Dinslaken. Das „Dein Treff“ in Dinslaken hilft Obdachlosen. Wie die Berater arbeiten – und wie die Realität einer obdachlosen Person in Dinslaken aussieht.

Die einzige Notunterkunft für Obdachlose in Dinslaken, die „Herberge“ der Caritas, bietet den Menschen von 18 Uhr bis 8 Uhr eine sichere Unterkunft. Doch was machen Obdachlose in der Zwischenzeit?

„Dein Treff - Das öffentliche Wohnzimmer“ ist ein Angebot der Diakonie und des Deutschen Roten Kreuz in Dinslaken. Die Orientierungs- und Anlaufstelle auf der Friedrich-Ebert-Straße in Bahnhofsnähe ermöglicht Informationen, Beratung und psychosoziale Begleitung.

Obdachlos in Dinslaken: Angst vor dem Jobcenter

Neun Personen arbeiten aktuell im „Dein Treff“, darunter auch Danny Kruck und Tim Poell. Kruck ist Arbeitspädagoge und gelernter Handwerker, Poell ist Sozialpädagoge. Beide beraten die Menschen vor Ort: „Wir arbeiten gemeinsam mit den Betroffenen Ziele heraus und vermitteln, wenn nötig, auch weiter“, sagt Poell.

Für viele Obdachlose stellen laut Kruck vor allem die Behördengänge ein großes Problem dar. Viele Obdachlose gehen mit der Einstellung umher, dass das Jobcenter ihnen nicht helfen wollen: „Oftmals haben die auch Angst vor dem Jobcenter“.

Das Netzwerk des „Dein Treff“ in Dinslaken

Das Team profitiert bei seiner Arbeit von dem großen Netzwerk des Deutschen Roten Kreuzes und der Diakonie. So ermöglicht die AWO in Dinslaken, dass den Obdachlosen Postadressen zugewiesen werden. Ohne diese Adressen wird es laut Poell sehr schwierig, da viele Bescheide nicht zugestellt werden können. Auch auf dem Arbeitsmarkt erschwert das Fehlen einer Adresse die Jobsuche erheblich. Einmal pro Woche kommt die Post dann im „Dein Treff“ an.

„Oftmals haben die auch Angst vor dem Jobcenter“

Danny Kruck

Laut Kruck haben viele Obdachlose auch keine Krankenversicherung. Hier profitieren die Betroffenen von dem Netzwerk zu Ärzten und Krankenhäusern, die den kranken Menschen trotzdem helfen können. Alle zwei Wochen kommt außerdem ein Arzt vorbei und behandelt die Menschen vor Ort.

Das Team von
Das Team von "Dein Treff": v.l.n.r.: Henrik Klüter; Tim Poell; Larissa Napierala; Kerstin Langefeld; Alexandra Pranskat; Danny Kruck. © FUNKE Foto Services | Rainer Hoheisel

„Dein Treff“ in Dinslaken - nicht nur für Obdachlose

Kruck bietet außerdem an zwei Tagen pro Woche einen Handwerkskurs an: Dort wurde zum Beispiel eine Holzbank gebaut, die jetzt die Räumlichkeiten verschönert. Betroffene können auch selbst Vorschläge für Aktivitäten machen. In einer anonymen Wunschliste steht der Vorschlag: „Ausflug zum Rotbachsee.“

Das Angebot richtet sich nicht nur an Obdachlose, sondern an alle Menschen, die von Armut betroffen sind: „Keiner wird abgewiesen“, sagt Kruck. Im „Dein Treff“ gibt es jeden Tag etwas zu essen, mittwochs wird ab 10 Uhr gemeinsam gefrühstückt und speziell während der kalten Jahreszeit lädt die Diakonie in Dinslaken zum Eintopf-Tag ein.

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Beratungsangebot im „Dein Treff“ Dinslaken

Außerdem stehen den Menschen weitere Angebote zur Verfügung, darunter die Möglichkeit, Wäsche zu waschen und zu trocknen, eine Kochgelegenheit, alkoholfreie Getränke sowie PC- und Internetnutzung. Schließfächer für persönliche Dokumente, sanitäre Anlagen inklusive Duschen, eine Kleiderkammer und Hygieneprodukte ergänzen das Angebot.

Am Anfang einer Beratung wird gemeinsam mit den Menschen eine Ablaufkette besprochen, bei der es insbesondere um die individuellen Ziele der Betroffenen geht. Viele Obdachlose haben laut Poell mit Suchterkrankungen wie Drogen oder Alkohol zu kämpfen, was eine zusätzliche Hürde darstellt.

„Manchmal ist einer, den wir kennen, tot“

Tim Poell

Wohnungsmarkt in Dinslaken: angespannte Situation

Ein wichtiger Schritt ist die Vermittlung einer Wohnung. Aber laut Poell ist der Wohnungsmarkt in Dinslaken sehr angespannt, und viele Vermieter würden eher keine Wohnung an obdachlose Personen vergeben, wenn sie eine Wahl haben. „Es gibt aber auch welche, die sagen, dass sie okay damit sind, obdachlos zu sein“, sagt Poell. In dem Fall kann „Dein Treff“ auch einfach ein sicherer Rückzugsort sein. Der Grundkonsens im Team ist: Niemand kann jemanden zu etwas zwingen.

Die Berater sind oft monatelang mit Obdachlosen in Kontakt und begleiten sie. Die Probleme der Menschen beschäftigen Kruck aber auch nach der Arbeit: „Wir sind auch nur Menschen“. Auch Poell erzählt, wie schwer der Beruf sein kann: „Manchmal ist einer, den wir kennen, tot. Das ist dann erst einmal ein Schock.“

Das „Dein Treff“ in Dinslaken ist eine wichtige Anlaufstelle für Obdachlose.
Das „Dein Treff“ in Dinslaken ist eine wichtige Anlaufstelle für Obdachlose. © FUNKE Foto Services | Rainer Hoheisel

Obdachloser in Dinslaken: der Weg in die Obdachlosigkeit

Das Leben auf der Straße ist sehr hart – das weiß keiner besser als Mario Pelzer: Seit 2018 ist der Dinslakener, mit kleinen Unterbrechungen, obdachlos. „Ich stand richtig fest im Leben. Hab mein ganzes Leben malocht“, sagt Pelzer. Das alles endete im Jahr 2018, als er Privatinsolvenz beantragen musste und kein Geld mehr hatte, um seine Mieten zu zahlen.

Drei Monate später setzte ihn der Vermieter vor die Tür – für Pelzer ein Schock: „Es ist hart. Du läufst den ganzen Tag ziellos herum. Irgendwann hat man ein ‚alles-scheißegal‘-Gefühl.“ Pelzer ist froh über die Angebote, die es in Dinslaken gibt. Er verkehrt regelmäßig im „Dein Treff“.

Dein-Treff: Das öffentliche Wohnzimmer

Dein Treff ist ein gemeinsames Projekt von der Diakonie im Ev. Kirchenkreis Dinslaken und dem Deutschen Roten Kreuz Kreisverband Dinslaken-Voerde-Hünxe e.V.. Kooperationspartner sind die Stadt Dinslaken und die Evangelische Kirche. Das Projekt wird im Rahmen des Programms EhAP Plus durch das Bundesministerium für Arbeit und Soziales und die Europäische Union über den Europäischen Sozialfonds gefördert.

Öffnungszeiten

Montag bis Donnerstag: 10 - 16 Uhr
Freitag: 10 bis 12 Uhr

Kontakt

Friedrich-Ebert Str. 67 in 46535 Dinslaken
Tel: 02064 43 47 68

Obdachloser in Dinslaken: „Weihnachten ist schlimm“

Aber Pelzer weiß auch, dass sich nicht alle helfen lassen wollen. Viele seien auch so tief in ihren Suchtproblemen gefangen, dass sie es schwer hätten, zurückzukommen. Innerhalb der Obdachlosenszene sei auch nicht alles immer gut: „Da beklauen die einen auch mal die anderen“, sagt Pelzer.

Vor allem der Winter sei laut Pelzer hart: „Weihnachten ist es sehr schlimm. Da kriegst du schnell Depris und Selbstmordgedanken.“ In diesem Jahr möchte Pelzer alle seine Schulden begleichen. Damit erhofft er sich Ruhe – und eine Möglichkeit, der Obdachlosigkeit zu entkommen.