Hamburg. Das Hamburger Start-up Fainin bringt Mieter und Vermieter von Alltagsgegenständen zusammen. Doch noch gibt es einen Haken.
Die Idee ist nicht ganz neu, und schon mehrere Unternehmen sind in Deutschland daran gescheitert, sie zu einem profitablen Geschäftsmodell zu entwickeln. Doch Maximilian Lehmann und Johann Lißner sind überzeugt davon, dass ihnen das gelingen wird.
„Wir wollen das Mieten und Vermieten von Alltagsgegenständen so einfach und so sicher machen wie das Verleihen unter Freundinnen und Freunden“, sagen die beiden aus Hamburg.Von einem WG-Zimmer nahe der Mühlenkampbrücke in Winterhude aus steuern sie die Miet- und Vermietplattform Fainin.
Start-up Hamburg: "Teilen ist das neue Haben"
Die Internetseite und die Smartphone-App sind seit Ende März freigeschaltet. Das Firmenmotto lautet „Teilen ist das neue Haben“, das Logo ist ein Bumerang. „Den gibt man ja auch aus der Hand und bekommt ihn dann wieder“, sagt Lehmann.
Fainin und seine Chefs verstehen sich als Teil der sogenannten Sharing Economy, der Wirtschaft rund um die gemeinsame Nutzung von Gegenständen als Alternative zum Kauf eines Produkts, das dann womöglich eher selten genutzt wird.
Start-up Hamburg: SUP-Board für 8 Euro am Tag
Die Plattform führt private Vermieter und Mieter zusammen, wickelt die Transaktion ab – und sichert sie für beide Seiten ab. Mehr als 1100 Artikel werden derzeit zur Miete angeboten, gut 400 davon in Hamburg. Das Spektrum reicht von der Rohrzange für 1,50 Euro am Tag bis zum Schlauchboot mit Außenbordmotor zum Tagessatz von 90 Euro. Ein Stand-up-Paddling-(SUP-)Board lässt sich für 8 Euro am Tag oder 25 Euro pro Woche leihen, für ein Drei-Personen-Zelt werden vom Vermieter 30 Euro pro Woche aufgerufen.
Besonders groß ist derzeit das Angebot bei Kameras, Objektiven und Fotozubehör sowie bei Musik- und Lichtanlagen für Partys. Eine der jüngsten Transaktionen in Hamburg: Der Verleih einer Thermomix-Küchenmaschine für drei Tage und 78 Euro Miete.
Start-up Hamburg: "Technologie deutlich weiterentwickelt"
Warum aber sollte dem Fainin-Team, zu dem mit Kevin Mattutat ein dritter Teilhaber im operativen Geschäft gehört, gelingen, woran andere bereits gescheitert sind? So stellte eine in Hamburg entwickelte Sharing-Plattform namens Why own it (Warum es besitzen?) bereits 2015 nach drei Jahren den Betrieb wieder ein. Für Frents aus Berlin war 2020 nach gut zehn Jahren Schluss. Beide versuchten – wie Fainin – private Mieter und Vermieter zusammenzubringen. Doch das Angebot an Artikeln blieb letztlich zu klein.
„Die Technologie hat sich seitdem deutlich weiterentwickelt, ist jetzt viel effizienter“, sagt Lißner mit Blick auf die gescheiterten Vorgänger. So müssen sich Mieter und Vermieter bei Fainin zunächst mit Personalausweis, Reisepass oder Führerschein registrieren, ein Partnerunternehmen überprüft die Identität. Danach können App und Internetseite genutzt werden.
Start-up Hamburg: Bisher mehr als 100 Transaktionen
Haben Mieter und Vermieter sich auf ein Geschäft geeinigt, fließt das Geld zunächst an Fainin, bei Übergabe des Artikels weiter an den Vermieter. Über- und Rückgabe organisieren beide Seiten selbst. Dabei müssen jeweils mindestens zwei Fotos von eventuell vorhandenen Schäden hochgeladen werden. Das ist ein zentraler Punkt im Fainin-Konzept, denn Leihe und Verleihe sind mit einer Haftpflichtversicherung der Ergo abgesichert.
Das soll insbesondere den Vermietern die Sorge nehmen, einen verliehenen Gegenstand beschädigt oder gar nicht zurückzubekommen. Die Versicherung, heißt es, erstatte den Wiederbeschaffungswert.
Mehr als 100 Transaktionen seien bislang abgeschlossen worden, sagen Lehmann und Lißner. Fainin erhält dafür eine Provision. „Von beiden Seiten jeweils 15 Prozent.“ Für einen Artikel zur Tagesmiete von 10 Euro zahlt der Mieter also letztlich 11,50 Euro, der Vermieter erhält 8,50 Euro. Aus der Provision zahlt das Unternehmen die Versicherungsprämie.
Start-up aus Hamburg will Firmen ins Boot holen
Die privaten Anbieter von Mietartikeln sind aktuell jedoch deutlich in der Unterzahl. „Von den derzeit etwa 5000 registrierten Nutzern sind um die 90 Prozent potenzielle Mieter“, sagt Lißner. Richtig gut funktionieren werde das Konzept aber nur, wenn möglichst viele mitmachen und vermieten. „Ein Mieter muss die Chance haben, seinen Wunschartikel im Umkreis von zwei, drei, vier Kilometern zu finden.“ Diesen Anspruch führt das Unternehmen auch im Namen. Fainin ist die Abkürzung von „Find anything in the neighborhood“ (Finde alles in der Nachbarschaft).
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Um eine „kritische Masse“ von Mietartikeln anbieten zu können, wie Lehmann es nennt, setzen er und seine Kompagnons nun verstärkt darauf, Unternehmen als Anbieter zu gewinnen. Dabei haben sie sowohl Firmen im Blick, die jetzt schon vermieten als auch solche, die ihre zeitweise nicht genutzten Geräte zu einer Einnahmequelle machen wollen.
Start-up Hamburg: Zuschuss von über 100.00 Euro
„Letztlich wird es darauf hinauslaufen, dass es sowohl private als auch kommerzielle Anbieter geben wird“, sagt Lehmann. So hält es auch die auf Kameras und Zubehör spezialisierte Vermittlungsplattform und Sharing-Community gearo.de aus Köln, die nach eigenen Angaben mehr als 20.000 registrierte Nutzer hat. Paulcamper.de vermittelt schon seit Jahren die Vermietung von Wohnmobilen von privat zu privat.
Dass so etwas auch mit einer Plattform für ganz unterschiedliche Artikel zum Erfolg werden kann, daran glauben nicht allein die drei Mittzwanziger von Fainin. Die Deutsche Bundesstiftung Umwelt fördert das Unternehmen noch bis Ende des kommenden Jahres mit insgesamt gut 117.000 Euro. Zudem seien drei Business Angels eingestiegen, heißt es. Und auch die drei ursprünglichen Gründer sind noch beteiligt.
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Fainin hat eine wechselvolle Geschichte hinter sich. Erstmals ging die Plattform 2018 von Berlin aus an den Start, wurde im ersten Pandemie-Jahr aber wieder abgeschaltet. Der Neustart wird nun von Hamburg aus gelenkt.
Start-up Hamburg: Modell in Schweden bereits erfolgreich
In anderen europäischen Ländern entwickeln sich die Plattformen für den Verleih von Alltagsgegenständen aller Art von privat zu privat deutlich geradliniger. So übernahm zum Beispiel Hygglo aus Schweden vor wenigen Wochen den erst vor sechs Jahren gegründeten britischen Rivalen Fat Llama. Die Schweden zahlten umgerechnet 41 Millionen Euro – und kündigten an, in alle europäischen Länder expandieren zu wollen.