Rees. Zum Holocaust-Gedenktag wird Rees um weitere Mahnmale reicher. Hierzu fand im Bürgerhaus ein Vortrag statt. Künstler berichtet von Morddrohungen.

Am Holocaust-Gedenktag am 27. Januar 2025 wird der bekannte Künstler Gunter Demnig in Rees weitere 14 Stolpersteine verlegen. Der Reeser Geschichtsverein Ressa hat in Zusammenarbeit mit dem Verkehrs- und Verschönerungsverein Rees (VVV), der die Stolpersteine im nächsten Jahr finanziert, Demnig vorab für einen Bilder-Vortrag ins Reeser Bürgerhaus eingeladen. Neben dem Bürgermeister Sebastian Hense und Landrat Christoph Gerwers waren fast 60 interessierte Personen der Einladung gefolgt.  

Unter dem Leitspruch aus dem Talmud „Ein Mensch ist erst vergessen, wenn sein Name vergessen ist“ hat Gunter Demnig seit 1996 in 32 Ländern über 113.000 Stolpersteine verlegt. „Der Künstler hat mit der Verlegung der sogenannten Stolpersteine selbst dafür gesorgt, dass die Namen der Opfer des Nationalsozialismus vielerorts nicht vergessen werden“, erklärte Bürgermeister Sebastian Hense, „die Stolpersteine gelten als größtes dezentrales Mahnmal der Welt.“ Er dankte auch VVV und Ressa sowie Bernd Schäfer als Initiator für deren ehrenamtliche und wertvolle Arbeit.

34 Stolpersteine hat Rees schon

Bei den Stolpersteinen handelt es sich um rund zehn mal zehn Zentimeter große quadratische Steine mit einer Messingschicht, in der Namen und Lebensdaten von Opfern des Nationalsozialismus geschlagen werden. Diese werden vor dem letzten freiwillig gewählten Wohnsitz oder vor deren Arbeitsstelle in den Boden eingelassen. Bernd Schäfer erinnerte an die ersten 34 „Steine gegen das Vergessen“, die Gunter Demnig am 23. November 2009, als erste Kommune im Kreis Kleve, in Rees, Haldern und Millingen verlegt hat.

Bürgermeister Sebastian Hense (li.) bezeichnete Gunter Demnigs Stolpersteine als „größtes dezentrales Mahnmal der Welt“.
Bürgermeister Sebastian Hense (li.) bezeichnete Gunter Demnigs Stolpersteine als „größtes dezentrales Mahnmal der Welt“. © NRZ | Dirk Kleinwegen

In seinem Vortrag zeigte Gunter Demnig seinen künstlerischen Werdegang auf und wie er die Idee zu den Stolpersteinen entwickelt hat. Der 77-jähre Künstler aus Alsfeld-Elbenrod (Hessen) hat sich mit seinen Stolpersteinen an den Grabplatten im Petersdom in Rom orientiert. „Dort gilt, je mehr Menschen darüber laufen, desto höher ist die Ehre desjenigen, der dort begraben liegt“, erläuterte Demnig. „Wenn du den Namen auf den Stolpersteinen lesen willst, dann musst du eine Verbeugung machen“, ergänzte er.

Steine werden nicht nur für ermordete Juden verlegt

Mittlerweile hat Demnig ein Team von zwölf Mitarbeitern und ist manchmal über 270 Tage im Jahr quer durch Europa unterwegs, um die Stolpersteine zu verlegen. Trotzdem ist ihm noch jeder Stein wichtig, da dieser ein Einzelschicksal darstellt. Waren es früher meist Stolpersteine für ermordete und vertriebene Juden, werden in den vergangenen Jahren auch vermehrt Steine für Sinti und Roma, Menschen mit Handicap und politische Opfer des Nationalsozialismus verlegt.

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Jeder Stolperstein ist dabei von Hand individuell gefertigt, Buchstabe für Buchstabe wird einzeln eingeschlagen. „Da kann man sich keinen Fehler erlauben“, schmunzelte der Künstler, „da gibt es kein Radiergummi.“ „Das Interesse wird immer größer, auch von Angehörigen, die sich die Steine wünschen“, so Demnig, „denn die meisten dieser Opfer haben weder Grab noch Grabsteine“.

Gunter Demnig berichtet von Anfeindungen

Demnig berichtete aber auch über die Widerstände politischer Randgruppen oder Anwohnern, teilweise Anfeindungen – bis zu Morddrohungen, die er mit seinen Projekten auslöste. 900 Steine wurden zwischenzeitlich gezielt herausgerissen oder zerstört.

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Bei den 14 neuen Steinen, die der Künstler am 27. Januar 2025 neu in Rees verlegt, werden auch die jüdischen Bürger berücksichtigt, die durch Flucht den Holocaust überlebt haben. „Für mich ist jeder ein Opfer“, sagte Demnig, „niemand hat damals freiwillig seine Heimat verlassen oder seine Familie in eine ungewisse Zukunft geschickt.“