiten, Holz zu bekommen“, sagt Voetmann, der in einem Team mit vier Festangestellten arbeitet. „Wir bekommen jede Woche zwei oder drei Mails aus Osteuropa, ob wir deren Holz kaufen wollen.“

Holzgewinnung im Reichswald
Dem Reichswald wird jährlich Holz entnommen. © NRZ | Andreas Gebbink

Sorge um die Zukunft des Betriebes

„Da wäre ich dann irgendwann an einem Punkt, an dem ich mich frage: `Tue ich es oder tue ich es nicht. Mache ich den Betrieb zu oder führe ich ihn weiter?‘“ In Osteuropa würde auch Forstwirtschaft stattfinden, doch es handle sich um „reinen Kahlschlag, da werden ganze Wälder niedergemacht“, betont der Unternehmer, der es deshalb immer vermieden hat, einen solchen Weg einzuschlagen.

Er habe mit seinem Förster gesprochen; bei einer Entscheidung für den Nationalpark würden 75 Prozent der Flächen „stillgelegt. Das, was wir brauchen, kann man nicht auf 25 Prozent einschlagen“, meint Voetmann. Nicht nur er sei davon betroffen, sondern auch einige Firmen in der Umgebung oder Zulieferer, „und wir verkaufen wirklich nicht wenig.“

Wo soll das Holz herkommen?

Viele Kunden wüssten gar nicht, worum es gehe, wenn er den Nationalpark anspreche. „Die wissen gar nicht, dass sie von uns dann kein Brennholz mehr bekommen“, legt Voetmann dar. „Das, was wir produzieren, können die anderen nicht nachproduzieren. Es gibt hier ein paar Holzhändler, aber wo sollen die ihr Holz herbekommen?“, fragt der Klever rhetorisch. Die Nachfrage der Kunden sei wahnsinnig gestiegen, in den vergangenen zehn Jahren um weit über 100 Prozent, schätzt Voetmann.

Holzhandlung Voetmann
Johas Kromwyk zeigt die Holzscheite, die gespalten worden sind. © NRZ | Andreas Gebbink

Die Resonanz bei den Kunden sei, dass die meisten den Reichswald nicht als Nationalpark sehen. „Das ist er auch nicht“, bekräftigt Voetmann, „er ist ein Wirtschaftswald. Die meisten, die darüber Bescheid wissen, meinen, es sei Humbug, was die da vorhaben.“ Dementsprechend hoffe er, dass die Entscheidung gegen den Nationalpark ausfalle.

Nabu betont die Vorteile eines Nationalparks

Dietrich Cerff, Beauftragter des Nabu-Kreisverbandes in Sachen Nationalpark, hat naturgemäß einen anderen Standpunkt: „Das Besondere an einem Nationalpark ist, dass er im Laufe seiner Geschichte eine sehr hohe Artenvielfalt entwickelt, dadurch, dass man die Natur einfach ihren Gang gehen lässt. Das würde zu einer erheblichen Zunahme der Biodiversität führen.“

Die Zukunft des Reichswaldes ist seit Monaten ein großes Thema in Kleve. 
Die Zukunft des Reichswaldes ist seit Monaten ein großes Thema in Kleve.  © NRZ | Andreas Gebbink

Neben der ökologischen Komponente sei ein Nationalpark auch immer ein „Touristenmagnet“. Gerade bei den unbekannten Regionen sei es von großer Bedeutung. So könnte ein Nationalpark ein „Leuchtturm“ in einer Gegend sein, die man sonst „vielleicht nicht so auf dem Schirm“ habe.

Holzgewinnung soll auf Sicht komplett eingestampft werden

Die Holzgewinnung im Nationalpark solle „irgendwann mal auf Null gehen“, es sei aber auch möglich, in Übergangszonen noch „Umbaumaßnahmen“ vorzunehmen und in dem Zuge dann Holz zu „ernten“. 75/25 Prozent könne man als Richtlinie nehmen, aber das sei keine verbindliche Vorgabe.

Wichtiger sei, sich den Wald anzuschauen und einen Plan zu machen; „dass man zum Beispiel einen Bereich sieht, in dem zu viele Bäume einer Art sind, den man dann umgestaltet.“ So könne man sich verschiedene Zonen ausgucken, die in einem Zeitraum von zum Beispiel fünf Jahren bearbeitet werden und „nach meinetwegen 25 Jahren sind wir dann durch“. In der Zeit habe man dann noch eine gewisse Holzernte, aber es werde natürlich deutlich weniger.

In Sachen Entscheidung pro Nationalpark gebe es zum einen den Weg über die Politik und zum anderen über die Bevölkerung. „Die Wahrscheinlichkeit, dass einer von beiden Wegen zum Ziel führt, halte ich für nicht so klein“, meint Cerff. Die Entscheidung über eine Bewerbung zum Nationalpark fällt im Klever Kreistag am 23. April.

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