Hamburg. Die Firma Minnegarden verbindet mit neuen Rezepten traditionelle Pflanzenkunde und Superfoods. Diese Elixiere liegen im Trend.
Koffein kommt ihr nicht in die Tasse. Stattdessen empfiehlt Katharina Kuch eines ihrer Kräuterelixiere. „Das ist kräftigend und belebend“, sagt sie und reicht kurz darauf ein Glas mit einer gold-gelben Flüssigkeit.
„Naturstark“ hat die Hamburger Start-up-Unternehmerin den Extrakt genannt, in dem Rosmarin, Melisse und Weißdorn mit Taigawurzel auf der Basis von Apfelessig und Honig verarbeitet sind. Einfach einen Esslöffel mit Wasser mischen. Fertig. Und das soll jetzt den Kick geben? Katharina Kuch lächelt. „Nach überliefertem Wissen wirkt diese Kombination gut zusammen“, sagt sie. Der Rest ist Betriebsgeheimnis.
Hamburger Start-up stellt Kräuterelixiere her – die ohne Koffein wach machen
Minnegarden heißt das Unternehmen, mit dem die Gründerin Wildkräuter und Superfoods in die Flasche bringt. „Wir beleben die vergessene Kräuterkultur und machen sie mit innovativen Rezepturen wieder salonfähig“, sagt die studierte Ernährungswissenschaftlerin.
Seit Anfang des Jahres sind die ersten Produkte auf dem Markt. Dabei geht es ausdrücklich nicht um Medizin, sondern um eine Renaissance der Pflanzenheilkunde. „Das Wissen, das über Jahrhunderte weitergegeben wurde, ist in den vergangenen Jahren mehr und mehr verloren gegangen und droht ganz zu verschwinden. Zu Unrecht“, sagt die Gründerin.
Pflanzenheilkunde: Uraltes Kräuterwissen droht in Vergessenheit zu geraten
Katharina Kuch ist mit Kräutern aufgewachsen. „Wir hatten einen großen Garten“, sagt die 39-Jährige, die aus dem nordrhein-westfälischen Herford stammt. Als Kind hat ihre Mutter ihr Leberwickel gemacht, statt Medikamente zu verabreichen. In vielen Situationen gab es erst mal etwas aus der Kräuterapotheke, bevor ein Arzt besucht wurde. Später studierte sie zunächst Ökotrophologie und dann Ernährungswissenschaften.
Sie arbeitete in der Lebensmittelindustrie, beschäftigte sich mit Food-Innovation. Und fühlte sich zunehmend unwohl in einem Bereich, in dem es immer häufiger um Kostenreduzierung statt um Qualitätsverbesserungen ging. Schon damals seien Kräuter und ihre Wirkung in den USA und Skandinavien ein Trend gewesen. „Ich dachte, das könnte bei uns auch eine Marktlücke sein“, sagt Kuch.
Das ist inzwischen fünf Jahre her. Schon vor Beginn der Corona-Pandemie hatte sie angefangen zu Hause in ihrer Hamburger Küche, mit Kräuterextrakten zu experimentieren. „Das war eine wilde Zeit“, erinnert sie sich.
Überall standen ihre Prototypen herum. „Jahrtausendaltes Pflanzenwissen und ayurvedische sowie chinesische Kulturtechniken treffen auf moderne Wissenschaft“, erklärt die Gründerin selbstbewusst ihren Ansatz. Die ganze Familie musste probieren. Inzwischen war sie sicher, dass sie ihr Ding gefunden hatte. 2021 reduzierte Kuch ihren Job in einer Marketingberatung und gründete mit einem Gründerinnenkredit ihr Start-up Minnegarden. Investitionskapital: 50.000 Euro.
Sanddorn lässt Minnegarden in Schleswig-Holstein und Mecklenburg sammeln
Aus der Idee, ein Geschäftsmodell zu machen, dauerte allerdings viel länger als geplant. „Es war ein echtes Problem, eine Firma zu finden, die meine Rezepte nach meinen Vorstellungen umsetzen konnte“, sagt die moderne Kräuterfrau. Schließlich wurde sie bei einem Betrieb in Nordrhein-Westfalen fündig. „Alle Produkte sind naturbelassen, zu 100 Prozent bio und werden roh verarbeitet“, sagt Katharina Kuch. Die verarbeiteten Kräuter kommen teilweise von dem angeschlossenen Kräuterhof.
Zusätzlich lässt sie einzelne Zutaten wie etwa Sanddorn in Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern wild sammeln. Was die Natur hierzulande nicht hergibt, beschafft sie selbst über Händler, etwa Taigawurzel (sibirischer Ginseng), Ashwagandha (Schlafbeere) oder die gerade sehr angesagte Pilzart Chaga. „Die Qualität der Zutaten muss hundertprozentig stimmen.“
Das Sortiment von Minnegarden umfasst zwei Produktkategorien. Die sogenannten Oxymels, das sind Kräuterauszüge auf der Basis von Honig und Apfelessig, werden mit Wasser gemischt und sollen zum körperlichen Wohlbefinden beitragen. Erhältlich sind die Sorten „Naturstart“ (Energie), „Felsenfest“ (Abwehr) und „Restrelax“ (Balance) mit jeweils 16 Portionen. Der Preis pro Flasche liegt bei 13,90 Euro. Außerdem gibt es vier hochkonzentrierte Tinkturen, die tropfenweise als Kur etwa in Stresssituationen oder bei Periodenschmerzen helfen sollen. Kosten: 28,90 Euro für 50 Portionen.
Berliner Kräuterfirma schlug Deal bei „Höhle der Löwen“ aus
Minnegarden ist nicht der einzige Anbieter, der auf die Kraft der Kräuter setzt. Schon immer konnte man im Reformhaus oder im Fachhandel unterschiedliche Kräuterextrakte bekommen. Allerdings zumeist für ein Nischenpublikum. Das mehr geht, zeigt das Start-up Kruut, das als Pionier mit der modernen Interpretation des Kräuterwissens gestartet war. Heute hat das junge Unternehmen ein gutes Dutzend Produkte im Angebot, einen eigenen Laden und beschäftigt 25 Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen.
Ende Mai waren die Gründer in der TV-Investorenshow „Die Höhle der Löwen“ zu sehen, wo sie stattliche 400.000 Euro für zehn Prozent ihrer Firmenanteile aufgerufen hatten. Mehrere Löwen waren interessiert. Letztlich schlugen die Kruut-Chefs einen Deal aber aus – und ernteten dafür einen Shitstorm in den sozialen Medien.
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Die Hamburger Kräuterunternehmerin Katharina Kuch ist noch am Anfang. „Die Resonanz ist gut“, sagt sie. Mehrere Hundert Oxymels und Tinkturen hat sie inzwischen abgesetzt. Die Kunden kaufen online, auch mehrere Concept-Stores in Hamburg, in Urlaubsregionen an Nord- und Ostsee sowie auf Mallorca führen Minnegarden-Produkte. „Im Moment arbeite ich daran, weitere Vertriebspartner zu finden“, sagt die Gründerin. Gespräche auch mit großen Händlern liefen.
Außerdem sucht Kuch einen Partner, der bei Minnegarden einsteigt. Dabei geht es nicht nur um frisches Geld, sondern auch um operative Unterstützung in dem Eine-Frau-Betrieb. Das hat auch ganz persönliche Gründe: Katharina Kuch erwartet im August ihr erstes Kind.
Pflanzenheilkunde: Eine-Frau-Betrieb Minnegarden sucht Partner
„Für mich ist klar, dass ich weitermache“, sagt die angehende Mutter, die mit ihrem Lebenspartner in Blankenese lebt. Dass das mit Baby nicht einfach wird, ist ihr bewusst. Im Moment mischt sie sich deshalb auch immer mal wieder selbst eines ihrer Kräuterelixiere. Einen Kick braucht sie nicht, eher was, „um zwischendurch mal zur Ruhe zu kommen“.