Hamburg. Experten geben sieben Tipps für Käufer. Für welche Immobilie mit einem Preisrückgang von mehr als 100.000 Euro gerechnet wird.

Die Auswahl für Käufer eines Hauses oder einer Wohnung ist groß: Mehr als doppelt so viele Immobilien wie vor einem Jahr sind in Hamburg derzeit auf dem Markt. Zugleich machen es die auf etwa 3,8 Prozent gestiegenen Zinsen für Baufinanzierungen Käufern schwer.

Doch mit geschickten Verkaufsverhandlungen, Zeit und Ausdauer sowie ausreichend Eigenkapital lässt sich der Einzug in die eigenen vier Wände doch noch stemmen. Sieben Expertentipps, wie der Immobilienkauf jetzt noch gelingen kann.

Immobilien in Hamburg: Käufer sollten in Preisverhandlungen treten

In Hamburg und den Umlandgemeinden fallen die Immobilienpreise. Im zweiten Halbjahr 2022 gab es Preisrückgänge von bis zu 13 Prozent bei Bestandsobjekten, wie Daten der Empirica AG (siehe Grafik) zeigen. So sanken die durchschnittlichen Angebotspreise für eine Eigentumswohnung aus dem Bestand in Hamburg um knapp sieben Prozent, im Kreis Segeberg um sechs Prozent und im Kreis Steinburg um 13 Prozent.

Einfamilienhäuser verbilligten sich um zehn Prozent im Kreis Pinneberg und in Hamburg um 4,2 Prozent. Im Landkreis Stade wurden die Häuser aus dem Bestand um knapp sechs Prozent günstiger. Anders gesagt: Beim Immobilienkauf lassen sich mehrere zehntausend Euro sparen. Ein Haus mit 120 Quadratmetern Wohnfläche im Kreis Pinneberg kostet mit im Schnitt rund 491.000 Euro etwa 54.000 weniger als Mitte 2022. Eine Eigentumswohnung im Landkreis Harburg mit 80 Quadratmetern Wohnfläche kostet jetzt rund 259.000 Euro und hat sich um knapp 18.000 Euro verbilligt.

Das tatsächliche Preisniveau kann noch deutlich unter diesen Werten liegen, da sich die Daten auf Angebotspreise aus Immobilienanzeigen beziehen. „Die Finanzierungskosten sind stark angestiegen, viele potenzielle Verkäufer sind aber noch nicht bereit, diesen Umstand in ihren Preisvorstellungen zu berücksichtigen“, sagt Ditmar Rompf, Vorstandsvorsitzender der Hüttig Rompf AG, die sich auf die Vermittlung von Baufinanzierungen spezialisiert hat. In der Folge haben die Verkäufer zunächst unrealistischen Preisforderungen. Selbst Neubauten sind überwiegend vom Preisrückgang betroffen.

Angebote in Ruhe sichten

Die Zeiten, in denen ein Immobilienkauf möglichst schnell abgewickelt wurde, bevor ein Konkurrent auftaucht, ist vorbei, Verkäufer können nicht mehr die Bedingungen diktieren. Der Immobilienmarkt hat sich vom Verkäufer- zum Käufermarkt gewandelt. Durch die gestiegenen Zinsen ist die Gruppe von Interessenten weggebrochen, die sich die eigenen vier Wände bei Zinssätzen von rund einem Prozent gerade noch so leisten konnten. Inzwischen liegen die Zinsen bei rund 3,80 Prozent bei 15 Jahren Zinsbindung.

Nach Angaben des Maklers von Poll Immobilien stieg das Angebot an Eigentumswohnungen und Einfamilienhäusern innerhalb eines Jahres in Hamburg um 120 Prozent. „Käufer wägen ihre Kaufentscheidung weitaus genauer ab und sind nicht mehr bereit, jeden angesetzten Preis zu bezahlen“, sagt Daniel Ritter, geschäftsführender Gesellschafter bei von Poll.

Zeit lassen beim Kauf

An den Rahmenbedingungen des Immobilienmarktes, die auf weiter fallende Preise hindeuten, wird sich für längere Zeit wohl nichts ändern. Die Realeinkommen der Verbraucher sinken auf Grund der hohen Inflation und die Zinsen für die Finanzierung werden nicht wieder das Niveau von nur einem Prozent erreichen. „Bei Kapitalanlegern ist das Interesse an Immobilieninvestments gesunken, bei Eigennutzern die finanzielle Machbarkeit“, sagt Michael Neumann, Vorstandsvorsitzender des Baugeldvermittlers Dr. Klein.

Immobilienkäufer können sich also Zeit lassen oder diesen Umstand in die Preisverhandlungen mit dem Käufer einfließen lassen. Makler benötigen derzeit in der Regel mindestens sechs Monate, um eine Immobilie zu verkaufen. „Ein typisches Mittelreihenhaus wurde von uns Ende 2021 in Schleswig-Holstein noch für 399.000 Euro verkauft“, sagt Nicole Reise, Geschäftsführende Gesellschafterin von Frank Hoffmann Immobilien. Inzwischen werden nur noch 299.000 Euro erzielt. In Hamburg sank der Verkaufspreis von 419.000 Euro auf 349.000 Euro. „Mittelfristig sehe ich die Preise bei Reihenhäusern in Hamburg auch wieder unter 300.000 Euro“, sagt Reise.

Mängel elegant umschreiben

„14 Besichtigungen sind derzeit notwendig, um eine Immobilie zu verkaufen“, sagt Sebastian Eraghi, Chef des Hybridmaklers Neho. Am Ende stehen dann zwei ernsthafte Kaufanfragen. Kaufinteressenten sollten genau hinhören: Wie wichtig ist dem Noch-Besitzer ein zügiger Verkauf? „Weil sich abzeichnet, dass die Preise vielerorts tendenziell eher sinken, könnten Preisverhandlungen hier erfolgreich sein“, sagt Neumann. Dennoch sollten Kaufinteressenten den Verkäufer nicht spüren lassen, wie sich der Markt verändert hat, rät Karl-Heinz Schneider, Architekt und Sachverständige für Hochbauplanung und Bauüberwachung vom Verband der Privaten Bauherren (VPB) in Hamburg.

„Die Käufer haben zwar mehr Zeit, sich für ein Objekt zu entscheiden und die Preise sind auch verhandelbar“, sagt der Bauexperte, der viele Besichtigungen begleitet. „Aber die Verkäufer achten auch sehr darauf, wer in ihr Haus einzieht, ob die neuen Eigentümer in die Siedlung passen.“ Stimmen die Preisvorstellungen von Verkäufer und Käufer nicht überein und man ist dennoch stark an dem Objekt interessiert, sollte man das elegant umschreiben, rät Schneider. „Nicht das Haus schlechtreden, weil zum Beispiel die Heizung veraltet ist und die Fenster erneuert werden müssen“, sagt Schneider. Besser sei, die Stärken des Hauses herausstellen und dann zu sagen: „Schade, aber ich kann es mir nicht leisten.“ Das eröffnet dann einen besseren Verhandlungsspielraum.

Möglich ist auch, ein Angebot abzugeben, das unter der Kaufpreisforderung liegt. Vielleicht kommt der Verkäufer nach einiger Zeit doch darauf zurück. „Immobilien mit schlechter Energiebilanz lassen sich schlechter verkaufen“, sagt Eraghi. Kaufpreisabschläge von bis zu 35 Prozent sind möglich. „Allerdings müssen dann in der Finanzierung auch beträchtliche Investitionen berücksichtigt werden“, sagt Schneider.

Im Umland umschauen

Selbst wenn man die weiter von Hamburg entfernten Kreise wie Steinburg oder Heidekreis außen vorlässt, sind die Immobilien im Hamburger Umland deutlich günstiger als in der Metropole selbst. An diesem Abstand wird auch die Preiskorrektur nichts ändern. So liegt der durchschnittliche Angebotspreis pro Quadratmeter Wohnfläche für eine Eigentumswohnung aus dem Bestand im Kreis Stade um rund die Hälfte unter dem Hamburger Preis.

Im Kreis Herzogtum-Lauenburg und im Kreis Segeberg beträgt der Preisvorteil sogar rund 43 Prozent. Auch für ein Einfamilienhaus aus dem Bestand sind diese Kreise die preisgünstigsten Standorte, die direkt an Hamburg angrenzen. Weiter draußen kann es noch günstiger sein. So liegen die Preisvorteile im Kreis Stade bei 53 Prozent, im Kreis Herzogtum Lauenburg bei 40 Prozent und im Kreis Segeberg bei 37 Prozent. Im Kreis Stade bleibt der Quadratmeterpreis für Eigentumswohnung und Einfamilienhaus unter 3000 Euro. „Immobilien im Umland mit guter Anbindung werden immer attraktiver“, sagt Eraghi.

Weniger Wohnfläche kaufen

Jeder Quadratmeter mehr Wohnfläche bedeutet mehrere Tausend Euro mehr Kaufpreis, die finanziert und getilgt werden müssen – zu Zinsen, die sich verdreifacht haben. Weniger Wohnfläche ist vor allem eine Überlegung für den Neubau, wo die Preise in der Regel noch einmal deutlich höher ausfallen als für Bestandsobjekte.

Zehn Quadratmeter weniger im Neubau bedeuten im Schnitt 45.000 Euro weniger Kredit und 220 Euro weniger monatliche Belastung bei der Finanzierung. „Der Trend aus Corona-Zeiten mit dem Drang nach mehr Fläche wird sich wieder umkehren“, sagt Sebastian Fischer, Geschäftsführer des Projektentwicklers Primus. Neubauten werden kompakter.

Sichere Finanzierung vorweisen

Das größte Problem für Verkäufer sind derzeit Käufer, die keine sichere Finanzierung vorweisen können. „Für den Verkäufer kann dabei ein Finanzierungszertifikat, mit dem die ausgewählte Bank bestätigt, dass sie den Immobilienkauf mit einer Baufinanzierung begleiten würde, ein überzeugendes Argument sein“, sagt Rompf. Der Finanzierungsrahmen sollte dabei nicht unbedingt der Kaufpreisforderung des Verkäufers entsprechen. So bleibt Spielraum für Preisverhandlungen.

Wichtig für Banken ist ausreichend Eigenkapital der Käuferin (optimal sind 20 Prozent des Kaufpreises), und dass die Erwerbsnebenkosten ebenfalls aus den Ersparnissen bezahlt werden können. Um das erfüllen zu können, sollten auch zusätzliche Geldquellen im Familienkreis erschlossen werden: ein vorgezogenes Erbe, ein Geldgeschenk oder eine Lebensversicherung, die verkauft werden kann.

Was kann man sich als Käufer leisten?

Das verdeutlicht ein Beispiel: Der Verkäufer eines gebrauchten Einfamilienhaus (120 Quadratmeter Wohnfläche) im Kreis Segeberg bietet dieses für 440.000 Euro. Der Käufer kann den Preis auf 400.000 Euro herunterhandeln und verfügt über genug Eigenkapital für die Nebenkosten und 20 Prozent des Kaufpreises (also 80.000 Euro). Zu finanzieren sind 320.000 Euro. Bei einer Kreditlaufzeit von 15 Jahren sind dafür etwa 3,80 Prozent Zinsen fällig. Bei einer jährlichen Tilgung von zwei Prozent der Kreditsumme liegt die Monatsrate dann bei 1550 Euro, bei ein Prozent Tilgung bei 1300 Euro..