Düsseldorf. Vier Menschen kostete die Explosion in Flingern das Leben. Doch es muss weitergehen, allein schon für die restlichen Mieter. Was nun passiert.
Wer an der Ecke Lichtstraße/Grafenberger Allee in Flingern steht, den fasst es noch immer an. Hier steht das Haus, in dem am 16. Mai 2024 drei Menschen ihr Leben verloren haben. Knappe drei Wochen später erlag eine vierte Person in einem Krankenhaus ihren schweren Verletzungen. Am Haus sieht man noch zahlreiche Spuren des verheerenden Brandes, die Kunststoffabdeckungen der Balkone sind zusammengeschmolzen, geplatzte Scheiben sind durch Sperrholzplatten ersetzt worden. Nur der Efeu an der Gebäudeflanke scheint unbeschädigt. Wie geht es nun weiter mit dem Haus?
23 Wohnungen und zwei Gewerbeeinheiten in Flingern müssen saniert werden
Wohnen darf hier momentan niemand, das ist keine große Überraschung angesichts des Zustandes. Torsten Michler allerdings weiß, wie es um das Innere des Hauses bestellt ist. Er arbeitet für die Hausverwaltung, die die Eigentümer der 23 Wohnungen und zwei Gewerbeeinheiten vertritt. Auf ihn, seine Kollegen und ein ganzes Heer weiterer Beteiligter kommt nun eine Menge Arbeit zu.
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Die Statik sei allem Anschein nach nicht beeinträchtigt, dennoch müsse allein der Schaden auf zwei bis zweieinhalb Millionen Euro geschätzt werden. „Was da noch gar nicht drin ist, sind die Mietausfälle, die Entsorgungskosten und weitere zusätzliche Kosten.“, sagt Michler. Von den 23 Wohneinheiten werden lediglich fünf von Eigentümern selbst bewohnt, der Rest ist vermietet. Die Mietausfälle würden zwar von der Versicherung bezahlt, ein Problem komme aber auf die Mieter zu, die keine Hausratsversicherung abgeschlossen hätten. „Die Betroffenen müssen für die Räumung des Hausrats dann selbst aufkommen“. Selbst bei einer kleinen Wohnung von 40 Quadratmetern ist man da schnell bei weit über tausend Euro. Und das betrifft nach Michlers Kenntnis einige der Betroffenen.
Nachbarschaftsengagement kann viele Kosten auffangen – Staatsanwalt sieht Fall geklärt
Da ist es gut, dass die Nachbarschaft fleißig Geld für die Opfer gesammelt hat. Nach Medienberichten kamen so weit über 60.000 Euro zusammen. Auch wenn 250.000 als Ziel ausgegeben worden waren. Außerdem ist, so Michler, der Weiße Ring involviert, schließlich handelt es sich ja, nach derzeitigem Ermittlungsstand, um ein Verbrechen. Die Staatsanwaltschaft erklärt auf NRZ-Nachfrage, dass das Verfahren innerhalb der nächsten Wochen wohl eingestellt werden würde. Ein Sprecher teilte mit: „Es gibt keine neuen Erkenntnisse und es sind auch keine zu erwarten.“
Immerhin: Das soziale Umfeld scheint bei vielen Bewohnern glücklicherweise zu funktionieren, laut WDR-Bericht hätten lediglich drei Bewohner einen Unterbringungsbedarf angemeldet und lebten seither in einem Hotel. Eine weitere Person habe bereits in eine andere Wohnung vermittelt werden können. Der Rest sei mutmaßlich bei Freunden und Verwandten untergekommen.
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Bis die Menschen wieder in ihre Wohnungen können, wird allerdings etwas Zeit ins Land gehen. Michler geht von etwa anderthalb Jahren aus, setzt aber einschränkend hinzu: „Das wird im Hintergrund alles noch eruiert. Wie lange es dann wirklich dauert, ist kaum zu sagen.“ Zu viele Akteure seien involviert: Bauingenieure, Handwerker, die Versicherung, Entsorgungsunternehmen. Die anstehden Prozesse sind eine Gleichung mit vielen Unbekannten.
Viel Arbeit und ein leichter Trost, der eigentlich keiner ist
Hinzukommt, dass das Haus Anfang der 1950er Jahre erbaut wurde, wie Michler erzählt. Das Gebäude muss nun nach ganz anderen Standards und Normen saniert werden. „Ein Beispiel: Die Stromkästen sind – Anfang der 1950er – im Treppenhaus angebracht worden. Das ist heute gar nicht mehr zulässig, die müssen in den Keller verlegt werden.“ Dementsprechend könne davon ausgegangen werden, dass die komplette Elektrik neu gemacht werden muss: Die Zähler kommen in den Keller, neue Verteiler müssten installiert werden und so weiter. 23 Wohnungen und zwei Gewerbeeinheiten müssen neu verkabelt werden, teilweise braucht es komplett neue Sanitärausstattungen – und wer weiß, welche Probleme bei der Arbeit dann noch offenbar werden.
Sind alle Arbeiten abgeschlossen, wird es aber immerhin einen komplett sanierten Bau in erstklassiger Lage geben. Es handelt sich schließlich um den Grenzbereich Flingern/Grafenberg. Laut dem Immobilienportal Immoscout liegt der Mietspiegel an der Adresse bei 12,35 Euro pro Quadratmeter und damit 56 Cent über dem Düsseldorfer Durchschnitt. Eine Wertsteigerung stehe zu erwarten, wie Michler auf NRZ-Anfrage zugibt. Das als Trost zu bezeichnen, wäre aber angesichts der vier Opfer und auch ob des Leidens der überlebenden Hausbewohner, nichts anderes als zynisch. Freude mag da bei keinem der Beteiligten aufkommen.
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