Hamburg. Auf dem Immobilienmarkt ist nach dem gestoppten Zinsanstieg die Trendwende erkennbar. Was Sie beim beim Kauf beachten müssen.

Zuletzt wurden potenzielle Immobilienkäufer durch steigende Zinsen bei der Finanzierung geschockt. Doch der rasante Anstieg in den vergangenen Wochen und Monaten ist nun offenbar gestoppt. Das gilt auch für die Preise von Wohnungen und Häusern. Und Käufer können inzwischen mit dem Verkäufer über den Preis sogar verhandeln, sagen Immobilienexperten.

Ein finanzieller Kraftakt bleibt der Erwerb eines Eigenheims in Hamburg und Umgebung in jedem Fall. Wie kann der Immobilienkauf trotz der ungünstigen Bedingungen dennoch gelingen? Wer kann ihn sich noch leisten? Was sollte man beachten? Wo gibt es die günstigsten Kreditzinsen? Experten beantworten im Abendblatt die wichtigsten Fragen.

Immobilien: Spielraum beim Kauf von Haus oder Wohnung

Wie entwickeln sich die Immobilienpreise in Hamburg?

Der Preisboom ist offenbar beendet. Auch wenn manche Datenbanken noch deutlich steigende Angebotspreise in Hamburg ausweisen, so sind das eher die Wunschvorstellungen der Verkäufer. Zwar gibt es noch keinen Preiseinbruch, aber sehr wohl Verhandlungsspielraum. „Lange Zeit waren Preisverhandlungen für Hamburger Immobilien unmöglich – und wenn, dann nur nach oben. Jetzt können Interessenten erstmals wieder ein bisschen am Preis drehen“, sagt Frank Lösche, Spezialist für Baufinanzierung von Dr. Klein in Hamburg.

Die Daten des Baugeldvermittlers, die auf tatsächlich gezahlten Preisen beruhen, zeigen eine Beruhigung der Entwicklung. So waren Eigentumswohnungen in Hamburg im zweiten Quartal nur um 0,35 Prozent teurer als im ersten Quartal 2022. Gefragter waren weiterhin Einfamilienhäuser, die noch um 1,79 Prozent teurer wurden. Wer jetzt noch eine Immobilie kaufen will, muss nicht befürchten, dass ihm die Kosten davonlaufen. Denn auch bei der Zinsentwicklung für Baufinanzierungen gibt es eine Beruhigung. Sie steigen nicht mehr. „Drei Prozent Zinsen haben wir überschritten und halten ein vergleichbares Niveau auch zum Jahresende für realistisch“, sagt Dietmar Rompf, Vorstandsvorsitzender der Hüttig & Rompf AG.

20 Prozent Eigenkapitel vom Kaufpreis einbringen

Wie kann die Immobilienfinanzierung jetzt noch gelingen?

Im Vergleich zum Jahresanfang ist die Finanzierung einer Immobilie durch die gestiegenen Zinsen jetzt um bis zu 50 Prozent teurer geworden. Aber der Wunsch nach den eigenen vier Wänden ist ungebrochen. „Wir verzeichnen auch weiterhin eine rege Nachfrage nach privaten Baufinanzierungen“, sagt André Janke, Baufinanzierungsexperte der Haspa. „Allerdings denken Immobilieninteressenten vor einem Kauf jetzt länger nach.“

Wichtig ist, möglichst viel Eigenkapital in die Finanzierung einzubringen und kein überteuertes Objekt oder eines mit großem Renovierungsstau zu erwerben. Ideal sind, wenn 20 Prozent Eigenkapital vom Kaufpreis vorhanden ist und darüber hinaus ein mittlerer fünfstelliger Betrag für die Erwerbsnebenkosten. „Man sollte sich sicher sein, dass die beruflichen Perspektiven klar sind und keinen Ortswechsel erfordern“, sagt Dirk Scobel, Baufinanzierungsexperte der Verbraucherzentrale Hamburg.

Höhere Kosten für Modernisierungen

Und man muss auch zum Verzicht bereit sein, wenn es um Zweit- oder Dritturlaub und andere Ausgaben geht. „Neue Küche, Carport, Gartenneugestaltung, das kann man auch später noch realisieren. So lässt sich die Kreditsumme vielleicht etwas abspecken“, sagt Scobel.

Welchen Einfluss hat die Inflation auf die Finanzierung?

Die hohe Inflation von zuletzt 7,5 Prozent in Deutschland belastet die Budgets der potenziellen Immobilienkäufer. Der Haushaltsüberschuss, also der Anteil, der nach Abzug aller regelmäßigen Ausgaben am Ende noch übrig bleibt, wird geringer, weil Heizen, Strom, Benzin und Lebensmittel teurer werden. Gleichzeitig steigen die Baukosten, was auch für Bestandsgebäude Auswirkungen hat. Wenn noch modernisiert werden soll, müssen auch dafür höhere Kosten eingerechnet werden. Auf die Entwicklung der Immobilienpreise hat die Inflation kaum Einfluss, denn Immobilien haben mit jährlichen Preissteigerungen von bis zu zwölf Prozent ihre Inflationsphase bereits hinter sich.

Eigenheimkäufer sollten 6000 Euro Netto verdienen

Wer kann sich den Immobilienkauf noch leisten?

Entscheidend ist das Haushaltsnettoeinkommen. Die Modellrechnungen des Abendblatts (siehe Grafik) zeigen, dass es mindestens zwischen 5000 und 6000 Euro pro Monat sein sollten, um im Hamburger Umland ein Einfamilienhaus kaufen zu können. Denn die monatliche Belastung aus der Kreditrate liegt zwischen rund 1600 und 1800 Euro.

Eigenheimkäufer in Hamburg haben im Schnitt ein Haushaltsnettoeinkommen von rund 7000 Euro. Das geht aus Daten des Baugeldvermittlers Hüttig & Rompf hervor. Um aber – wie in der Beispielrechnung -- eine Eigentumswohnung mit sehr wenig Eigenkapital in Hamburg zu erwerben, ist ein noch höheres Einkommen erforderlich. Aus Sicht der Banken sollten die monatlichen Kosten für Zins und Tilgung nicht mehr als 35 Prozent des Haushaltseinkommens ausmachen. In der Modellrechnung wurden 33 Prozent angesetzt.

Das ist bei der Rechnung zu beachten

Wie wurde gerechnet?

Die drei Beispielrechnungen (siehe Grafik) gehen davon aus, dass die Käufer die Erwerbsnebenkosten aus eigener Tasche bezahlen und einen unterschiedlich hohen Anteil an Eigenkapital mitbringen. Die Nebenkosten setzen sich zusammen aus Grunderwerbsteuer, Notar- und Grundbuchkosten und einer Maklercourtage von 3,57 Prozent. Das in der Tabelle ausgewiesene Eigenkapital der Käufer enthält die Nebenkosten und den Anteil, der in die Finanzierung einfließt.

In der Beispielrechnung Hauskauf im Kreis Pinneberg steht das meiste Eigenkapital zur Verfügung, was sich auch im niedrigsten Zins niederschlägt. Die Zinsbindung beträgt in allen Beispielen 15 Jahre, die anfängliche Tilgung zwei Prozent. Das ist eher ein Minimum und den stark gestiegenen Zinsen geschuldet. „Durch die Zinsanstiege der letzten Monate ist die Belastung jetzt häufig schon hoch. Im Ergebnis sinkt die Tilgung, um die finanzielle Belastung erträglich zu halten“, sagt Rompf.

Kreditlaufzeit von 15 bis 20 Jahren empfohlen

Was muss man beachten?

Die Erwerbsnebenkosten dürfen nicht unterschätzt werden. Sie fallen im Kreis Pinneberg am höchsten aus, obwohl dort nicht die teuerste Immobilie gekauft wird. Das liegt an der hohen Grunderwerbsteuer von 6,5 Prozent. Für die Kreditlaufzeit rät Verbraucherschützer Scobel: „Gerade in Zeiten steigender Zinsen sollte man eine Zinsbindung von mindestens 15, besser 20 Jahren wählen.“ Nach 20 Jahren ist erfahrungsgemäß etwa die Hälfte der Schulden getilgt. Selbst wenn in der Anschlussfinanzierung ein doppelt so hoher Zins gezahlt werden muss, würde sich die monatliche Belastung nicht erhöhen.

Wie gehen die Banken jetzt vor der Kreditvergabe vor?

Bei der Prüfung der finanziellen Leistungsfähigkeit eines Kreditnehmers gehen viele Finanzinstitute jetzt von bis zu 200 Euro höheren Lebenshaltungskosten pro Monat aus. Das bedeutet, dass sich der Haushaltsüberschuss um diese Summe reduziert und weniger Spielraum für die monatliche Kreditrate bleibt. Finanzierungen mit wenig Eigenkapital sind aber weiter möglich, wie das Beispiel des Kaufs einer Eigentumswohnung in Hamburg zeigt. Die Haspa würde nach dem Kreditvergleich der FMH-Finanzberatung (www.fmh.de) den Kauf zu einem Zins von 3,52 Prozent finanzieren und die PSD Bank Nord zu 3,58 Prozent. 30 Kreditinstitute und Baugeldvermittler sind zu einer Finanzierung bereit. 15 dieser Anbieter bleiben unter 3,60 Prozent.

Immobilien: Enorme Unterschiede bei Zinskosten

Wie findet man die günstigsten Kreditkonditionen?

Finanzierungsangebote gibt es von Banken und sogenannten Baugeldvermittlern wie Interhyp, Baufi24 oder Dr. Klein. Diese Kreditvermittler vergleichen die Angebote von bis zu 500 Geldinstituten. Aber nicht jede regionale Bank ist dabei vertreten. Die genannten Vermittler unterhalten auch Filialen, in denen eine Beratung wie bei der Hausbank möglich ist.

„In jedem Fall ist es ratsam, mehrere Finanzierungsangebote einzuholen“, rät Verbraucherschützer Scobel den Kunden. Denn es geht um mehrere Zehntausend Euro Zinskosten, die während der gesamten Laufzeit gespart werden können. Das Beispiel des Kaufs der Eigentumswohnung in Hamburg zeigt auch: Ob sie bei der ING (Effektivzins 3,43 Prozent) oder bei der Postbank (4,10 Prozent) finanziert wird, bedeutet einen riesigen Unterschied. Nach 15 Jahren hätte ein Postbankkunde rund 54.000 Euro mehr zurückgezahlt. Selbst wenn die Zinsdifferenz kleiner ausfällt, ist der Unterschied bei den Zinskosten letztlich enorm.

Gibt es auch einen Vorteil durch höhere Zinsen?

Es klingt kurios, aber: Mit höheren Zinsen ist die Immobilie schneller abbezahlt. Das liegt am sogenannten Annuitätendarlehen. Bei ihm ist die Monatsrate konstant hoch. Aber mit jeder Zahlung wird der Anteil, der für den Zins gezahlt werden muss geringer und mehr Geld fließt in die Tilgung. Das zeigt das Beispiel Kauf eines Einfamilienhauses im Landkreis Lüneburg.

Bei einem Zinssatz von 3,11 Prozent, wie er aktuell verlangt wird, beträgt die Restschuld nach 15 Jahren knapp 240.000 Euro. Hätte der Käufer den Kredit im Februar dieses Jahres mit dem damals üblichen Zins von 1,50 Prozent aufgenommen, wäre die Restschuld nach 15 Jahren um knapp 27.000 Euro höher.