Düsseldorf. Vor einem Monat hat die Polizei die Wohnung der Aktivistin Julia von Lindern durchsucht und Arbeitsgeräte beschlagnahmt. Nun gibt es Neuigkeiten.
Gut einen Monat nachdem die Polizei sie morgens aus dem Bett geklingelt und ihr einen Durchsuchungsbeschluss unter die Nase gehalten hat, steckt Julia von Lindern der Einsatz in ihrer privaten Wohnung noch immer in den Knochen. Wie berichtet, hatte die Polizei am 27. August auf Anordnung der Staatsanwaltschaft Düsseldorf Handy und Laptop der stadtbekannten Sozialarbeiterin einkassiert. Zwei Wochen später wurden ihr die Geräte wieder zurückgegeben. Was war da los?
„Ich habe gedacht, ich bin im falschen Film.“ Mit diesen Worten hatte Julia von Lindern, Pressesprecherin des Bündnisses gegen Rassismus „Düsseldorf stellt sich quer“ (DSSQ), direkt nach dem Vorfall im August den Moment beschrieben, als die Beamten in ihrer Wohnung standen und Handy und Laptop einforderten. „Ich war völlig überrumpelt.“
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Hintergrund der Durchsuchung ist eine zwei Jahre alte private Angelegenheit, die bisher als zivilrechtliches Verfahren verhandelt wurde. Es soll um intime Fotos und den Vorwurf der Verleumdung gehen. Der Begriff „Me too“ steht im Raum. Über Details mag Julia von Lindern nicht sprechen, da es sich um ein laufendes Verfahren handele.
Einkassiert wurden bei dem Polizeieinsatz ihre Arbeitsgeräte, die Eigentum des gemeinnützigen Vereins „Asphalt e.V./Straßenmagazin fiftyfifty“ sind und ihr für den Job in der Wohnungslosenhilfe beim Bundesverband „Housing First“ zur Verfügung gestellt worden waren. Alle wichtigen Unterlagen und Telefonnummern seien mit Rechner und Handy verschwunden. Die Sozialarbeiterin engagiert sich seit vielen Jahren beim Straßenmagazin, sie arbeitet für das Kulturzentrum Zakk, den Bundesverband „Housing First“ und das Bündnis DSSQ.
„Das war eine völlig überzogene Aktion von Polizei und Staatsanwaltschaft“
Auf den ersten Schock war bei Julia von Lindern die Wut über diese „völlig überzogene Aktion von Polizei und Staatsanwaltschaft“ gefolgt, wie sie sagt. Und die Überzeugung, dass es vor allem als Frau wichtig sei, sich gegen Erlebnisse wie diese auch öffentlich zu wehren. Julia von Lindern spricht davon, dass sie ein Zeichen gegen „misogyne Verhältnisse“ setzen will; also gegen Frauenfeindlichkeit. Gerade in der Auseinandersetzung zwischen Männern und Frauen sei ihrer Meinung nach noch immer tief in der Gesellschaft verankert, dass Aussagen von Frauen eine geringere Wertigkeit hätten als die von Männern. Vor allem, wenn es um Bereiche wie die sexualisierte Gewalt gehe.
Staatsanwaltschaft Düsseldorf ermittelt strafrechtlich gegen Sozialarbeiterin
Mit ihrer privaten Geschichte an die Öffentlichkeit zu gehen, das habe sie Überwindung gekostet. „Das war für mich keine leichte Entscheidung.“ Immerhin freut sie sich jetzt über einen „Punktsieg“. Nachdem die Organisation „fiftyfifty“ mit einem Anwalt gegen die Beschlagnahmung der Geräte vorgegangen ist, habe die Polizei ihr die Arbeitsgeräte dann doch wieder zurückgegeben. Zwischenzeitlich habe sie sich allerdings ein neues Handy und einen neuen Laptop kaufen müssen, um arbeiten zu können. „Das erstattet uns niemand.“
Düsseldorferin ist entsetzt über die Härte der Ermittlungsbehörden
Entsetzt ist die Düsseldorferin vor allem darüber, mit welcher Härte hier ihrer Meinung nach von den Ermittlungsbehörden vorgegangen wurde. Julia von Lindern ist geschockt darüber, dass es überhaupt eine solche unangekündigte Durchsuchung bei ihr gab. „Das ist ein total heftiges Vorgehen“, kritisiert sie die Staatsanwaltschaft, der sie einseitiges Vorgehen vorwirft. „Warum kommt man nicht auf mich zu und sagt: Es gibt ein Ermittlungsverfahren gegen Sie, möchten Sie sich dazu äußern?“ Warum die Staatsanwaltschaft Düsseldorf auch strafrechtlich gegen sie ermittelt, das sei ihr noch immer ein Rätsel.
Auch wenn die ganze Angelegenheit sie sehr viel Kraft kostet, so ist die Sozialarbeiterin doch froh, den Schritt in die Öffentlichkeit gemacht zu haben. „Ich möchte zeigen, dass es sich lohnt, für sein Recht zu kämpfen“, sagt sie. Ihre Botschaft an andere in ähnlichen Situationen lautet: „Wehrt euch!“
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Bisher sei es zwar erst ein „Teilerfolg“, dass die Polizei ihr Handy und Laptop wieder ausgehändigt hat, aber sie sei optimistisch und gehe jetzt auch von einer Einstellung des Verfahrens aus. Ansonsten hofft sie, dass in der Öffentlichkeit durch ihre Geschichte deutlich wird, dass eine Hausdurchsuchung nicht zwangsläufig bedeute, dass man etwas zu verbergen habe. „Die Leute bekommen jetzt ja hoffentlich auch mit, dass ich meine Sachen wieder habe und können sich ihren eigenen Reim darauf machen.“
Was sagt die Düsseldorfer Staatsanwaltschaft zu dem Fall?
Die Staatsanwaltschaft Düsseldorf bestätigt, dass Arbeitslaptop und Arbeitshandy „an die Beschuldigte“ zurückgegeben wurden, nachdem diese ausgewertet worden seien. Das habe die zuständige Staatsanwältin am 3. September mit der Polizei besprochen. Die Ermittlungen in dem Verfahren würden aber weiterhin andauern.
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