In einigen Hamburger Stadtteilen sind die Preisrückgänge besonders dramatisch. Studie zeigt, was Interessenten zahlen müssen.

  • Makler-Studie untersucht Entwicklung der Immobilienpreise in 23 Hamburger Stadtteile
  • In einigen Stadtteilen wie Rahlstedt ist der Preisrückgang dramatisch
  • Wo es noch stabile Preise gibt

Die Wende bei den Immobilienpreisen in Hamburg hat offenbar früher eingesetzt als bisher angenommen. In 23 untersuchten Hamburger Stadtteilen erreichten die Durchschnittspreise bei Einfamilienhäusern und Eigentumswohnungen aus dem Bestand ausnahmslos bereits im Jahr 2021 ihren bisherigen Höhepunkt.

Das betrifft zentrale Stadtteile wie Winterhude, HafenCity und Ottensen ebenso wie Randlagen in Rahlstedt, Farmsen-Berne oder Neugraben-Fischbek. Auch in 15 untersuchten Orten im Umland zeigt sich diese Entwicklung. Das geht aus Preisdaten des Hamburger Maklers Grossmann & Berger hervor.

Immobilien Hamburg: So stark fallen die Hauspreise

Demnach setzten bereits 2022 deutliche Preisrückgänge ein, die sich laut Prognose der Immobilienexperten 2023 fortsetzen werden. In welchen Stadtteilen gibt es die höchsten Preisrückgänge?

Welche Lagen sind relativ stabil? Wie ist die Preisentwicklung im Umland? Das Abendblatt beantwortet die wichtigsten Fragen zu den Preistrends für 2023.

Immobilien Hamburg: Warum wurde die Preiswende nicht früher bemerkt?

Viele Studien zur Preisentwicklung beruhen auf Angebotspreisen aus Immobilienportalen. Auf dieser Basis wurden erstmals im dritten Quartal 2022 geringe Preisrückgänge von ein bis drei Prozent für Hamburg bekannt. Verkäufer haben die Hoffnung, die Höchstpreise der Vergangenheit noch erzielen zu können, deshalb zeigen die Angebotspreise in den Anzeigen noch nicht die veränderte Lage am Immobilienmarkt.

In die Preisdaten von Grossmann & Berger sind dagegen auch die Ergebnisse aus eigenen Verkaufs­abschlüssen eingeflossen. Die Preisdaten liegen daher nur für Stadtteile, in denen Grossmann & Berger eigene Shops hat oder in denen es viele Verkäufe gab.

Immobilien Hamburg: In welchen Stadtteilen sind die Preisrückgänge am höchsten?

Bei den Einfamilienhäusern aus dem Bestand gibt es die höchsten Preisrückgänge in Rahlstedt (15,8 Prozent), Neugraben-Fischbek (14 Prozent), Billstedt (12,8 Prozent) und Bergedorf (12,6 Prozent). Auch Eigentumswohnungen sind vor allem in den Randlagen von Preisrückgängen betroffen: Rahlstedt (13,3 Prozent), Jenfeld (12,6 Prozent), Schnelsen (12 Prozent) und Neugraben-Fischbek (11,5 Prozent).

Bei den Eigentumswohnungen handelt es sich um ein Objekt in guter Lage und guter Ausstattung mit drei Zimmern auf 80 Quadratmetern Wohnfläche. In sieben von 23 untersuchten Stadtteilen beträgt der Preisrückgang seit 2021 mehr als zehn Prozent. Sieht man von Schnelsen ab, sind der Osten und der Süden Hamburgs am stärksten betroffen. Das liegt auch daran, dass die Preise dort in den vergangenen Jahren besonders stark gestiegen sind, weil andere Lagen für viele Käufer zu teuer geworden waren.

So waren nach dem jüngsten Preisatlas der LBS Bausparkasse Schleswig-Holstein-Hamburg die Häuserpreise in Neugraben-Fischbek in den letzten fünf Jahren um 86 Prozent gestiegen, in Billstedt sogar um 94 Prozent. In Langenhorn, Bergedorf, Billstedt, Rahlstedt und Eißendorf werden die Quadratmeterpreise für Einfamilienhäuser 2023 voraussichtlich unter 4000 Euro erreichen, nachdem sie 2021 diese Marke überschritten hatten. Bei Eigentumswohnungen gilt das für Schnelsen, Jenfeld und Rahlstedt.

Immobilie kaufen: Wo in Hamburg ist der Preisrückgang am geringsten?

„In Premiumlagen an Alster und Elbe sind die Preise weitestgehend stabil“, sagt An­dreas Gnielka, Geschäftsführer von Grossmann & Berger. In Blankenese und Othmarschen liegen die Preisrückgänge bei Einfamilienhäusern bei lediglich zwei Prozent. In Winterhude sind es 3,4 Prozent. Als wertstabil erweisen sich Eigentumswohnungen in der HafenCity mit einem Preisrückgang von 2,4 Prozent, gefolgt von Winterhude, Blankenese und Othmarschen mit jeweils 2,6 Prozent.

Wie entwickeln sich die Wohnungs- und Hauspreise im Hamburger Umland?

Am schlechtesten schneidet bei den Einfamilienhäusern Oststeinbek ab. Nachdem die Preise 2022 im Schnitt schon um 15,1 Prozent gesunken sind, erwarten die Experten von Grossmann & Berger 2023 einen weiteren Rückgang von 5,9 Prozent, so dass sich in der Summe ein Minus von 21 Prozent ergibt.

Auch in Henstedt-Ulzburg, Quickborn und Börnsen/Escheburg liegen die Preisrückgänge seit 2021 zwischen 16 und 17 Prozent. Insgesamt gibt es in elf von 15 Umland-Lagen Preisrückgänge von mehr als zehn Prozent. Der Preisrückgang bei Eigentumswohnungen im Umland fällt etwas geringer aus. Fast alle Städte bleiben unter der Marke von minus zehn Prozent.

Am stärksten geben die Preise in Pinneberg, Quickborn, Ahrensburg und Ammersbek (rund neun Prozent) nach. Möglicherweise steht bei Eigentumswohnungen die energetische Situation der Immobilie noch nicht so im Fokus der Käufer wie bei einem Einfamilienhaus, da in der Regel bei Besichtigungen weniger auf das Gemeinschaftseigentum geachtet wird.

Dazu gehören etwa Heizungsanlage oder Dämmung des Gebäudes. Doch beobachtet Gnielka eine „Kaufzurückhaltung bei Wohnungen älterer Baujahre mit größerem energetischen Sanierungsbedarf“. Da sich aber die Preisdaten auf Immobilien in guter Lage mit guter Bausubstanz beziehen, spielt dieser Aspekt noch keine so große Rolle.

Immobilie kaufen: Sind noch größere Preisrückgänge möglich?

Bei Objekten mit einem erhöhten Energieverbrauch ist das durchaus möglich. „In den letzten Jahren war in den meisten Lagen der Nachfrageüberhang so groß, dass die Energieeffizienz der Immobilien bei Käufern nur eine untergeordnete Rolle spielte“, sagt Gnielka. Zudem waren die Energiekosten sehr günstig. Dementsprechend wurde auch vergleichsweise wenig investiert.

Dies räche sich nun, da der energetische Zustand sich von einem zweitrangigen zu einem besonders wichtigen Kriterium für Käufer entwickelt habe, so der Immobilienexperte. „Aktuell haben wir aber einen enormen Sanierungsrückstau im Bestand, der auf Lieferengpässe, steigende Materialkosten und Handwerkermangel trifft. Vor diesem Hintergrund sind Preisabschläge für Immobilien mit großem energetischen Modernisierungsbedarf für die Jahre 2022 und 2023 zusammen im Bereich von bis zu 35 Prozent zu beobachten.

Welche Ursachen hat die Preiswende am Immobilienmarkt?

Trotz über einen langen Zeitraum kräftig steigender Immobilienpreise blieb die Einkommensbelastung eines Immobilienkredits in den vergangenen Jahren weitgehend stabil. „Dabei stiegen die Preise durchgängig schneller als die Mieten und trieben so die Marktbewertung auf ein enorm hohes Niveau“, sagt Thorsten Lange von der DZ Bank, dem Spitzeninstitut der Genossenschaftsbanken.

„Der Immobilienboom hatte seinen Zenit ohnehin erreicht, mit dem Ukraine-Krieg kam das Ende abrupt. Der Hauptgrund ist der steile Zinsanstieg als Folge der hohen Inflation.“ Dadurch können sich viele Haushalte eine Immobilienfinanzierung nicht mehr leisten. Gemessen an einer 15-jährigen Zinsbindung hat sich die monatliche Finanzierungsrate seit Anfang 2022 fast verdoppelt. „Ein zusätzlicher Schock am Immobilienmarkt sind die durch die Energiekrise stark gestiegenen Nebenkosten, die auf absehbare Zeit deutlich höher sein werden als 2021. Der Wohnimmobilienmarkt war auf diese Krisen nicht vorbereitet und reagierte in Teilbereichen mit Lähmung“, sagt Gnielka.

Neben sinkenden Preisen dauert auch der Verkauf von Haus oder Wohnung immer länger. Quis, Deutschlands größte Datenbank für den Wohnungsmarkt aus Hamburg, hat die Vermarktungsdauer für Einfamilienhäuser und Eigentumswohnungen in den zehn größten Städten Deutschlands untersucht. Danach liegt der Anstieg der Vermarktungsdauer in Hamburg mit knapp 36 Prozent mit am höchsten. Nur in Stuttgart war der Anstieg im untersuchten Zeitraum von September 2021 zu September 2022 mit 37 Prozent noch höher. In Hamburg dauert es jetzt im Schnitt 114 Tage, bis eine Immobilie verkauft ist.

Haus kaufen Hamburg: Was sagen die Preisdaten in der Grafik aus?

Die Prozentzahl gibt den Rückgang der Preise seit 2021 an. Der Wert enthält den bereits 2022 registrierten Preisrückgang und die Prognose über weitere Preisreduzierungen in diesem Jahr. Der durchschnittlich erzielbare Kaufpreis pro Qua­dratmeter Wohnfläche ist eine Schätzung für 2023.

Beispiel Rissen: Einfamilienhäuser aus dem Bestand in guter Wohnlage mit 130 Quadratmeter Wohnfläche und lagetypischer Grundstücksgröße haben sich bereits 2022 um 6,3 Prozent verbilligt. Für 2023 wird ein weiterer Rückgang um 3,4 Prozent erwartet, was in der Summe 9,7 Prozent ergibt. Für 2023 wird mit einem Quadratmeterpreis von 5700 Euro je Quadratmeter Wohnfläche gerechnet. 2021 lag der Durchschnittswert noch bei 6300 Euro.