Düsseldorf. Mehr als 30 Frauen mit Migrationsgeschichten waren mit der Diakonie bei L‘Oreal in Düsseldorf zu Besuch. Vor diesen Schwierigkeiten stehen sie.

Ungewöhnlicher Besuch konnte es sich kürzlich auf den Stühlen in der „Académie“ von L’Oréal in Düsseldorf bequem machen: Mehr als 30 Frauen, die zu den Besucherinnen des Stadtteilladens der Diakonie in Düsseldorf-Flingern gehören, ließen sich von hauseigenen und externen Experten für Hairstyling und Make-Up verwöhnen und beraten. Die Aktion „Inklusiver Beautysalon“ sollte das Selbstbewusstsein der Frauen stärken, heißt es von L’Oréal und der Diakonie - und gleichzeitig mit Einblicken Lust auf eine berufliche Zukunft im Beauty-Bereich machen.

Ausbildungen aus dem Ausland werden oft nicht anerkannt

Für einige von ihnen war das Berufsfeld kein Neuland: Etwa für Sanae Hachchouche, die sich von Akademie-Trainer Dennis Kremer die Haare stylen ließ – und danach zufrieden strahlte. Hachchouche ist bereits seit rund 20 Jahren in Deutschland, 2005 zog sie hierhin, nachdem sie einen deutschen Mann heiratete. In ihrem Geburtsland Marokko hat die heutige Düsseldorferin den Friseurberuf gelernt: „Ich habe eine zweijährige Ausbildung gemacht und dann vier Jahre als Friseurin gearbeitet.“ Doch im Folgenden ergab sich ein Problem, das viele mit im Ausland abgeschlossenen Lehren haben: „Ich wusste nicht wie ich das anerkennen lassen kann.“

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So gelang ihr kein Wiedereinstieg in den alten Beruf. Vor neun Jahren bekam sie eine Tochter, das Thema trat in den Hintergrund. Nun, da ihre Tochter neun Jahre ist, längst in der Schule, will die Mutter schauen, ob sie es nicht doch schafft, auch in Deutschland wieder als Friseurin zu arbeiten. „Ich brauche nur jemanden, der mir den Weg zeigt“, sagte sie. „Ich liebe diesen Beruf, wie alles was mit Schönheit zu tun hat.“ Einen ersten Schritt zurück ins Berufsleben ist Hachchouche schon gegangen – mit einem verdienten Zertifikat im Kosmetik-Bereich.

Sie ist seit drei Jahren „Stadtteilmutter“ bei der Diakonie. Konkret bedeutet das: „Ich begleite Familien, Frauen, die noch kein Deutsch können, mit Kleinkindern oder Kindern mit Behinderung.“ Dabei versuche sie, ihnen den Weg zu zeigen, selbstständiger zu werden und begleitet sie bei Ärzte-Angelegenheiten, Behördengängen oder bürokratischem Aufwand. Unter den Frauen sind auch viele mit Fluchthintergrund, erklärte sie. Das gemeinsame Angebot der Diakonie und L‘Oréal fand die Stadtteilmutter toll. „Das bedeutet einfach Freude. Nicht alle Frauen können sich Kosmetik und Friseurbesuche leisten.“ Die Aktion gebe Frauen die Möglichkeit, ihre Femininität zu erleben und damit auch Selbstvertrauen zu schöpfen.

Warum die Duldung einer Ausbildung im Weg steht

Das Schwierigkeit rund um die Anerkennung von Berufsausbildungen ist ein häufiges Thema, erklärt Stadtteilladen-Leiterin Constanze Jestaedt-Fischer. „In der Beratung fällt das immer wieder auf.“ Abschlüsse von einem ins andere Ausbildungssystem zu „übersetzen“ sei schwer. „Das Thema ist hochkomplex, sowohl Schulabschlüsse als auch Ausbildungen anerkennen zu lassen.“ Dabei gebe es bei den Personen mit Migrations- oder Fluchthintergrund, die im Stadtteilladen Unterstützung bekommen, erfahrungsgemäß einen großen Willen, zu arbeiten und sich zu integrieren. „Die Menschen möchten Teil der Gesellschaft werden. Mit allem, was dazugehört, auch, für sich selbst Lohn und Brot zu verdienen“, so Jestaedt-Fischer.

Nicht in allen Ländern laufen Ausbildungen wohl überhaupt so formalisiert ab, wie in Deutschland: Etwa in Ghana ist es ganz anders, erklärt Lydia Ohenewaa, die in dem afrikanischen Land ihre betriebliche Ausbildung zur Kosmetikerin gemacht hat – diese aber nicht anerkennen lassen kann. Sie lebt seit sechs Jahren mit ihrem Mann in Deutschland, hat eine kleines Kind. Doch ihrem weiteren Arbeitsleben steht noch etwas anderes im Weg: „Ich habe noch keinen Aufenthaltstitel und kann deswegen nicht arbeiten“, erklärt sie. Solange sie nur eine Duldung hat, ist sie dazu gezwungen, von staatlichen Leistungen zu leben. „Sobald mir die entsprechenden Dokumente ausgestellt werden, würde ich gerne lernen, als Kosmetikerin zu arbeiten“, sagt Ohenewaa.

Leute leben teils ganze zehn Jahre lang mit einer Duldung, erklärt Diakonie-Familienberaterin Therese Eno-Ndum. Und: „Eine der Anforderungen, um eine Ausbildung zu beginnen, ist ein Aufenthaltstitel.“ So bleibt der Weg in einen neuen oder alten Beruf in Deutschland vielen, die wie Lydia Ohenewaa gerne wieder arbeiten würden, vorerst verschlossen.

„Das macht dich mutig, wenn du in die Öffentlichkeit gehst“

Auch die junge Mutter freute sich sehr über die Beauty-Treatments bei L‘Oréal. Die Leistungen für geduldete Personen lassen für solche Annehmlichkeiten kaum Raum. „Als Frau musst du schön aussehen. Das macht dich mutig, wenn du in die Öffentlichkeit gehst, das gibt dir Anerkennung.“ Für sie sei das in Deutschland sogar doppelt schwer. „Es ist hier nicht einfach, einen afrikanischen Salon zu finden. Und wenn ich in einen normalen Laden gehe, sind die allermeisten Make-Up-Produkte für weiße Haut.“ Umso mehr freute sie sich darüber, dass die Experten beim Kosmetikunternehmen genau wussten, wie sie ihr Schönheits-Programm auf sie abstimmten.

Die Diakonie und L‘Oréal kooperieren seit fast zwei Jahrzehnten, erklärten Constanze Jestaedt-Fischer und Elena Schlosser, die bei dem Kosmetikhersteller als „Social Impact Lead“ arbeitet. Die Idee zum „inklusiven Beautysalon“ kam im Juni und steht unter dem Projekttitel „Beauty For A Better Life“. Sieben Trainer und drei Makeup-Artists stylten die rund 30 teilnehmenden Frauen bei entspannter Musik in den Räumen der hauseigenen Akademie. Wie man an vielen fröhlichen Gesichtern beim gemeinsamen Mittagessen zur Pause in der L‘Oreal Kantine unschwer erkennen konnte, ist mindestens ein Anliegen der Aktion vollends gelungen: Den Frauen einen Tag zum Genießen zu verschaffen.

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