Voerde. Weidetierhalter, die sich durch Wölfe in ihrer Existenz bedroht fühlen, weisen heute mit Aktion darauf hin. Auch Ute Sprock aus Voerde ist dabei.
Europaweit werden am Freitagabend (27. September) Weidetierhalter auf ein Problem aufmerksam machen, das ihrer Ansicht nach von den politischen Entscheidungsträgern nicht angepackt wird. Es sollen ab 19.30 Uhr Hunderte „Mahnfeuer gegen die Wölfe“ entzündet werden, durch deren „unkontrolliertes Populationswachstum“ sie sich in ihrer Existenz bedroht fühlen. Zur Teilnahme mit dem Start eigener Aktionen hat der Förderverein der Deutschen Schafhaltung aufgerufen. Auch in Voerde wird ein Mahnfeuer lodern: Ute und Ludger Sprock werden es auf einer ihrer Weiden entzünden, auf der Fläche an der Friedrichsfelder Straße/Grünstraße.
Brennen wird es in einer Feuerschale mit einem Durchmesser von etwa einem Meter – und zwar vor dem Banner mit den Bildern des Grauens, die an die Wolfsattacke im März 2023 erinnern. Damals verlor das Ehepaar, das im Nebenerwerb etwa 250 Schafe – darunter 100 Muttertiere und einige Lämmer – hält, durch den Raubtierangriff auf dem Gelände an der Rönskenstraße am Ende sechs seiner Tiere.
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Das Banner mit Fotos der gerissenen Schafe hatten die Sprocks kurz nach dem tödlichen Übergriff als stille, aber eindringliche Mahnung aufgehängt. Das erste wurde, nachdem der Wind es zerstört hatte, in der Zwischenzeit durch ein neues ersetzt. Für Ute Sprock ist das „ganz große Problem“, dass sich beim Thema Wolf nichts tue. Keiner traue sich da ran. „In NRW ist bisher kein einziger Wolf entnommen worden“, kritisiert sie, „das ist politisch nicht gewollt. Das ist nicht nur mein Eindruck.“ Eine Bestandsregulierung beim Wolf wird nach Ansicht von Sprock „weiter verhindert“ – um den „Preis“, dass noch mehr Weidetierhalter aufgeben. Und denen werde dann noch gesagt, sie seien „zu doof, ihre Tiere zu schützen“, kritisiert die Voerderin und betont: „Das ist nicht wahr. Man kann so viele Zäune bauen, wie man will, die Wölfe gehen trotzdem drüber.“ Für sie ist, wie sie im Frühjahr 2023 gegenüber der NRZ erklärte, die Regulierung des Wolfsbestandes durch aktive Jagd das einzig geeignete Mittel.
Die Weidetierhalter sähen sich „finanziell und personell überfordert, den offenen Weidelandschaften mit entsprechenden Hochsicherheitszäunen ein völlig anderes Aussehen zu verleihen, um sie vermeintlich wolfssicher zu machen“, erklärt der Förderverein der Deutschen Schafhaltung in einer Mitteilung. Absolute Sicherheit böten diese Zäune nach den bisherigen Erfahrungen auch nicht. Die Wölfe breiteten sich nicht nur in Deutschland aus, sie würden zu einer „ernsten Bedrohung für den Fortbestand der artgerechten Weidetierhaltung in ganz Europa“. Die Politik müsse der „verhängnisvollen Entwicklung“ Einhalt gebieten und die „nicht regulierte, experimentelle Raubtieransiedlung in einer hochentwickelten Kulturlandschaft“ beenden, fordert der Förderverein.
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In der Wolfsdebatte macht die Voerder Schafhalterin Ute Sprock einen starken Einfluss der Naturschutzverbände aus. Es ist eine Einschätzung, die auch der Vorsitzende des Fördervereins der Deutschen Schafhaltung, Wendelin Schmücker, mit Blick auf die Entscheidungsträger äußert: „Es ist erschütternd, zu sehen, wie sich die Politik von Wolfsbefürwortern das Handeln diktieren lässt, während die Weidetierhalter vor immer größeren Problemen stehen. Viele von uns wissen nicht mehr, wie es weitergehen soll.“ Allein in Deutschland leben Schmücker zufolge zurzeit mehr als 3000 Wölfe, nachdem vor 20 Jahren erstmals wieder ein Wolf gesichtet worden sei. „Ohne Bestandsregulierung wird die Anzahl in den nächsten Jahren in die Höhe schnellen“, warnt er. Der Förderverein verweist auf andere europäische Länder wie Schweden, Finnland oder Frankreich: „Dort ist der Abschuss oder die Entnahme von Wölfen möglich, wenn diese Weidetiere rissen.“
Ute Sprock erinnert an das gegensätzliche Vorgehen im Fall von „Gloria“. Die Wölfin, die wiederholt hohe Zäune überwunden und Nutztiere gerissen hat, war im Spätherbst 2023 per Ausnahmegenehmigung in Abstimmung mit dem NRW-Umweltministerium vom Kreis Wesel zum Abschuss freigegeben worden. Drei Naturschutzverbände klagten dagegen und stellten Eilanträge. Das Verwaltungsgericht Düsseldorf untersagte den Abschuss. Die nächsthöhere Instanz folgte dem. Das Oberverwaltungsgericht in Münster wies die Beschwerde des Kreises Wesel zurück und entschied, dass Gloria weiterleben darf.
„Das Problem wird sich weiter verschärfen, weil der Wolf nicht lernt, dass der Mensch gefährlich ist.“
Der Förderverein der Deutschen Schafhaltung fordert „angesichts der rasanten Ausbreitung der Wölfe und der steigenden Zahl an tödlichen Übergriffen auf Weidetiere ein aktives Wolfsmanagement“ und spricht von einer „unkritischen ,Willkommenskultur‘ gegenüber dem Raubtier“, die das Bundesumweltministerium und andere Umweltministerien weiterhin pflegten und zu der man deutlich auf Distanz gehe. Dieser Meinung ist auch Ute Sprock, die in der Politik die Grünen hier als Bremser sieht. Es würden „Steuergelder rausgehauen“, nur, um deren „Ideologie hochzuhalten“, moniert die Voerderin.
Von der Teilnahme an der Mahnfeuer-Aktion am Freitagabend erhofft sie sich, Aufmerksamkeit für das Thema zu erreichen, dafür zu sensibilisieren. Im Moment gebe es jeden zweiten Tag Übergriffe. „Das Problem wird sich weiter verschärfen, weil der Wolf nicht lernt, dass der Mensch gefährlich ist“, meint Ute Sprock, mit der Interessierte am Freitagabend auf ihrer Weide an der Friedrichsfelder Straße/Ecke Grünstraße auch ins Gespräch kommen können.