Hamburg. Fahrerlose Zugmaschinen bringen Container vom Kai ins Lager. Operator überwacht bis zu vier Fahrzeuge – Modell der Zukunft?
Die Hamburger Hafen und Logistik AG (HHLA) macht ihr Auslandsterminal in der estländischen Hauptstadt Tallinn fit für die Zukunft. Seit Anfang des Jahres hat der Hafenkonzern dort testweise eine ferngesteuerte Zugmaschine eingesetzt, die die Container vom Schiff zum Lager bringt. Der Test war erfolgreich. Jetzt wird das Projekt ausgeweitet.
Bislang wurde die mit Kameras und Sensoren ausgestattete Zugmaschine per Fernsteuerung auf dem Terminal mit Namen TK Estonia bewegt. In der zweiten Phase des Projektes geht es nun darum, den Autonomiegrad während der Fahrten schrittweise zu erhöhen. Ein Operator soll dazu gleichzeitig mehrere Fahrzeuge betreuen, zunächst im Verhältnis von zwei Fahrzeugen pro Operator, später vier Fahrzeuge pro Operator. Ziel ist es, einen Autonomiegrad von 80-90 Prozent zu erreichen.
Hafen: Fahrzeuge flitzen ferngesteuert über HHLA-Terminal in Tallin
Die Fahrzeuge fahren dabei selbstständig. Sie werden aber aus der Zentrale an einem Bildschirm überwacht. Nur wenn unerwartet Verkehrshindernisse oder sonstige Schwierigkeiten auftauchen, greift der Operator ein. Die Ziele der Umstellung der Zugmaschinen sind klar: Zum einen entfällt der Druck, ausreichend Fahrer zu finden. Zum anderen sollen die Effizienz und die Sicherheit des Umschlagbetriebs verbessert werden.
Das System unterscheidet sich vom automatisierten HHLA Containerterminal Altenwerder, der modernsten Umschlagsanlage des Hafenkonzerns in Hamburg. Hier bringen selbstständige Fahrzeuge, Automatic Guided Vehicles (AGV) genannt, die Container von der Kaikante ins Blocklager, wo wiederum automatische Portalkräne die Boxen in Empfang nehmen, ordnen und stapeln. Gesteuert werden die AGVs nicht aus der Ferne per Joystick, sondern über im Boden eingelassene Transponder, deren Signalen sie folgen.
Ferngesteuerte Zugmaschinen bringen Container ins Lager
„Als ein führender europäischer Logistikkonzern wollen wir die Logistik der Zukunft vorantreiben. Daher testen und nutzen wir auch verschiedene Lösungen für autonomes Fahren“, sagt eine Unternehmenssprecherin. Der Einsatz von AGV, wie am HHLA Container Terminal Altenwerder, sei bei TK Estonia nicht sinnvoll, da dafür eine bestimmte Größe sowie ein bestimmtes Layout des Terminals benötigt würden. Ein weiterer Vorteil beim System am TK Estonia sei, dass die Zugmaschine, die autonom oder ferngesteuert fährt, direkt in den Mischverkehr mit anderen Zugmaschinen und Lkw mit herkömmlichen Motoren integriert werden kann.
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HHLA-Partner bei der Einführung des Systems ist das Münchner Unternehmen Fernride, das auf autonomes Fahren von Lkw und Zugmaschinen spezialisiert ist und bereits Projekte bei VW in Wolfsburg betreut. Der Geschäftsführer von HHLA International, Philip Sweens, ist jedenfalls mit dem bisherigen Testbetrieb zufrieden: „Durch das gemeinsame Projekt mit Fernride konnten wir das System direkt im operativen Betrieb von HHLA TK Estonia testen. Die Umsetzung hat sich im täglichen Terminalbetrieb bewährt, sodass der Machbarkeitsnachweis bereits frühzeitig erreicht werden konnte.“ Mit TK Estonia betreibt die HHLA seit 2018 das größte Hafenterminal in Estland.