An Rhein und Ruhr. Reisende schleppen immer öfter Bettwanzen nach NRW ein, meinen Schädlingsbekämpfer. Ein Insektizid helfe oft nicht mehr, die Tiere loszuwerden.

Wenn sich kleine Blutsauger an der Tapete, Bettdecke oder sogar menschlichen Haut festbeißen, eilt Tim Wessels zur Hilfe. Der Kammerjäger aus Isselburg bekämpft ungebetene tierische Gäste aller Art, zuletzt aber immer häufiger auch Bettwanzen, zum Beispiel in den Kreisen Kleve, Wesel, Borken und Coesfeld: „Das Problem wird seit Jahren größer.“

Allein diese Woche musste er dreimal wegen Bettwanzen ausrücken, am Dienstag zum Beispiel nach Emmerich. „Ein Paar hat die Wanzen von einer Reise durch Europa eingeschleppt“, sagt der Schädlingsbekämpfer. Die beiden hatten wohl Kleidung nach ihrer Ankunft zu Hause direkt wieder in den Schrank gelegt, ohne sie auf Wanzen zu überprüfen – ein Fehler, der oft zum Befall führe.

Bettwanzen: Nicht nur Frankreich hat ein Problem mit den Tieren

Die Schädlinge bieten vor allem in Frankreich seit dem Ende der Sommerferien viel Gesprächsstoff. Videos, die Bettwanzen in Kinos, Zügen und der Pariser Metro zeigen, werden in den sozialen Medien millionenfach geklickt. Zwei Schulen in Marseille und in der Nähe von Lyon wurden wegen Wanzenbefalls vorübergehend geschlossen. Auch im Parlament waren die Parasiten Thema.

Dass Bettwanzen aber nicht nur in Frankreich ein Problem sind, merken die Schädlingsbekämpfer an Rhein und Ruhr. „Seit rund drei Jahren sind die Wanzen immer wieder präsent, nicht durchgehend, sondern vor allem zur Reisezeit“, meint Kammerjäger Simon Rosendahl aus Mülheim. Die Tiere würden durch Auslandsreisen eingeschleppt. „Deswegen sind Hotels und Gaststätten auch sehr oft betroffen.“

Auch Schädlingsbekämpfer Achim Kessner aus Duisburg meint, dass in den vergangenen Jahren immer häufiger Häuser und Wohnungen in NRW von Wanzen gefallen würden. Er werde mehrmals pro Woche gerufen. „Die sind sehr versteckt und oft nicht leicht zu finden“, erklärt er.

Wie Bettwanzen im Haus bekämpft werden

Um die Parasiten zu entfernen, sprüht er entweder ein Insektizid aus oder er bekämpft sie mit Wärme. „Dabei wird der Raum versiegelt und mit Öfen auf bis zu 60 Grad aufgeheizt“, erklärt er. Bettwanzen würden dadurch abgetötet, da ihr Eiweiß bei über 40 Grad gerinne.

Die Wärmemethode setzt auch Tim Wessels aus Isselburg immer öfter gegen Bettwanzen ein, nicht nur, weil sie gut funktioniert und ohne chemische Stoffe auskommt. Oft bliebe ihm keine andere Möglichkeit, weil Bettwanzen immer häufiger resistent gegenüber Insektiziden seien: „Da kann man sprühen, sprühen und noch mehr sprühen, doch der Stoff zeigt keine Wirkung.“

Schädlingsbekämpfer Tim Wessels aus Isselburg rückt „mindestens einmal pro Woche“ aus, um Bettwanzen zu bekämpfen. Dieses Bild zeigt ihn 2021, als er die Funktion einer Kanone gegen den Eichenprozessionsspinner demonstriert. (Archiv)
Schädlingsbekämpfer Tim Wessels aus Isselburg rückt „mindestens einmal pro Woche“ aus, um Bettwanzen zu bekämpfen. Dieses Bild zeigt ihn 2021, als er die Funktion einer Kanone gegen den Eichenprozessionsspinner demonstriert. (Archiv) © Funke Foto Services GmbH | Thorsten Lindekamp

Die Resistenz gegen Wirkstoffe ist auch dem Deutschen Schädlingsbekämpfer-Verband (DSV) zufolge ein Grund dafür, dass sich Bettwanzen stärker verbreiten. Hauptsächlich würden aber Reisen zum Befall führen, sagt DSV-Vorsitzender Kai Scheffler der NRZ: „In den 1970ern waren Bettwanzen in Deutschland so gut wie ausgerottet. Die Globalisierung hat dazu beigetragen, dass sie jetzt wieder heimisch sind.“

Bettwanzenbefall: Diese Orte sind besonders anfällig

Deswegen seien die Orte, an denen Reisende nur kurz bleiben und die Betten schnell wechseln, für Wanzenbefall am anfälligsten: Hotels, Gaststätten und Jugendherbergen, aber auch Studierendenwohnheime und Flüchtlingsunterkünfte, meint Scheffler. „Das kann man in Unterkünften in Paris genauso wenig verhindern wie in Berlin, Hamburg und München.“

Dass die Tiere während der Herbstferien über den Bahn- und Flugverkehr massenhaft nach NRW eingeschleppt werden, ist aber wohl nicht der Fall. Der Flughafen Düsseldorf habe „noch keine Bettwanzen oder andere Schädlinge festgestellt“, sagt Sprecher Süleyman Ucar der NRZ.

Ähnliches berichtet auch die Lufthansa Group auf Anfrage. Täglich fliegen Maschinen der Lufthansa-Fluglinien von französischen Städten nach Düsseldorf. Wie alle anderen Flugzeuge würden sie nach jeder Landung gereinigt: „Böden werden gestaubsaugt, Sitze gereinigt, Tische und Armlehnen desinfiziert“, erklärt Sprecher Thomas Jachnow. Bettwanzen hätten die Mitarbeiter dabei noch nicht gefunden.

Bettwanzen in Bahnen und Hotels? In NRW wohl nicht der Fall

Ebenfalls täglich verkehren Züge des Unternehmens Eurostar zwischen Paris und NRW-Städten wie Düsseldorf, Duisburg und Essen. Es habe im gesamten Streckennetz „keinen Anstieg von Bettwanzen an Bord unserer Züge festgestellt“, sagt eine Sprecherin auf Anfrage. Zusätzlich zur üblichen Reinigung desinfiziere das Reinigungsteam den gesamten Zug, „sobald der geringste Zweifel besteht“.

Auch in Reisebussen sei bisher kein Wanzenbefall gemeldet worden, teilt der Bundesverband Deutscher Omnibusunternehmen (BDO) mit. „Die Busunternehmen bereiten sich aber darauf vor. Zeitnah wird der Verband ein Merkblatt mit geeigneten Maßnahmen herausgeben“, sagt BDO-Sprecher Till Dreier. Sowohl Sitze als auch Gepäckstücke könnten präventiv geschützt werden.

Anders als von den Schädlingsbekämpfern beschrieben, hätten auch die Hotels in NRW zurzeit keine Probleme mit Bettwanzen, meint der Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga): „Bei uns ist das Thema noch nicht angekommen“, sagt Dehoga NRW-Sprecher Thorsten Hellwig. Die Vorbeugung von Schädlingen wie Bettwanzen gehöre „zum üblichen Hygieneprogramm“.

>> BETTWANZEN VORBEUGEN UND BEKÄMPFEN: DAS SIND TIPPS FÜR REISENDE

  • Bettwanzen sind um die fünf Millimeter groß, ihr Körper ist platt und rötlich-braun gefärbt, beschreibt das Umweltbundesamt. Ihre Stiche können rote, juckende Pusteln auslösen. Bei einer allergischen Reaktion kann Kortisonsalbe helfen. Bisher sei nicht nachgewiesen worden, dass ein Stich Krankheitserreger überträgt.
  • Um die Parasiten von einer Reise gar nicht erst mit einzuschleppen, rät das Umweltbundesamt, das Hotelzimmer auf Bettwanzen und deren Kotspuren abzusuchen, zum Beispiel an Steckdosen, auf Lampen und Nachttischen. Koffer sollten verschlossen so weit wie möglich vom Bett entfernt gelagert werden.
  • Nach der Reise sollten Koffer nicht aufs Bett gelegt, sondern in der Badewanne geöffnet werden, rät DSV-Vorsitzender Kai Scheffler. So erkenne man die Tiere am besten. Sollten sie es trotzdem ins Schlafzimmer schaffen, empfiehlt Scheffler, einen professionellen Schädlingsbekämpfer zu rufen.