Hamburg. Junge Gründer aus Hamburg angeln sich bei DHDL ihren Wunschinvestor Maschmeyer – und bereiten ihm eine faustdicke Überraschung.
- Max Schlensag und Eric Böger gingen mit ihrer KI in die „Höhle der Löwen“ mit der Absicht genau einen Investor mit ans Bord zu holen: Carsten Maschmeyer.
- Der war auch sofort Feuer und Flamme für die Entwicklung des Start-up „Futurised“ und steig ein.
- Doch der große Clou erfolgte für die Hamburger erst nach der Sendung.
Als Max Schlensag und Eric Böger im März ins Fernsehstudio gingen, hatten sie einen festen Plan und zwei Ziele: Die von ihnen entwickelten KI-Software-Roboter einem Millionenpublikum bekannt machen; vor allem aber, in der Show „Die Höhle der Löwen“ einen Investor finden, der sich an ihrem Start-up Futurised mit 250.000 Euro beteiligt.
Allerdings: Nicht irgendeinen der fünf Investoren, sondern nur den einen, von dem sie sich das Meiste versprechen. „Wir wollten genau eine Person, wir wollten Carsten Maschmeyer als strategischen Partner, niemand anderes. Wir haben alles auf eine Karte gesetzt“, sagt Schlensag beim Treffen mit dem Abendblatt, ein paar Tage bevor am Montagabend im TV-Sender Vox zu sehen war, wie sich die beiden jungen Hamburger ihren Wunschinvestor tatsächlich angelten.
Die Höhle der Löwen: Futurised – das Beste kam erst nach der Sendung
Unter anderem mit massiver Schmeichelei. Als die Software-Spezialisten Böger und Schlensag den Investoren erklärten, was sie da eigentlich entwickelt haben, schien auf ihrem Präsentationsbildschirm ein großes Maschmeyer-Porträtfoto auf. „Carsten ist, wie ja fast jeder Mensch, empfänglich für Schmeichelei. Das haben wir komplett ausgenutzt, und das hat dann ja auch gezogen“, freut sich Schlensag noch Monate später fast diebisch über den Coup.
Zu ihm gehörte auch, den anderen Investoren praktisch die kalte Schulter zu zeigen. Als angesichts von so viel Maschmeyer-Anhimmelung die Frage gestellt wurde, was denn passieren würde, wenn ein anderer Löwe ein Angebot macht, kam von den heute 20 und 21 Jahre alten Futurised-Gründern eine klare Ansage: „Wir würden ablehnen.“ Obwohl sie nicht sicher sein konnten, dass sie Maschmeyer schon für sich gewonnen haben. „Carsten sitzt da mit einem Pokerface, man ahnt noch nicht mal, was der denkt“, sagt Schlensag.
Futurised-Gründer: „Man ahnt noch nicht mal, was Carsten Maschmeyer denkt“
Als Maschmeyer dann ebenfalls pokerte und für die von den Hamburgern aufgerufenen 250.000 Euro statt 15 Prozent Firmenanteile an Futurised eine Sperrminorität von 25,1 Prozent forderte, wurden die Gründer zu Wachs in seinen Händen. Kurz zogen sie sich zur Beratung und zum Telefonat mit Schlensags Vater in die Kulisse zurück. „Der hat nur gesagt: machen.“ Deal perfekt. Und er kam dann tatsächlich auch zustande.
Nach TV-Auftritt- Großes Interesse an Futurised aus Hamburg
Das Geld ist eingegangen. Für Schlensag, der im Gründer-Duo im Tagesgeschäft für das Reden zuständig ist, sind die Tipps, die „der Carsten“ gibt, die Kontakte, die er dem Start-up vermittelt, viel wichtiger. „Sein Team und er persönlich tun sehr viel für uns. Wir sehen uns alle zwei Monate und telefonieren ungefähr dreimal pro Woche. Selbst, wenn ich ihn am Sonntag anrufe, ruft er meist noch am Abend zurück“, schwärmt Schlensag.
Futurised-Gründer: Erst Mittlere Reife, dann Ausbildung zum Fachinformatiker
Tatsächlich kann es wohl nicht schaden, einen renommierten Teilhaber mit viel Erfahrung in der Versicherungsbranche an der Seite zu haben, wenn zwei junge Männer Anfang 20 mit Mittlerer Reife an der Stadtteilschule Niendorf und Ausbildung zum Fachinformatiker an der Beruflichen Schule ITECH in Wilhelmsburg mit eher konservativ denkenden Banken, Sparkassen und Versicherungen ins Geschäft kommen wollen. „Das ist unsere Zielgruppe“, sagt Schlensag.
Auf solche Unternehmen zugeschnitten ist das Produkt, mit dem die Gründer Maschmeyer in der Show überzeugten. Sie nennen es Software-Roboter, und das Ziel ist, zeitraubende Standardprozesse in Unternehmen etwa bei der Registrierung neuer Kunden deutlich zu beschleunigen und den Beschäftigten Zeit für anderes zu verschaffen. Der Futurised-Software-Roboter kann Dokumente nicht nur einlesen, er versteht sie auch inhaltlich. Die Kunden finden das offensichtlich hilfreich. „Im vergangenen Jahr haben wir 350.000 Euro Umsatz gemacht, in diesem Jahr werden es zwei Millionen sein. Wir sind profitabel“, sagt Schlensag. Für ein erst gut zwei Jahre altes Start-up ist das ungewöhnlich.
Start-up Futurised hat seine Büros in der Hamburger City
Auf dem Whiteboard an der Wand des winzigen Futurised-Büros in der Hamburger City stehen die Namen zahlreicher Sparkassen, Volks- und Raiffeisenbanken, mit denen das Start-up bereits im Geschäft ist oder kurz vor dem Abschluss steht. Weil es schon bald nach der Gründung im Frühjahr 2021 so viel Arbeit gab, ließ Schlensag sogar die Ausbildung schleifen und ging letztlich nicht zur Abschlussprüfung. „Ich hätte keine Chance gehabt, zu bestehen.“
Als er und Böger im März in die „Höhle der Löwen“ gingen, hatten sie ein anderes Produkt im Grunde schon fertig, in dem wohl ein noch viel größeres Erfolgspotenzial steckt. Aber sie sprachen nicht darüber. „Weil es im Frühjahr noch nicht ganz auf dem Stand war, den wir erreichen wollten“, sagt Böger, der Entwickler im Team, zu dem inzwischen eine Handvoll fest angestellter Software-Entwickler gehört.
Futurised entwickelt internes Chat GPT für Unternehmen
Diese Futurised-Software basiert auf Künstlicher Intelligenz (KI) und ist eine Art internes Chat GPT für Unternehmen. Speziell bei Kreditinstituten und Versicherungen existieren eine kaum zu überblickende Zahl von Vorschriften, Anleitungen, Anweisungen, Datenbanken. „Allein die interne Anleitung für eine Kreditprüfung kann 400 Seiten umfassen“, weiß Schlensag. Geht es um die Beantwortung einer seltenen Fachfrage, dauert schon die Sichtung des ein Dutzend Seiten umfassenden Inhaltsverzeichnisses mehrere Minuten.
Um zu demonstrieren, was die Futurised-Entwicklung kann, klappt Schlensag seinen Laptop auf und tippt die Frage ein: „Wie viel Prozent beträgt die Deckungsanforderung bei besicherten Immobilien im fünften Jahr?“ Die Antwort kommt Sekunden später, inklusive Angaben, wo genau sie in dem riesigen Wust von erfassten Dokumenten gefunden wurde.
Futurised bei DHDL: Das Beste erfuhr Carsten Maschmeyer drei Wochen später
Maschmeyer erfuhr erst drei Wochen nach dem Deal im Studio, was Böger und Schlensag über ihren Software-Roboter hinaus noch zu bieten haben. „Er war überrascht und begeistert, sagte: Das müssen wir unbedingt vermarkten“, erinnert sich Schlensag an das erste persönliche Treffen zum Essen beim Italiener.
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Auch diesen Montag haben die Futurised-Gründer und ihr Teilhaber und Mentor Maschmeyer zu großen Teilen gemeinsam verbracht. Bei einem Treffen mit potenziellen Kunden in der Eventlocation eines Schwabinger Hotels in München. Inklusive gemeinsamem „Die Höhle der Löwen“-Gucken am Abend.
Und übrigens: Die Antwort auf die Frage mit der Deckungsanforderung bei besicherten Immobilien im fünften Jahr lautet: „35 Prozent.“