Dinslaken. In Dinslaken leben zurzeit viele Syrer. Mit großer Sorge verfolgen sie die Nachrichten aus ihrer Heimat. Warum sie trotz Hoffnung Angst haben.

Es ist Adventszeit. Während viele Bürgerinnen und Bürger an Weihnachten denken und sich auf die Zeit mit der Familie vorbereiten, leben viele Syrerinnen und Syrer in Dinslaken derzeit mit wachsender Sorge - nämlich um ihre Familien und Angehörigen in der Heimat.

Denn die Lage in Syrien hat sich erneut zugespitzt, die Rebellen kämpfen wieder gegen Assad und sein Regime und haben inzwischen mehrere Städte und Dörfer im Norden Syriens eingenommen, darunter auch die zweitgrößte syrische Stadt Aleppo. Eine aktuelle Entwicklung, die das Leben der Syrerinnen und Syrer hier mit Angst und Unsicherheit um die Familie geprägt hat. „Man weiß nicht, ob man sich jetzt freuen oder sich Sorgen um die Angehörigen machen soll“, sagt Bassam aus Dinslaken.

Der Syrer kommt aus Hama, einer Stadt zwischen Damaskus und Aleppo. Wie Hunderttausende Syrerinnen und Syrer musste er seine Heimat wegen des Krieges verlassen. Nach einer langen Reise über das Meer und die Balkanroute ist er mit seiner Frau und seinen Kindern in Dinslaken angekommen. „Unser Ziel ist es, für uns und unsere Kinder eine bessere Zukunft aufzubauen“, sagt der 57-Jährige.

Syrer aus Dinslaken hat noch Familie in der Heimat

Doch die Gedanken sind in der Heimat geblieben, denn dort hat Bassam noch Verwandte, die das Land nicht verlassen konnten. Mit ihnen hält er seit Jahren Kontakt und kümmert sich vor allem finanziell um seine Schwestern in Hama. Dieser Kontakt ist für ihn tägliche Routine. Denn dort habe er „neben meinen drei Schwestern noch drei Cousins, mit denen ich täglich Kontakt habe“, sagt der Dinslakener. 

Trotz der Spannungen zwischen dem Regime und den bewaffneten Oppositionsgruppen blieb die Lage in Syrien in den vergangenen acht Jahren stabil. Doch als Reaktion auf die Bombardierung der Provinz Idlib durch Russland und Assad starteten bewaffnete Oppositionsgruppen, darunter auch islamistische Rebellen, am Freitag, den 29. November, überraschend eine Operation mit dem Namen „Abschreckung der Aggression“ und eroberten in kurzer Zeit mehrere Gebiete. „Zuerst war ich sehr froh, dass Assad endlich besiegt wurde, aber dann wurde mir klar, dass diese Operation ein Vorwand für Russland und das Regime sein könnte, wieder Zivilisten aus der Luft zu bombardieren“, sagt der Metzger aus Dinslaken.

Bürgerkrieg in Syrien - Aleppo
Bewaffnete Oppositionsgruppen in Syrien haben die Stadt Aleppo kontrolliert. © DPA Images | Anas Alkharboutli

Syrer aus Dinslaken verliert Kontakt zu Schwester

Genau, als Reaktion auf den Angriff haben Assads Armee und die russische Luftwaffe offenbar mehrere zivile Einrichtungen angegriffen. Seitdem wieder Bomben auf Idlib, Aleppo und andere Städte fallen, ist Bassams Sorge noch größer geworden.

Bassam verfolgt die Nachrichten mit großer Sorge, er schaut jeden Tag nach, was in seiner Heimatstadt passiert. Er informiert sich vor allem über arabische Nachrichtensender und soziale Medien. So kann Bassam seit einigen Tagen eine seiner Schwestern weder telefonisch noch über Whatsapp erreichen. „Meine Cousine hat mir gesagt, dass es meiner Schwester im Moment gut geht“, sagt Bassam und fügt hinzu: „Ich bete jeden Tag: Möge Allah sie beschützen.“ 

Lesen Sie auch diese Nachrichten aus Dinslaken und Umgebung

Dinslakener will seine Angehörige in Syrien helfen

Bassam kennt das Gefühl, einen geliebten Menschen zu verlieren. Schon 1982 hat das Regime einige seiner Freunde getötet. Nach dem Aufstand der Muslimbrüder in Syrien reagierten die syrischen Streitkräfte hart. „Die Stadt Hama hat sehr unter diesem Regime gelitten“, erinnert sich der Syrer. Auch nach dem Ausbruch des Krieges in Syrien 2011 habe er Familienangehörige verloren. „Jetzt wünsche ich mir, dass dieses Land endlich zur Ruhe kommt“, hofft der Syrer. 

Für viele Syrerinnen und Syrer auch in Dinslaken sind die aktuellen Nachrichten aus Syrien nicht nur eine Information aus der Heimat, sondern auch eine emotionale Belastung. Vor allem, weil sie dort noch Familienangehörige haben. Die Hilflosigkeit ist deshalb spürbar. „Wir als Syrer müssen hier als Gemeinschaft zusammenstehen und unseren Verwandten dort irgendwie helfen“, schlägt er vor.