Hamburg. Im denkmalgeschützten Neuen Klöpperhaus startet der Umbau. Wie der Eigentümer das City-Entree zu einem belebten Ort machen will.
Es ist wahrlich kein Ort, mit dem Hamburg sich schmücken kann. Unter einem der Rundbögen des ehemaligen Kaufhofs an der Mönckebergstraße sitzt eine Frau und bittet auf einem Schild um Geld für etwas zu essen. An der Ecke steht ein Polizeiwagen. Ein paar Meter weiter unter dem Vordach an den Langen Mühren diskutieren die Ordnungskräfte mit einer Gruppe Obdachloser, die sich dort eingerichtet hat.
Vor knapp drei Jahren war die Warenhauskette Galeria Karstadt Kaufhof aus dem Gebäude ausgezogen. Seit Jahresbeginn ist es komplett leer. Passanten eilen vorbei. Auch die großflächigen Kunstdrucke Hamburger Künstlerinnen, die seit Kurzem in den Schaufenstern hängen, nimmt kaum jemand wahr. Bummeln will hier niemand.
Das ehemalige Kaufhof-Gebäude wird entkernt
Nils Skornicka lässt sich von der tristen Momentaufnahme an diesem Frühsommertag nicht beirren. Er ist der Mann, der jetzt Bewegung in den Stillstand am Entree zur Hamburger City bringen soll. Als Managing Director des Immobilienunternehmens Tishman Speyer verantwortet der 45-Jährige den Umbau des Ensembles.
„Wir wollen es zu einem belebten Ort machen, an dem sich Arbeiten und Leben verbinden“, sagt er beim Exklusivtermin mit dem Abendblatt. Dabei lässt er den Blick über die denkmalgeschützte Fassade wandern, die wegen Steinschlaggefahr mit Netzen gesichert ist. Was von außen nicht sichtbar ist: Seit März wird das Innere entkernt, werden Wände eingerissen und Rolltreppen abgebaut. Alles, was von 50 Jahren Kaufhof noch übrig ist, muss raus.
Ex-Kaufhof: Umbauplanung mit Oberbaudirektor
Über die Zukunft des markanten Backsteinkomplexes zwischen Mönckebergstraße, Lange Mühren und Bugenhagenstraße, zu dem auch ein großes Parkhaus an der Steinstraße gehört, ist viel und laut diskutiert worden. Er war als Standort für das neue Naturkundemuseum gehandelt worden oder für Studentenwohnungen.
Seit Tishman Speyer das Neue Klöpperhaus, wie es offiziell heißt, im vergangenen Sommer von der langjährigen Eigentümerin – der Württembergischen Versicherung – gekauft hat, laufen die konkreten Planungen für das Millionenprojekt. Angesichts der städtebaulichen Bedeutung sitzen auch Oberbaudirektor und Denkmalschutzamt mit am Tisch.
Entstehen sollen auf acht Geschossen mehr als 35.000 Quadratmeter Büro-, Wohn- und Einzelhandelsfläche. „Wir wollen eine 24-Stunden-Nutzung“, sagt Skornicka. Der Wirtschaftsingenieur ist eher der nüchterne Typ, neigt nicht zu Übertreibungen. Aber das muss doch gesagt sein: „Wir sind uns der Verantwortung bewusst. Im Idealfall könnte das Gebäude nach dem Umbau einen Impuls in die Hamburger Innenstadt ausstrahlen.“
Großes Atrium im Ex-Kaufhof: hell, offen und grün
Dabei soll die Grundstruktur des früheren Kontorhauses erhalten bleiben, das der Hamburger Wollhändler Adolf Klöpper 1913 von Architekt Fritz Höger (Chilehaus) bauen ließ. Die größte Veränderung ist, von außen nicht sichtbar, in der Mitte geplant: ein großes Atrium vom Erdgeschoss bis ganz nach oben, das Tageslicht in die zukünftigen Büroflächen bringen soll.
„Es wird hell, offen und grün“, sagt Skornicka und zeigt auf seinem Tablet einige Projektzeichnungen mit versetzten Treppen und Sitzmöglichkeiten. Im Erdgeschoss zur Mönckebergstraße sollen wieder Läden entstehen. Auf der Seite zum Saturn-Kaufhaus an den Langen Mühren ist eine „belebende Nutzung“ vorgesehen. „Vorstellbar sind Gastronomie, Kultureinrichtungen und Co-Working“, sagt Skornicka.
Neue Dachterrasse mit Blick auf die Elbphilharmonie
Der Hauptteil des Neuen Klöpperhauses wird wieder in Büroflächen umgewandelt – so wie es der Erbauer vor mehr als 100 Jahren vorgesehen hatte. Außerdem sollen 16 bis 18 Wohnungen realisiert werden, die im sechsten, sieben und achten Stockwerk terrassenartig ausgebaut werden. Ganz oben entsteht zudem eine Dachterrasse mit Blick bis zur Elbphilharmonie und zum Hafen.
Das Untergeschoss, das über den Durchgang vom Hauptbahnhof begehbar bleibt, soll den Plänen zufolge weiterhin für die Öffentlichkeit zugänglich sein. Vom Fitnesscenter über Kultureinrichtungen bis zum Musikclub sei an dem Standort vieles denkbar, sagt Nils Skornicka.
Atelierhaus statt Parkhaus an der Steinstraße
Komplett neu und ganz anders soll der Standort des heutigen Parkhauses umgestaltet werden. Das Gebäude an der Steinstraße, in dem im Erdgeschoss derzeit noch ein dm-Markt ist, soll nach Ablauf der Mietverträge Mitte 2024 abgerissen werden. „Wir wollen dort einen Ort schaffen, an dem sowohl gearbeitet als auch gelebt wird“, so der Immobilienentwickler.
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Entstehen soll nach Wiener Vorbild ein Atelierhaus für Menschen in kreativen Berufen wie Architekten, Marketingagenturen, Blogger und Influencer – „eine Neu-Interpretation eines Kontorhauses“. Aktuell liefen dazu noch Gespräche mit der Stadt.
Kaufhof-Gebäude: Co-Investor kommt aus Abu Dhabi
„Die Pläne für das gesamte Ensemble entsprechen unserer Grundstrategie, gemischt genutzte Gebäude von morgen zu realisieren“, sagt Tishman-Speyer-Manager Skornicka.
Für den Deutschlandableger des international tätigen Immobilienunternehmens (Rockefeller Center, New York, The Springs, Shanghai) ist der Kauf des Neuen Klöpperhauses die erste Transaktion für den Fonds „Tishman Speyer European Real Estate Venture IX Value-Add“ und die dritte Akquisition in Hamburg nach dem Erwerb des ehemaligen Gruner+Jahr-Gebäudes am Baumwall und des Geschäftshauses Gänsemarkt 45.
Co-Investor ist mit einem Anteil von 50 Prozent der Staatsfonds Abu Dhabi Investment Authority (ADIA), mit dem Tishman Speyer bereits mehrere Projekte umgesetzt hat. Über die Kaufsumme und das Investitionsvolumen wurden keine Angaben gemacht.
Ex-Kaufhof soll bis Ende 2025 umgestaltet sein
Fast drei Jahre nach dem Aus für Kaufhof an der Mönckebergstraße soll an dem Standort jetzt die Zukunft beginnen. Die ersten Teilbaugenehmigungen seien erteilt, sagt Nils Skornicka. Aktuell liefen die letzten Abstimmungen mit dem Denkmalschutz über die Dachgestaltung.
„Geplant ist, dass der Umbau des Haupthauses bis 2025 abgeschlossen ist.“ Der Abriss des Parkhauses und Bau des Atelierhauses soll parallel vorangetrieben werden. Auf einen Termin für die Fertigstellung will sich der Immobilienmanager nicht festlegen.