Hamburg. Mary-Ann und Dennis Kwong vom Restaurant Dim Sum Haus machen mit ihrer pfiffigen Kochbox-Idee einen 300.000-Euro-Deal. Das sind ihre Pläne.

Wenn Gründer in der TV-Show „Die Höhle der Löwen“ auftreten, können sie mit einem Ansturm auf ihre Produkte rechnen. In der Regel wird deshalb vor dem Sendetermin ordentlich vorproduziert. Solange es um Proteinshakes, Kleiderbügel oder Intimcreme geht, ist das kein Problem.

Wie aber bereitet man sich darauf vor, traditionell zubereitete Pekingenten in Tausender-Stückzahl auf Lager zu haben? Dennis Kwong lächelt sanft. „Wir arbeiten seit über 35 Jahren mit inhabergeführten Höfen in Deutschland zusammen, die sich auf Pekingenten spezialisiert haben. Normalerweise bestellen wir 400 Enten pro Woche“, sagt der Gastronom, der mit seiner Frau Mary-Ann das Dim Sum Haus an der Kirchenallee betreibt. „Jetzt haben wir uns die Exklusivität gesichert.“ Seit Tagen werden in einer gemieteten Produktionsküche die Pekingenten unter Aufsicht von ihm und seinem Chefkoch vorbereitet – streng nach dem geheimen Familienrezept.

Höhle der Löwen: Hamburger Gastronomen mit 300.000-Euro-Deal

Schon das lässt erkennen, dass es bei diesem Gründerpaar etwas anders läuft als normalerweise in der Show, die am Montagabend in die 13. Staffel gestartet ist. Das Dim Sum Haus ist Hamburgs ältestes chinesisches Restaurant. Die Kwongs betreiben es in dritter Generation. Spezialitäten sind Dumlings, gefüllte und in Dampf gegarte Teigtaschen – und Pekingente.

Seit Jahren ein sicheres Geschäft, mit einem Ruf weit über die Stadtgrenzen hinaus. Dass die Gastronomen zu Start-up-Unternehmern wurden, hat mit der Corona-Pandemie zu tun. Als das Dim Sum Haus während des Lockdowns 2020 schließen musste, entwickelten sie die Idee für ihre Pekingenten-Kochbox, die sie jetzt den Investoren vorstellten.

Die Höhle der Löwen: Investoren für Pekingenten-Kochbox gesucht

Das Prinzip: Ihre Köche übernehmen den mehrtägigen Vorbereitungsprozess für die knusprige Asia-Delikatesse. Dann wird das Flügeltier vakuumiert. Zu Hause in der heimischen Küche muss es nur noch für 20 bis 30 Minuten in den heißen Backofen. Fertig. „Ich dachte, es könnte im nächsten Lockdown unsere Rettung sein“, erinnert sich Dennis Kwong an den Start. Sie nannten die Kochbox Mary Kwong und zogen direkt auch einen Onlineshop auf. Die kulinarische Innovation sprach sich schnell herum. Kochstars wie Tim Mälzer oder Tim Raue schwärmten auf ihren Kanälen in den sozialen Medien von der Pekingente, die mit dem Paketboten direkt nach Hause kommt. Auch an prominente Adressen, wie die der Familien Porsche oder Rossmann, ist die Kochbox schon verschickt worden. Die Nachfrage blieb auch nach Ende der Corona-Einschränkungen – und brachte ihre Restaurantküche immer wieder an die Kapazitätsgrenze.

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© Michael Rauhe / FUNKE Foto Services | Michael Rauhe

Einige Tage vor Ausstrahlung der Sendung ein Jahr später sitzen sie in ihrem Lokal in St. Georg. Unter der Decke hängen rote Lampions, die schweren Holzmöbel stammen noch aus der Zeit, als Kwongs Großvater das vor fast 60 Jahren gegründete Lokal geführt hat. „Wir haben das Potenzial der Kochboxen gesehen, aber damit es sich als Geschäftsmodell lohnt, müssen wir größer und bekannter werden“, sagt Mary-Ann Kwong, die wie ihr Ehemann international als Unternehmensberaterin unterwegs war, bevor sie 2012 beim Dim Sum Haus einstiegen. Schon im Herbst 2020 hatte sich das Unternehmerpaar deshalb bei der Höhle der Löwen beworben. Eingeladen wurden sie schließlich im Anfang 2022 zur Aufzeichnung. Und legten in der Folge mit Familienunternehmerin Dagmar Wöhrl, Handelsprofi Ralf Dümmel, Konzernchef Nils Glagau, Finanzunternehmer Carsten Maschmeyer und Neu-Investor Tillman Schulz auf den Löwen-Sesseln eine Punktlandung hin.

Nils Glagau und Neu-Investor Tillman Schulz sofort interessiert

„Wir waren super aufgeregt, haben zehn Enten und jede Menge Equipment eingepackt und sind losgefahren“, erinnert sich Mary-Ann Kwong. Ihr Ziel: ein Investment von 300.000 Euro für eine eigene Produktionsküche für zehn Prozent der Anteile. Um die Löwen von der traditionellen und authentischen Qualität ihrer Pekingenten zu überzeugen, spannten sie spontan auch die Catererin im Fernsehstudio ein. „Sie musste die Pekingenten während des Drehs in den Ofen schieben“, sagt die 36-Jährige Unternehmerin. „Das hat sie wunderbar hinbekommen, das Ergebnis war top.“

So gut, dass man den Genuss beim Testessen der hungrigen Löwen nicht nur sehen, sondern auch hören konnte. „Sensationell“, lobte Tillman Schulz, Geschäftsführer des Lebensmittel-Unternehmens MDS-Gruppe. Auch Nils Glagau, Chef des Nahrungsergänzungsmittelherstellers Orthomol, ließ es sich schmecken: „Sehr, sehr lecker.“ Mindestens genauso überzeugend waren die Zahlen der Gründer, die beim Drehtermin 12.000 verschickte Pekingenten, fast eine Million Umsatz und einen Gewinn von 300.000 Euro aufweisen konnten. Nils Glagau und Tillman Schulz zogen sich schnell zur Besprechung zurück. Und boten schließlich mit Dagmar Wöhrl einen Dreier-Deal mit 300.000 Euro für 30 Prozent der Anteile an dem Kochboxen-Start-up.

„Wir sind drei Familienunternehmen, die mit unwahrscheinlich großer Power und unwahrscheinlich großem Netzwerk ihre Idee und Vision richtig zum Laufen bringen können und dafür sorgen, dass Mary Kwong eine Marke wird“, warb Wöhrl für das Löwen-Trio. Nicht ganz das, was die Gründer wollten. Trotzdem strahlten sie später glücklich in die Kameras. „Ich gehe davon aus, dass wir den dreifachen Umsatz machen“, sagte Dennis Kwong vor der Entscheidung. Ein Blick zu seiner Ehefrau, dann sagte er: „Wir machen das.“

Ente gut, alles gut. Inzwischen ist der Deal gut ein Jahr her, im August haben die Kwongs mit ihren drei Investoren die Mary Kwong Food GmbH gegründet. „Es läuft von an Anfang richtig gut und auf Augenhöhe“, sagt der 46-jährige Gründer. Mit Unterstützung der erfahrenen Profis haben sie ihre Kochbox noch mal überarbeitet, die neben der Pekingente Beilagen und Utensilien wie Teigfladen, Bambuskörbchen, Hoi Sin Sauce, Gurke und Lauch sowie Holzstäbchen, Backschale und eine Anleitung beinhaltet. Zusätzlich stehen Tutorials auf der Website zur Verfügung, die das Tranchieren sowie das Dämpfen der Fladen erläutern.

Große Pläne mit Höhle-der-Löwen-Investoren

Die Box für zwei Person kostet 89 Euro inklusive Übernacht-Kurierversand. Im Kühlschrank ist die Delikatesse mindestens eine Woche haltbar. Inzwischen gibt es auch eine Kochbox mit dem kantonesischen Traditionsgericht Char Siu, eine weitere unter dem Namen Dim Sum Variationen mit ausgewählten Dumplings ist in Vorbereitung. Auch verschiedene Saucen, darunter die beliebte Hoi Sin Sauce der Hamburger, kann man im Internet ordern. „Wir wollen einen Onlineshop für authentisch kantonesische Feinkost aufbauen, die Pekingenten sind nur der Anfang“, sagt Dennis Kwong. Sozusagen Dim Sum Haus 2.0.

Es gibt noch jede Menge weiterer Pläne. Aktuell ist das umtriebige Paar mit Supermärkten in Verhandlungen, um seine Produkte künftig auch im Lebensmitteleinzelhandel anzubieten. „Wir wären damit schon weiter, wenn die Lieferpässe bei Glasbehältern in den vergangenen Monaten uns nicht gestoppt hätten“, sagt Mary-Ann Kwong. Die dritte Generation der Gastronomen-Familie Kwong ist im Aufbruch. „Es ist ein Lernprozess. Bislang haben wir alles selbst entschieden, viel aus dem Bauchgefühl“, sagt Dennis Kwong. Mit Investoren im Boot gebe es jetzt mehr Struktur. „Ich habe gelernt, geduldiger zu sein.“ Getreu dem chinesischen Sprichwort: „Aus einer schlechten Situation eine gute machen“.