Düsseldorf. Wohnungslose in Düsseldorf sollen im Winter nicht auf der Straße schlafen. Warum Angebote nicht genutzt werden und wie sich Helfer vorbereiten.

Niemand, der wohnungslos ist, soll in Düsseldorf auf der Straße schlafen müssen. Das betont die Stadt Düsseldorf kurz vor Beginn der kalten Jahreszeit und verweist auf die vielen Aufenthalts- und Übernachtungsmöglichkeiten in der Landeshauptstadt. Rund 700 Menschen lebten nach einer Erhebung der Arbeitsgemeinschaft der Träger der Wohnungslosenhilfe Anfang 2024 auf den Straßen Düsseldorfs. „Der Winter kommt. Kälte kann für Menschen, die auf der Straße übernachten, tödlich sein“, appellierte Miriam Koch, Dezernentin für Kultur und Integration. „Bitte nutzen Sie unsere Angebote.“

So wurde etwa durch eine Kooperation von Arbeiterwohlfahrt und dem Sozialdienst Katholischer Frauen und Männer ein neues Angebot speziell für Jugendliche zwischen 14 und 21 Jahren geschaffen. Außerdem wurde bei drei Einrichtungen und Initiativen, die rund um den Düsseldorfer Hauptbahnhof aktiv sind, die Öffnungszeiten erweitert. Dauerhafte Übernachtungsplätze seien zwar aktuell bereits sehr gut ausgelastet, jedoch sei die Stadt darauf vorbereitet, diese bei Bedarf jederzeit zu erweitern.

Genug Betten für Wohnungslose in Düsseldorf: Doch nicht für alle erreichbar

„Rein von der Quantität ist Düsseldorf schon ausreichend aufgestellt“, lautet die Einschätzung von Holger Kirchhöfer, Sozialarbeiter von der Altstadt-Armenküche. „Zumindest für die, die möchten.“ Denn trotz einer ganzen Reihe von Angeboten in der Landeshauptstadt gebe es einige, die nicht in die Unterkünfte gehen wollten, aber auch diejenigen, die es schlicht und ergreifend nicht könnten. „Ein Problem, das häufig unterschätzt wird, ist, dass die Leute die Treppen in den Unterkünften nicht mehr schaffen“, so Kirchhöfer.

„Die Leute sind einfach kaputt“, führt er weiter aus und meint damit die Gesundheit der Menschen. „Seit der Pandemie erleben wir, dass die Armut massiv angestiegen ist und dass auch die Verelendung immer weiter zunimmt.“ Und dies zeige sich nun auch an der fehlenden Barrierefreiheit vieler Unterkünfte. Vereinzelt sei diese zwar gegeben, „allerdings noch viel zu selten“. Mit genug Vorlaufzeit und Planung könne man hier zwar auch dann Alternativen finden. „Aber was, wenn es einen plötzlichen Kälteeinbruch gibt. Da kurzfristig was zu organisieren, wird schwer.“

Sozialarbeiter: Mehr Orte schaffen, an denen sich Obdachlose tagsüber aufwärmen können

Dennoch hofft der Sozialarbeiter, dass möglichst viele Menschen die Angebote nutzen. „Wir verteilen selbstverständlich Decken und Schlafsäcke, aber wir geben auch den Rat mit aus: ‚Benutzt es lieber nicht, sondern geht lieber ins Warme‘“, so Kirchhöfer. Der wünscht sich daneben auch einen Ausbau der Aufenthaltsangebote tagsüber. In der Innen- und Altstadt sei dies sinnvoll und auch notwendig.

Ähnlich äußert sich auch Oliver Ongaro, Streetworker von Fiftyfifty: „Um Menschen wieder auf die eigenen Füße zu holen, sind Dauerunterkünfte jetzt vielleicht nicht das Wahre, aber wenn die Temperaturen weiter sinken, geht es um die Sicherheit und die Gesundheit der Leute.“ Jedes Jahr sterben Wohnungslose im Winter in Düsseldorf, erklärt Ongaro weiter. Wenn nicht direkt durch die Kälte, dann durch Krankheiten, die sie sich durch diese zugezogen hätten.

Oliver Ongaro, Streetworker bei Fiftyfifty, spricht über die Lage in der Wohnungslosenszene vor dem Wintereinbruch.
Oliver Ongaro, Streetworker bei Fiftyfifty, spricht über die Lage in der Wohnungslosenszene vor dem Wintereinbruch. © NRZ | Lucas Gangluff

Schon ab Mitte November ginge es bei Fiftyfifty los, dann kämen Leute auf der Suche nach trockener Kleidung, Jacken und Mützen. „Da haben wir zum Glück viel da“, sagt der Streetworker. Spenden gebe es reichlich und aus vielen Quellen. Über Spenden der Bürgerstiftung etwa könnte man Schlafsäcke anschaffen, die bereits im Keller unter den Räumen des Straßenmagazins lagern. Hier finden sich auch Kisten mit Isomatten und – ganz neu – sogenannte Sheltersuites, die aus recycelten Zelten hergestellt werden. Diese sind dabei Jacke, Tasche und Schlafsack in einem und vor allem wind- und wasserfest. „Die sind super“, erklärt Ongaro. „Allerdings sind die Leute noch etwas skeptisch.“

In den Lagern von Fiftyfifty in Düsseldorf lagern jetzt schon Schlafsäcke, Isomatten und sogenannte Sheltersuits. Diese werden im Winter an Wohnungslose ausgegeben.
In den Lagern von Fiftyfifty in Düsseldorf lagern jetzt schon Schlafsäcke, Isomatten und sogenannte Sheltersuits. Diese werden im Winter an Wohnungslose ausgegeben. © NRZ | Lucas Gangluff

Düsseldorfer Streetworker besorgt: Crack-Epidemie kann Obdachlose aus Unterkünften fernhalten

Was Ongaro in diesem Jahr besorgt: Wie die Droge Crack in der Szene eingeschlagen ist. „Das geht um, wie ich es noch nicht erlebt habe“, beschreibt er seine Eindrücke. Auch in gemäßigteren Szenen würden beispielsweise Alkoholabhängige auf die Droge umsteigen. „Das Crack geht in die Treffpunkte rein und wird dann herumgereicht. So kommen immer neue Leute damit in Kontakt.“ Was die Situation im Winter noch verschärft: In den Unterkünften herrscht strengstes Drogen- und Alkoholverbot, weswegen Abhängige diesen fernbleiben. „Ich hoffe, dass die Stadt hier wieder niedrigschwellige Alternativen schafft – das hat in der Vergangenheit schon gut funktioniert“, sagt Ongaro.

„Was uns übrig bleibt, ist, die im Blick zu behalten, die vielleicht nicht so sehr auf sich achten“, betont dazu Holger Kirchhöfer. Seien es diejenigen, denen die Unterkünfte zu voll sind, die sich aus Angst vor Diebstählen und Gewalt alleine durchzuschlagen versuchten oder eben auch Abhängige. „Wir arbeiten da eng mit den Streetworkern zusammen“, so Kirchhöfer weiter. Die unterschiedlichen Organisationen der Düsseldorfer Obdachlosenhilfe gingen den Winter gemeinsam an.

Angebote für Wohnungslose im Winter

Die Stadt Düsseldorf listet die verschiedenen Unterkünfte für Wohnungslose in Düsseldorf auf ihrer Internetseite unter www.duesseldorf.de auf. Daneben ist die Hotline zur Beratung für Obdachlose von montags bis donnerstags von 9 bis 15 Uhr und freitags von 9 bis 13 Uhr unter 0211-8996189 erreichbar. In allen Angeboten können sich Obdachlose auch beraten lassen und werden nach Möglichkeit in reguläre Obdachlosenunterkünfte oder in Facheinrichtungen der Wohnungslosenhilfe vermittelt. 

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