Voerde. Die Inhaberin der „Lesezeit!“ in Voerde baut einen Teil ihres Ladens zum Café um. Was sie anbieten möchte und wie lange der Umbau noch dauert.

Die Zeit, als in der Buchhandlung „Lesezeit!“ noch die Post für den Stadtteil Voerde untergebracht war, liegt inzwischen dreieinhalb Monate zurück. Und dort, wo dereinst Pakete ab- und ausgegeben, Briefmarken verkauft wurden, Kunden ihre Postbank-Geschäfte erledigen konnten, ist gerade etwas völlig Neues in der Mache. Auf insgesamt etwa 90 Quadratmetern ihres Ladenlokals erfüllt sich Inhaberin Sabine Friemond einen Traum, den sie schon länger verwirklichen wollte. Im hinteren Teil ihrer Buchhandlung wird sie künftig ein Café betreiben.

Bis dahin ist noch einiges zu tun. Hinter der Baustellen-Schleuse, die aus einer großen Plastikwand nebst riesigem Reißverschluss als Ein- und Ausgangsmöglichkeit besteht, laufen seit Anfang August die Umbauarbeiten. Die Grundstruktur des Raumes ist unverändert geblieben. Die vielen, ehedem an der Decke befestigten Leuchten sind verschwunden. Nach dem Abbau des Backoffice-Schalters der Post kommen nun die hohen schmalen Fenster wieder zur Geltung und spenden natürliches Licht. Rechts neben dem Eingang zum Lesezeit!-Café wird später die L-förmige Theke stehen, in der Ecke schräg gegenüber sollen ein gusseiserner Ofen als Deko und zwei Sessel platziert werden. Dazu kommen Tische und Stühle. 26 Sitzplätze sind laut Sabine Friemond vorgesehen. Die Garderobe ist – anders als das weitere Mobiliar – schon da. „Sie stammt aus einer alten Mülheimer Gaststätte“, verrät die 56-Jährige.

Voerder Buchhändlerin durchlief einen Crashkurs „Learning by doing Gastronomie“

Im Laufe der Planungen wurde die Buchhändlerin in der Abstimmung mit der Stadt Voerde und der Lebensmittelüberwachung des Kreises Wesel auf Aspekte hingewiesen, die sie vorher nicht bedacht hatte: So musste sie etwa ihren Plan, die Theke als Insel zu bauen, verwerfen. Denn: Bei einer solchen Anordnung würden die Café-Besucher dazu eingeladen, um die Theke herumzugehen. „Das geht nicht“, erklärt Sabine Friemond. Also wird dieser Bereich nach hinten und seitlich durch eine Wand begrenzt sein – mit einem Durchgang nur für das Personal. Auch muss die Wasserstelle zwei getrennte Becken haben: eines für Geschirr und eines für die Hände. „Ich habe einen Crashkurs ,Learning by doing Gastronomie‘ absolviert“, bringt die Buchhändlerin den von ihr durchlaufenen Planungs- und Lernprozess auf den Punkt.

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Die Besuchertoilette wird im Keller zu finden sein. Der nicht barrierefreie Zugang zum WC sei „eine Kröte, die alle leider schlucken müssen“, sagt sie mit Bedauern. Im Moment aber lasse sich dies nicht anders lösen. Womöglich wird zu einem späteren Zeitpunkt ein WC im Hof zur Verfügung gestellt. „Aber das ist noch Zukunftsmusik“, sagt die Buchhändlerin. Im Keller galt es, die Folgen eines Wasserschadens zu beseitigen. Im Januar dieses Jahres stand es in den Räumen dort fünf bis zehn Zentimeter hoch. Wenige Monate später, im Mai, drang erneut Wasser ein. Der Putz musste „brusthoch“ entfernt werden, die Wände wurden mit einer speziellen Bohrtechnik abgedichtet. Dem kurzen, aber heftigen Starkregen vor sechs Wochen hielt das Ganze stand, wie Sabine Friemond erleichtert berichtet.

Die Buchhändlerin überlegt, in kleiner Form vielleicht auch eine Außengastronomie einzurichten – vor dem nächsten Sommer ist dies jedoch kein Thema. Neben Torten und Kuchen möchte sie ab mittags einen Eintopf, ein „feines Süppchen“ und zwei Salate anbieten. All dies bekommt sie geliefert. Kaffee, Tee und Softgetränke können die Café-Besucher ebenso bestellen wie ein „Sektchen“.

Die Idee, in ihrer Buchhandlung einen neuen Weg zu beschreiten, kam ihr vor einem Jahr. Damals sei sie durch einen kleinen Unfall „an den Sessel gefesselt“ und auf „Null gesetzt worden“. Sie habe viel Zeit zum Nachdenken gehabt – auch darüber, wie sie alt werden möchte. In der Analyse bewertete sie die Sache mit der Postfiliale als „psychisch belastend“. Die Arbeit habe sie nicht erfüllt, sie habe ihr die Energie „für die geliebte Buchhandlung“ ‘rausgezogen. Aus ihrer Sicht stimmte das Verhältnis zwischen Aufwand und Ertrag nicht. Und: In den vergangenen Jahren habe sich die Anspruchshaltung der Kundschaft „unglaublich verschärft“, bilanziert sie mit Blick auf die Postfiliale. Dazu gehörten auch üble Beschimpfungen. Irgendwann fragte sich Sabine Friemond: „Wofür?“ Und sie fällte die Entscheidung, die Postfiliale nach achteinhalb Jahren aufzugeben.

„Es sind beides Lebenswelten, in denen man den Alltag komplett vergessen kann.“

Sabine Friemond, Inhaberin der „Lesezeit!“, erklärt, warum die Kombination Buchhandlung und Café aus ihrer Sicht sehr gut passt.

Für sie passt die Kombination Buchhandlung und Café sehr gut. Beides seien Lebenswelten, „in denen man den Alltag“ und die Außenwelt, „die sehr konfliktgeladen ist“, komplett vergessen könne. Der Mensch brauche dringend Orte, „wo die Sorgen draußen bleiben“. Und: In der Buchhandlung erlebe sie die „totale Kommunikation“, intensive Gespräche mit den Kundinnen und Kunden. „Das ist im Café auch so“, sagt Sabine Friemond. Die Resonanz auf die Nachricht, dass sie eines in der Lesezeit! eröffnen wird, sei jetzt schon „gigantisch“. Regelmäßig kämen Fragen dazu, wann es denn so weit sei. Sabine Friemond hofft, dass die Arbeiten in vier bis sechs Wochen abgeschlossen sind. Einen konkreten Starttermin kann sie im Moment noch nicht nennen.