Hamburg. Das beste Quartalsergebnis der Firmengeschichte dürfte gelegen kommen. Denn es gibt Überlegungen, Anteile abzugeben.
Ist es ein perfekter Start auf dem Weg zurück in die Zeiten des lange gewohnten Wachstums? Oder eine schwere Hypothek, weil man in der Zukunft an diesen Erfolg anknüpfen muss? Am 1. Juli löste Sören Stark nach drei Jahren im Vorstand Johannes Bußmann als Chef von Lufthansa Technik ab. Knapp vier Monate später werden am Donnerstag für das Hamburger Unternehmen Rekordzahlen verkündet – allerdings übernimmt das nicht Stark, sondern mit Carsten Spohr traditionell der Vorstandsvorsitzende des Mutterkonzerns Lufthansa.
Lufthansa Technik mit bestem Quartalsergebnis der Firmengeschichte
„Mit dem Adjusted Ebit von 177 Millionen Euro erreichte Lufthansa Technik das beste Quartalsergebnis der Firmengeschichte“, sagt Spohr bei der Vorstellung der Quartalszahlen. Der operative Gewinn lag 19 Prozent höher als im Vorjahreszeitraum. In den ersten neun Monaten wurden diese Gewinngröße sogar um 40 Prozent auf 397 Millionen Euro gesteigert.
Und auch für den Rest des Jahres legt Spohr die Latte hoch: „Für das Gesamtjahr sind die Kollegen ebenfalls zuversichtlich, das Rekordergebnis von 463 Millionen Euro aus dem Jahr 2019 zu übertreffen.“ Zweieinhalb Jahre nach dem Beginn der Corona-Pandemie scheint der Weltmarktführer für Reparatur, Wartung und Überholung von Flugzeugen den Krisenmodus verlassen zu haben.
Lufthansa Technik holt verschobene Aufträge nach
Rückblick: Das Coronavirus trifft das Unternehmen wie die Branche und damit Hamburg als drittgrößten zivilen Luftfahrtstandort weltweit hart. Der Flugverkehr bricht nahezu zusammen. Den Airlines fehlen Einnahmen aus dem Ticketverkauf. Airbus liefert dadurch weniger Flieger an seine (klammen) Kunden aus. Lufthansa Technik erhält keine Aufträge mehr, weil die Flugzeuge am Boden bleiben und die Fluglinien Kosten reduzieren müssen. In den vergangenen Monaten hat sich dieses Bild gewandelt. Die Luftfahrt legt wieder zu, auch wenn das Vor-Corona-Niveau noch nicht erreicht ist.
Man sei enorm gewachsen, auch international, sagt Lufthansa-Technik-Sprecher Jens Krüger unserer Redaktion. Aufträge, die während der Pandemie aus Kostengründen verschoben wurden, würden nun nachgeholt. „Wir bieten technische Zuverlässigkeit, gute Qualität, und das offenbar auch noch zu attraktiven, marktfähigen Preisen“, zählt Krüger Gründe dafür auf.
Der Umsatz stieg in den ersten neun Monaten um 46 Prozent auf 4,01 Milliarden Euro. Beim Gewinn profitiere man davon, dass man noch in der Wachstumsphase vor Corona viel Geld in neue Flugzeugmuster investiert habe und das Unternehmen nun schlanker aufgestellt sei – dies geschah allerdings auch durch kräftigen Personalabbau.
Lufthansa Technik beschäftigt 8940 Mitarbeiter in Hamburg
So wurde im Sommer 2020 300 vor allem jungen Beschäftigten gekündigt, die noch in der Probezeit waren – eine Massenentlassung. Zudem wurde Personal durch Altersteilzeit, freiwillige Fluktuation und altersbedingtes Ausscheiden reduziert. Mit derzeit 8940 Mitarbeitern beschäftige man in Fuhlsbüttel noch 150 Menschen weniger als vor einem Jahr, obwohl man händeringend Personal suche und einstellen wolle, so Krüger. Eine dreistellige Zahl an Stellen sei frei.
Ein wesentlicher Anteil für das gestiegene Ergebnis beruht allerdings auch auf Währungseffekten. In der Branche wird in US-Dollar abgerechnet. Als die Jahresprognose aufgestellt wurde, notierte der Dollar noch bei mehr als 1,15 Euro. Nun ist es teilweise weniger als ein Euro – unterm Strich erhält Lufthansa Technik also mehr Euro als zuvor geplant.
Lufthansa Technik bereitet sich auf Teilverkauf oder Börsengang vor
Auch für das Gesamtjahr ist man optimistisch, das Ergebnis soll bei bis zu 500 Millionen Euro liegen, sagt Krüger. Im Vorjahr waren es 210 Millionen Euro.
Der Ergebnissprung dürfte dem Konzern überaus gelegen kommen. Denn seit Längerem gibt es Überlegungen, Anteile an Investoren abzugeben. „Bei Lufthansa Technik bereiten wir uns auf einen partiellen Verkauf oder Teilbörsengang im Jahr 2023 vor“, so Lufthansa-Finanzchef Remco Steenbergen. Mehr Details gab es dazu nicht. Außer, dass das Interesse an dem Unternehmen groß sei, so Steenbergen.
Aufträge für knapp acht Milliarden Euro
Dabei dürfte auch behilflich sein, dass Lufthansa Technik vor Kurzem einen Auftrag mit dem US-Investor Indigo Partners abschloss. 1000 Flugzeuge dessen Airlines Wizz Air, Volaris und Frontier werden künftig betreut.
Auch Condors A330neo-Flotte wurde unter Vertrag genommen. Der Wert der abgeschlossenen Verträge liege mit knapp acht Milliarden Euro bereits zum jetzigen Zeitpunkt fast auf dem für das ganze Jahr geplanten Niveau, heißt es in einer Mitteilung an die Beschäftigten, die unserer Redaktion vorliegt.
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Lufthansa-Chef Spohr zeigt sich mit der Entwicklung des Konzerns, der während der Pandemie mit Staatsgeldern gerettet werden musste, zufrieden: „Wirtschaftlich gesehen haben wir einen sehr starken Sommer hinter uns.“ Der Umsatz wurde im dritten Quartal bei 10,1 Milliarden Euro nahezu verdoppelt, der operative Gewinn auf 1,1 Milliarden Euro in etwa vervierfacht.
Eurowings-Streik belastet Lufthansa-Ergebnis
Belastend wirkten sich dabei die Folgen von Warnstreiks aus. Allein mit 30 Millionen Euro schlage der dreitägige Pilotenausstand bei der Billigflugtochter Eurowings im Oktober zu Buche. Dies sei mehr, als die Airline verkraften könne. Das Management konterte und kappte die Wachstumspläne für Eurowings Deutschland.
Die Piloten fordern nicht mehr Geld, sondern mehr Freizeit, was indirekt die Kosten hochtreibt. Dadurch würden weniger Strecken profitabel, man brauche weniger Flugzeuge und damit weniger Personal, argumentiert Spohr und sagt in Richtung der Pilotengewerkschaft Vereinigung Cockpit. „Ich glaube, diese Botschaft wurde verstanden. Und sie reden nun über die nächsten Schritte.“
In den ersten neun Monaten lag der operative Gewinn mit 934 Millionen Euro wegen der schwachen Vorquartale etwas niedriger im Quartal. Aber trotz des stets saisonal schwierigen Schlussquartals wurde die Ergebnisprognose auf mehr als eine Milliarde Euro fürs Gesamtjahr erhöht.
Lufthansa Technik froh über Kühnes Vertrauen
Derzeit seien 650 Flugzeuge wieder in der Luft, im nächsten Sommer sollen es mehr als 700 sein – darunter auch wieder das größte Passagierflugzeug der Welt. „Wir beabsichtigen, drei A380 im nächsten Juni nach München zu holen“, sagt Spohr. Und dies sei erst der Anfang.
Mit der erwarteten steigenden Nachfrage der Passagiere werde man die Zahl der Riesen-Airbusse nach dem Langzeitparken weiter erhöhen. Man arbeite noch an Details der Planungen, aber drei würden nicht genug sein. „Unsere Passagiere lieben sie und wollen sie fliegen“, sagt Spohr zu dem im Sommer angekündigten Comeback des A380. Die Kranich-Linie besitzt 14 dieser Flieger, hat sechs aber an Airbus verkauft und im Gegenzug den Großraumjet A350 bestellt.
Für den neuen Großaktionär Klaus-Michael Kühne, der 17,5 Prozent der Lufthansa-Anteile hält, findet der Lufthansa-Chef positive Worte. „Dass er Vertrauen in Lufthansa und unsere Zukunft hat, ist großartig für dieses Unternehmen und sendet ein sehr starkes Signal“, sagt Spohr. Der nächste logische Schritt sei ein Sitz im Aufsichtsrat für einen Interessenvertreter des Mehrheitseigner der Spedition Kühne+Nagel, der Hamburger Wurzeln hat.