Rees/Kreis Kleve. Johanna Dohle ist neue Geschäftsführerin Naturschutzzentrum Kreis Kleve. Was hinter dem eher unüblichen Rollentausch mit dem Vorgänger steckt.
Das Naturschutzzentrum Kreis Kleve hat einen Generationswechsel vollzogen. Seit dem 1. Juli steht Johanna Dohle an der Spitze der Geschäftsführung und löst damit Dr. Ulrich Werneke (61) ab, der diese Position seit 2005 innehatte und zuvor bereits stellvertretender Geschäftsführer war. In dieser Funktion bleibt er dem Naturschutzzentrum auch erst einmal erhalten.
Hinter dem Rollentausch steht ein besonderes Modell: „Das Naturschutzzentrum ist eine Einrichtung mit einem kooperativen Ansatz. Wir arbeiten mit der Landwirtschaft zusammen, mit den Kommunen, da geht es um Vernetzung und Kommunikation. Naturschutz ist ein konfliktreiches Feld, da ist es gut zu wissen, was auf einen zukommt“, erklärt Johanna Dohle. Damit das Team nahtlos und reibungslos weiterarbeiten kann, wurde deshalb nach einer internen Lösung gesucht.
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Rollentausch nach zwei Jahren Übergang
Die Übergabe der Geschäftsführung erfolgte über einen Zeitraum von zwei Jahren, in denen Dr. Ulrich Werneke seine Nachfolgerin einarbeitete. „Ich bin schon seit elf Jahren im Naturschutzzentrum und habe in vielen Bereichen schon Erfahrungen gesammelt. Nun haben wir zum ersten Juli die Rollen getauscht,“ freut sich die 37-Jährige. Werneke ergänzt: „Dieser lange Übergang ist schon ungewöhnlich, auch dass die Leitung freiwillig einen Schritt zurück und die Stellvertretung einen Schritt nach vorne geht. Dafür muss auch der Platz frei sein.“ Eine teaminterne Lösung hätte das alles möglich gemacht.
Diese „schöne und gute Ausgangsposition, dass so ein Übergang gelingt“, sei vor allem auch dem Team, dem Vorstand und der Mitgliederversammlung zu verdanken, die von Anfang an hinter der Idee und der Umsetzung gestanden hätten. „Es geht nicht nur um Naturschutz, sondern auch um Finanzen und Personal. Die Aufgaben sind vielfältig“, so Werneke.
Alle Bereiche im Blick haben
Die studierte Landschaftsplanerin Johanna Dohle freut sich auf die Zusammenarbeit mit den Menschen und ihrem Team, um die Ziele des Naturschutzes umzusetzen. „Hier hängen einfach viele mit dran, zum Beispiel die Landwirtschaft, der Waldbauernverband, die Schutzgemeinschaft Deutscher Wald, die Fischerei“, sagt Dohle. „Als Verband haben wir den kooperativen Ansatz schon in unserer Mitgliederversammlung. So werden dort auch konfliktträchtige Naturschutzthemen diskutiert, weil man viele Bereiche im Blick haben muss.“
In ganz Nordrhein-Westfalen gibt es 40 Biologische Stationen, ein flächendeckendes System. „Sie sind das Bindeglied zwischen den direkten Nutzern vor Ort und den Behörden“, erklärt Dohle. Kernaufgabe sei die Betreuung der Schutzgebiete, die Beobachtung von Fauna und Flora und „Maßnahmen anzustoßen, Konzepte zu entwickeln und umzusetzen“. Außerdem gibt es Artenschutzprojekte, wie für die Trauerseeschwalbe oder den Steinkauz. Auch ein grenzüberschreitendes Projekt mit den niederländischen Kollegen ist in Arbeit.
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Viele Interessen treffen hier aufeinander
Die Landschaft als Ganzes zu betrachten und die jeweiligen Nutzungen aufeinander abzustimmen, ist das Ziel: „Wenn man Harmonie erreicht, ist das schön, denn es ist ein konfliktreiches Feld. Hier treffen einfach viele Interessen aufeinander. Unser Ziel ist es, im Dialog zu bleiben. Ziele gemeinsam zu definieren und zu erreichen. Bei den vielfältigen Ansprüchen an unsere Landschaft kann das nur gelingen, wenn man einen gemeinsamen Weg findet.“ Wichtig ist ihr auch, Klimakrise und Biodiversitätskrise in einem Atemzug zu nennen, weil sie sich gegenseitig verstärken würden.
Das Naturschutzzentrum
Das Naturschutzzentrum im Kreis Kleve ist eine von 40 Biologischen Stationen in ganz NRW, die sich für den Erhalt der Vielfalt der Tier- und Pflanzenwelt einsetzen.
Seit 1993 übernehmen sie die Betreuung zahlreicher Schutzgebiete im Kreis Kleve. Zu den Aufgaben gehören Erarbeitung und Umsetzung von Pflege- und Entwicklungskonzepten, die Beobachtung von Pflanzen und Tieren zur Effizienzkontrolle der Schutzkonzepte und die Durchführung von Artenschutzprojekten. Darüber hinaus auch die Beratung von Behörden, Verbänden und Privatpersonen in ökologischen Fragen und die Öffentlichkeits- und Bildungsarbeit. Weitere Informationen gibt es unter www.nz-kleve.de/naturschutzzentrum-im-kreis-kleve-ev.
Dr. Ulrich Werneke: „Wir werden mit mehr Extremsituationen rechnen müssen. Wir haben es mit Schwankungen zu tun, die nachweislich menschengemacht sind. Wie wirkt sich das auf einzelne Tier- und Pflanzenarten aus?“ In Zukunft müsse man wohl viel flexibler sein, was die Formulierung und Ausgestaltung von Maßnahmen zur Verbesserung oder zumindest zum Erhalt von Naturschutzgebieten betrifft. Es brauche mehr Bewusstsein für diese Themen, aber: „Ich habe den Eindruck, dass die Kette von Ereignissen wie Corona, Ukraine oder Naher Osten den Menschen um die Ohren fliegt. Da noch das Klimathema unterzubringen, ist wahrscheinlich nicht ganz einfach“.
Johanna Dohle hält es für wichtig, auch Positives zu berichten: „Wir sehen jeden Tag, welche Arten verschwinden und was sich verschlechtert, aber es ist wichtig, die Chancen und Möglichkeiten aufzuzeigen, die wir haben. Es ist auch unsere Aufgabe zu zeigen, wie es anders gehen kann. Die Landschaft so zu gestalten, dass sie mit den Veränderungen am besten zurechtkommt.“