Hamburg. Preise für Spargel und Erdbeeren aus der Region sind stabil, aber bundesweit ziehen sie an – woran das liegt.
Bernd Oelkers ist erleichtert. „Jeder in der Branche hatte vor dieser Saison höchsten Respekt“, sagt der Landwirt aus Wenzendorf im Landkreis Harburg. Auf 20 Hektar baut er Spargel an. Die Saison geht traditionell bis zum 24. Juni. Ein Teil der Ernte steht also noch aus. Doch mit dem bisherigen Verlauf ist er zufrieden: „Es ist für viele besser gelaufen als gedacht.“
Die Verunsicherung bei den Spargelbauern war groß. Schließlich gelten die weißen Stangen als „Luxus“, wie Oelkers einräumt. Viele befürchteten daher, dass die sparsamen Deutschen angesichts hoher Inflationsraten ihr Geld zusammenhalten und das Gemüse nicht kaufen.
„Besser als erwartet“ – Bauern mit Spargelsaison zufrieden
Doch von einer übermäßigen Konsumzurückhaltung war nichts zu spüren. Wegen des eher kühlen und gleichmäßigen Wetters habe man zwar keine Riesenmengen eingefahren. Aber zur umsatzstarken Himmelfahrtswoche stiegen Temperaturen, Ausbeute und Verkaufszahlen. „Bei uns hat die Erntemenge immer gut zum Absatz gepasst“, sagt Oelkers.
Für viele, auch nicht so finanzstarke Kunden habe zwei- bis dreimal Spargel zu essen pro Jahr Tradition. Und dafür kehrten sie auch in das Hofrestaurant ein, das „gigantisch gut“ laufe, so Oelkers: „Wir sind an jedem Wochenende und auch wochentags oft ausgebucht.“
Spargelessen – hohe Nachfrage in Hofrestaurants
Sein Kollege Felix Löscher sieht das ähnlich. „Die Nachfrage im Hofrestaurant ist sehr hoch“, sagt der Geschäftsführer des Erdbeer- und Spargelhofs in Winsen/Luhe. Beim Verkauf des Spargels spüre er zwar eine gewisse Zurückhaltung der Kunden von vielleicht fünf bis zehn Prozent weniger als im Vorjahr. „Spargel ist vor allem ein Wochenendessen geworden“, sagt Löscher.
Aber für die Erntemenge ist er auf seinen 80 Hektar optimistisch, auf Vorjahresniveau abzuschließen. Denn wegen des kühlen Wetters seien die Anlagen noch ertragreich. „Da kommt noch ein guter Schwung Spargel“, so Löscher – und der wird wohl auch gebraucht.
Pfingsten gilt als umsatzstärkstes Wochenende für Spargel
„Pfingsten ist das umsatzstärkste Wochenende bei den Spargelbauern“, sagt Fred Eickhorst, Geschäftsführer der Vereinigung der Spargel- und Beerenanbauer. Im Großen und Ganzen falle die Saison wohl zufriedenstellend aus. Zwar habe man den Handel kurzzeitig mal nicht beliefern können und sinke die Erntemenge wohl um geschätzt zehn bis 15 Prozent im Vergleich zum Vorjahr.
Für die Landwirte entscheidender sei aber, dass es kein Überangebot gegeben habe. So konnten die Preise stabil gehalten werden beziehungsweise lägen sie wohl „eine Idee höher“.
Spargel kostet im Schnitt mehr als 2022
Was Eickhorst meint, kann Claudio Gläßer von der Agrarmarkt Informations-Gesellschaft (AMI) mit Zahlen unterfüttern. In der vergangenen Woche habe das Kilogramm Spargel über alle Einkaufsstätten hinweg – also im Supermarkt, beim Discounter und beim Landwirt als Direktvermarkter gekauft – 8,30 Euro gekostet.
Das waren zwar satte 17 Prozent mehr als 2022. Aber in der Vorjahreswoche habe es einen hohen Angebotsdruck gegeben. Wegen steigender Inflation seien die Kunden stark verunsichert gewesen, hätten kaum gekauft, sodass die Preise stark sanken.
Ein Kilo Spargel beim Direktvermarkter kostet ab 12,90 Euro in Topqualität
In der bisherigen Saison habe man einen „recht konstanten Preisverlauf“ gesehen, so Gläßer. Bei den Direktvermarktern seien diese von Region zu Region stark unterschiedlich. Bei Löscher und Oelkers sanken die Preise von anfangs 15,90 Euro das Kilogramm auf derzeit 13,90 beziehungsweise 12,90 Euro für die beste Qualität – stabil im Vergleich zum Vorjahr, heißt es.
„Die Preise sind in der Tendenz nicht höher als im vergangenen Jahr. Die Leute kaufen Spargel“, sagt Daniela Rixen, Sprecherin der Landwirtschaftskammer Schleswig-Holstein. Das Land zwischen den Meeren gehört mit einer Anbaufläche von 476 Hektar verteilt auf 44 Betriebe eher zu den kleinen Spargel-Regionen.
Erdbeerernte in Schleswig-Holstein läuft gut an
Mit 862 Hektar auf 89 Höfen etwa doppelt so stark vertreten sind die Erdbeerkulturen. „Die Ernte ist gut angelaufen. Durch die höheren Temperaturen kommt nun auch mehr Menge“, sagt Rixen und spricht ebenfalls von „erfreulich stabilen“ Preisen. Noch stammen die roten Früchte aber nahezu ausschließlich aus dem Tunnelanbau unter Folie.
Seit dem 2. Mai sammelt das Team von „Hamburgs Erdbeerkönig“ Enno Glantz Früchte aus dem geschützten Anbau. Nun beginne die „Erdbeersuche“ auf den Freilandflächen in Delingsdorf (Kreis Stormarn) und damit die Mixedzeit. In acht bis zehn Tagen werde man komplett auf die Freiflächen umgestellt haben.
Enno Glantz ist mit Erdbeerernte „mittelprächtig zufrieden“
Trotz zuletzt leichtem Bodenfrost seien die Pflanzen in einem guten Zustand. „Ich bin optimistisch, dass wir bei normaler Witterung eine gute Ernte hinbekommen“, sagt Glantz. Mit dem bisherigen Verkauf sei er aber nur „mittelprächtig zufrieden“. Um die Erdbeerlust der Kunden richtig zu wecken, sei es noch zu kalt gewesen.
Die Preise seien trotz gestiegener Kosten – vor allem durch den kräftig gestiegenen Mindestlohn – umgerechnet stabil geblieben. Allerdings habe sich die Verpackungsgröße geändert. „Wir bieten nun schwerpunktmäßig die 750-Gramm-Schale an, weil vielen Verbrauchern ein Kilo zu viel ist und 500 Gramm oft zu wenig. Dafür nehmen wir 6,90 Euro“, sagt Glantz. Wer sparen will, kann auf den Selbstpflückfeldern aktiv werden, die am Pfingstsonnabend öffnen. Dort sollen 500 Gramm 3,50 Euro kosten.
Selbstpflückfelder für Erdbeeren eröffnen bald
Löscher will in der ersten oder zweiten Juni-Woche seine Selbstpflückfelder aufmachen. Die ersten Freilanderdbeeren sollen nächste Woche eingesammelt werden. Das sei wegen des kühlen Wetters gut eine Woche später als sonst. Er ist mit dem bisher kurzen Saisonverlauf zufrieden. 5,50 Euro nimmt er derzeit für das Pfund. „Nach Pfingsten wird der Preis runtergehen“, sagt der Landwirt.
Darauf dürften sparsame Kunden setzen. Denn auch wenn die regionalen Anbauer sagen, die Preise seien unverändert zum Vorjahr – insgesamt liegen sie deutlich höher. 7,16 Euro habe das Kilogramm deutscher Erdbeeren vergangene Woche über alle Einkaufsstätten hinweg gekostet, sagt AMI-Expertin Eva Würtenberger. In der Vorjahreswoche waren es 5,62 Euro.
Importerdbeeren sind deutlich teurer als vor einem Jahr
2022 sei allerdings auch ein Ausnahmejahr gewesen, weil die Ernte hierzulande rund zwei Wochen früher begann als üblich. Es war Mitte Mai also schon mehr heimische Ware auf dem Markt, die zudem viel Konkurrenz durch Produkte aus Südeuropa und dem Benelux-Raum hatte.
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Das sieht dieses Jahr anders aus, vor allem wegen Wetterkapriolen im Hauptanbauland. „Die Spanier hatten Ende April, Anfang Mai mehrere Hitzewellen und haben sich früher aus dem Markt verabschiedet, weil es von den Qualitäten nicht mehr so gepasst hat“, sagt Würtenberger. Das spiegelt sich bei den Preisen für Importerdbeeren wider. Kosteten sie 3,85 Euro das Kilogramm in 2022, sind es nun 5,94 Euro. Das hebt das Preisgefüge insgesamt an.
„Man gönnt sich wieder was“
Aber vielleicht ist das den Kunden auch egal, wenn der Verbandsvertreter Recht hat. Die Deutschen würden „sehr gut“ Erdbeeren kaufen, sagt Eickhorst: „Man gönnt sich wieder was.“