Hamburg. Die Qualität des Stangengemüses gilt in diesem Jahr als hoch. Was die Landwirte aus dem Norden zu den Kosten sagen.
Das erste Erfolgserlebnis der Saison liegt für Felix Löscher ein bisschen zurück. Am 24. März habe er auf seinen Feldern den ersten Spargel gefunden. „Wir konnten sieben Stangen ernten und meiner Mutter zum 70. Geburtstag schenken. Das war spektakulär“, sagt der Geschäftsführer des gleichnamigen Erdbeer- und Spargelhofs in Winsen/Luhe.
Für das Edelgemüse sei dies im Vergleich zu den Vorjahren ein sehr früher Erntezeitpunkt gewesen. Als Grund dafür vermutet er den relativ milden Winter. Auch zu Ostern hätte er schon gut Spargel gehabt und an vielen Verkaufsstellen vertrieben. „Aber dieses Wochenende geht es so richtig los“, sagt Löscher.
Spargelsaison startet dieses Wochenende so richtig
Diese Einschätzung bestätigt Fred Eickhorst. „Es gibt jetzt auch den ersten Spargel im Einzelhandel“, sagt der Geschäftsführer der Spargel- und Beerenanbauer mit Sitz im niedersächsischen Sandhatten und hat für die Kunden in Zeiten hoher Inflationsraten eine gute Nachricht im Gepäck: „Die Preise bleiben stabil.“
Dabei habe die Branche aus dem Vorjahr gelernt. Nach dem Ukraine-Krieg und den damit verbundenen stark gestiegenen Kosten zum Beispiel für Energie erhöhten viele Unternehmen die Preise. Auch die Spargelbauern wollten auf den Zug aufspringen und kommunizierten dies. „Das war völlig falsch und hat zu noch mehr Verunsicherung der Kunden beigetragen“, sagt Eickhorst: „Der Kunde war so verunsichert, dass er nicht nur Spargel, sondern auch Markenprodukte gemieden und No-Name-Produkte gekauft hat.“
Im Vorjahr sank der Preis – und auch die Menge
Das schlägt sich in der Erntebilanz nieder. 2022 seien 110.300 Tonnen Spargel in Deutschland geerntet worden, heißt es von der Agrarmarkt Informations-Gesellschaft (AMI). 7,5 Prozent weniger als im Vorjahr. Das sei im historischen Vergleich ein sehr niedriger Wert und hänge mit der inflationsbedingten Kaufzurückhaltung zusammen, sagt AMI-Produktmanager Gartenbau, Claudio Gläßer. Einige Landwirte hätten die Ernte früher beendet, weil keine Nachfrage mehr da gewesen sein. Letztlich sei der Preis sogar gesunken. Laut AMI wurden 8,58 Euro im Schnitt pro Kilogramm gezahlt, 2021 waren es noch 8,90 Euro.
In diesem Jahr hätten sich die Betriebe zusammengesetzt und beratschlagt, wie es weitergehen solle, sagt Eickhorst und fasst das Resultat zusammen: „Wir kompensieren die Kosten so weit es geht. Wir fangen mit demselben Spargelpreis an wie letztes Jahr. Spargel wird definitiv nicht teurer.“
Spargelpreis wird in den nächsten Wochen sinken
Traditionell werde der Preis in den nächsten Wochen natürlich sinken. „Die Menge steigt, und damit geht der Preis etwas runter“, sagt Eickhorst und verweist auf das übliche Spiel von Angebot und Nachfrage. Um wie viel es günstiger wird, hänge maßgeblich vom Wetter ab. „Das hat Petrus in der Hand.“
„Ein Teil der Kulturen bringt jetzt schon richtig Ertrag“, sagt Bernd Oelkers, Chef des gleichnamigen Hofs in Wenzendorf nahe Buchholz. Für die nächsten Wochen wünscht er sich ab und an etwas Niederschlag und höchstens 20 Grad Celsius. Ende Mai könnte es um fünf bis sechs Grad wärmer werden. Dann könnten die Anlagen nach und nach abgeerntet werden, die Menge würde sich moderat erhöhen. Dadurch dürften die Preise nicht zu stark fallen – was für die Kunden nicht so gut wäre, für ihn als Erzeuger aber schon.
Für Landwirt Oelkers sind die Feiertage besonders wichtig
Wichtig für ihn seien vor allem die Feiertage wie 1. Mai und Pfingsten sowie Muttertag, an denen eine ordentliche Menge des Luxusgemüses da sein müsse. Stimmt dann der Appetit seiner Kunden, läuft das Geschäft. Derzeit kostet das Kilogramm der 1A-Sortierung bei ihm an seinen rund 15 Verkaufsständen 15,90 Euro und damit genau so viel wie 2022. Wer nicht die Topqualität haben will, sondern zum Beispiel auch violetten, zweite Wahl oder Bruchspargel nimmt, bekommt es günstiger. „Die Preise gehen bis auf 7,50 Euro nach unten. Wir haben für jeden Geldbeutel Spargel da“, sagt Oelkers.
Bei der AMI gibt es für die vergangene Woche noch keine aktuellen Preise. Temperatur und Sonneneinstrahlung sei recht gering gewesen, daher nur wenig deutsche Ware auf dem Markt, so Gläßer.
Bei Löscher kostet das Kilo 15,90 Euro
Auch bei Löscher kostet das Kilogramm Spargel derzeit 15,90 Euro an den rund 30 Verkaufsständen, die schwerpunktmäßig in Harburg liegen, aber auch nördlich der Elbe bis nach Blankenese, Halstenbek oder zum Mittelweg und zur Kellinghusenstraße reichen. Wegen des deutlich gestiegenen Mindestlohns sei die Marge für ihn niedriger als früher. Der Tiefpreis lag im Vorjahr bei 12,90 Euro – einem Wert, den er auch für dieses Jahr wieder für realistisch hält.
Mit der Qualität sind die Anbauer hochzufrieden. „Wir konnten selten in einer Saison so früh so viel und so guten Spargel ernten. Qualitativ ist der Spargel sehr gut“, sagt Löscher, der wie im Vorjahr auf 80 Hektar Spargel anbaut. Die Köpfe seien schön geschlossen, die meisten Stangen schön gerade und deren Durchmesser liegt zwischen 18 und 26 Millimeter – das seien wichtige Kriterien.
Spargelanbau unter Folie bietet viele Vorteile
Der Anbau unter Folie, den er bei weißem Spargel ausschließlich betreibt, erhöhe die Qualität. Das weiße Stangengemüse werde nicht durch Sonnenlicht violett, was sowohl Handel als auch Kunden nicht mögen. Die Erde verfestige sich durch den Regen nicht, wodurch die Arbeitsbedingungen für die Erntehelfer besser seien. Es geb einen höheren Ertrag. Und: Die Menge sei durch das Drehen der zweifarbigen Folie steuerbar. Die schwarze Seite erhöht die Temperaturen und treibt das Wachstum der Pflanze an, die weiße bremst es. „Da Spargel hauptsächlich am Wochenende gegessen wird, ist es wichtig, dass wir unsere hohen Erntemengen zum Wochenende haben und am Wochenanfang nur geringe Erntemengen“, sagt Löscher, der im Hofrestaurant auch verschiedene Spargelgerichte anbietet.
Eickhorst verweist zudem darauf, dass die Bohnenfliege keine Chance hat, ihre Eier im Spargel abzulegen, wodurch dieser unverkäuflich werde, und beziffert die wirtschaftlichen Vorteile: „Durch den Folieneinsatz werden die Produktionskosten um bis zu 40 Prozent reduziert.“
Bei Oelkers können Spargelreihen gepachtet werden
Kosten sind natürlich ein Thema für die Branche. Oelkers hält die Direktvermarktung für die einzige Absatzmöglichkeit, um kostendeckend zu arbeiten. Vor einigen Jahren senkte er die Anbaufläche für Spargel von 50 auf 20 Hektar, die er durch den Verkauf an Endkunden, Gastronomen und einige Wochenmarktbeschicker nahezu komplett absetzen kann. Früher war die Erntemenge zu groß, die Margen im Handel zu niedrig.
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Zudem können seit 2020 Kunden Spargelreihen bei ihm pachten. Familien und Firmen machten davon Gebrauch, rund 30 jeweils etwa 280 Meter lange Reihen habe er in dieser Saison verpachtet, sagt Oelkers: „Ab Anfang Mai können die Leute wieder selber stechen. Das wollen wir auch beibehalten, wenn es sich weiterhin lohnt.“ Nicht ganz so lange müssten übrigens Freunde des grünen Spargels warten: Ab Ende nächster Woche soll er erhältlich sein.