Rees. Nach einer Anzeige gegen einen Putenmastbetrieb in Rees hat die Staatsanwaltschaft ein Ermittlungsverfahren gegen den Betreiber eingeleitet.

Die Tierrechtsorganisation Aninova (ehemals Deutsches Tierschutzbüro e.V.) hat Anfang Juli 2024 umfangreiches Videomaterial aus einem Putenmastbetrieb in Rees veröffentlicht. Das Bildmaterial zeigt Stallungen, in denen knapp 20.000 Puten gehalten werden. Die Aufnahmen sind teilweise mit versteckten Kameras entstanden.

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Es sind Puten mit schwersten Verletzungen wie Brüche von Flügelknochen, blutige Wunden und Abszesse zu sehen. Eine tierärztliche Behandlung der erkrankten Tiere erfolgte offenbar nicht. Die versteckten Kameras filmten, wie Puten getreten und teilweise meterweit geworfen wurden.

Tierquälerei
Die Aufnahmen sind mit teils versteckten Kameras gemacht worden. © Aninova | Anonym

Wie Oberstaatsanwalt Johannes Hoppmann von der Staatsanwaltschaft Kleve nun auf Nachfrage der NRZ bestätigt, „hat die Staatsanwaltschaft Kleve gegen den verantwortlichen Betreiber des hier gegenständlichen Putenmastbetriebes wegen des Verdachts des Verstoßes gegen das Tierschutzgesetz ein Ermittlungsverfahren eingeleitet. Die Ermittlungen dauern an“, heißt es von Seiten der Staatsanwaltschaft weiter.

>>> So berichtete die NRZ ursprünglich Anfang Juli

Die Tierrechtsorganisation Aninova (ehemals Deutsches Tierschutzbüro e.V.) hat Bildmaterial veröffentlicht, das aus einer Putenmastanlage in Rees stammen soll. Die Aufnahmen sollen zwischen Dezember 2023 und Ende April 2024 entstanden sein und zeigen viele kranke und verletzte Tiere. Konkret wurden Brüche von Flügelknochen, herausstehende Knochen, Abszesse, Brustblasen, entzündete und blutige Wunden vorgefunden. Auch Durchfallerkrankungen wurden festgestellt. Eine tierärztliche Behandlung der erkrankten Tiere erfolgte offenbar nicht.

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„Die Aufnahmen gleichen einem Horrorfilm: Immer wieder sind zum Teil stark verletzte Puten mit blutenden Wunden zu sehen, denen einfach nicht geholfen wird“, sagt Jan Peifer, Vorstandsvorsitzender von Aninova. Statt die Tiere einzeln zu behandeln, sei der gesamte Tierbestand mit Breitband-Antibiotika versorgt worden. So wurden Amoxicillin und Doxycyclin und das Reserveantibiotikum Colistin vorgefunden. In den dokumentierten Nächten soll das Trinkwasser für die Tiere abgestellt worden sein. Ob dieses Vorgehen bewusst erfolgt ist, ist Aninova nicht bekannt.

Brutaler Umgang mit Puten dokumentiert

Die versteckten Aufnahmen zeigen einen brutalen Umgang mit den Puten. So werden Puten, die im Weg stehen, einfach weggetreten oder geschlagen. Mehrfach ist zu sehen, wie Puten geworfen werden, teilweise meterweit. „Ich will mir nicht ausmalen, was das für Schmerzen für die Tiere sein müssen“, so Peifer.

Einige Puten werden dadurch offenbar die Flügel gebrochen, andere stehen minutenlang nicht auf und liegen regungslos auf dem Boden. Auch der Betreiber selbst soll dabei gefilmt worden sein, wie er kranke Tiere über eine Absperrung wirft. Dabei verletzt sich eine Pute. „Das passt so gar nicht zu dem, wie sich der Betreiber gerne in der Öffentlichkeit präsentiert, nämlich als Tierwohl-Landwirt, der mit seinen Tieren kuschelt“, kritisiert Peifer. Laut eigener Auskunft nehme der Landwirt an der Initiative Tierwohl teil. Das Fleisch wird im Supermarkt mit der Haltungsstufe 2 verkauft.

„Die Aufnahmen gleichen einem Horrorfilm: Immer wieder sind zum Teil stark verletzte Puten mit blutenden Wunden zu sehen, denen einfach nicht geholfen wird“

Jan Peifer
Vorstandsvorsitzender von Aninova

Zu kurze Betreuung des Tierbestandes

Die Auswertung der Bilder zeige zudem, dass die gesamte Betreuung des Tierbestands sehr kurz ist. Rechnerisch kommt man teilweise auf gerade einmal 0,1 Sekunde pro Tier am Tag, weshalb Verletzungen übersehen werden. Vorgeschrieben ist mindestens eine Kontrolle des gesamten Tierbestandes pro Tag. „In dem Betrieb erfolgt dies nicht“, so Peifer. Die 20.000 Puten müssten auch in ihren eigenen Exkrementen stehen, was zu Entzündungen der Fußballen führen würde. „Eine Reinigung der Stallung hätte erfolgen müssen, damit die Tiere nicht in ihrer eigenen Scheiße stehen müssen“, moniert Peifer.

Im April sind bei einem starken Sturm Teile des Stalldaches abgeflogen, seitdem regne es in den Stall rein. Auf den Aufnahmen ist zu sehen, wie Puten in Pfützen stehen müssen und klitschnass sind. „Es ist unverantwortlich, Tiere unter solchen Bedingungen zu halten“, sagt Peifer.

Veterinärmat Kleve wurde informiert

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Aninova ist das Bildmaterial Ende Mai zugespielt worden. Nach kurzer Sichtung wurde Anfang Juni das zuständigen Veterinäramt in Kleve informiert. Zudem wurde eine Strafanzeige bei der Staatsanwaltschaft Kleve erstattet. Auf Anfrage der NRZ wird eine Anzeige gegen einen Betrieb im Kreis Kleve von Oberstaatsanwalt Johannes Hoppmann bestätigt. „Das Anzeigenvorbringen wird gegenwärtig geprüft“, so Hoppmann, der zum jetzigen Zeitpunkt aber „keine näheren Angaben zur Sache machen kann“.

Seit Jahren decken Aninova (ehemals Deutsches Tierschutzbüro) und andere Tierrechtsorganisationen Missstände auf. „Ich kann den Menschen wirklich nur raten, sich vegan zu ernähren. Anders kann diese Tierquälerei nicht beendet werden“, so Peifer abschließend.