Hamburg. Teilen statt besitzen finden viele Menschen eine gute Idee. Mitmachen offenbar noch nicht. Das Hamburger Start-up „Why own it“ gibt nun auf.

Vom Teilen hat Philip Gloeckler erst einmal genug – jedenfalls als Geschäftsfeld. Seine Verleih-App „Why own it“, mit der Menschen seit 2012 über ihre Smartphones Dinge untereinander leihen und verleihen können, hat er aus dem App-Store genommen. Jetzt wurde in Hamburg der Server abgestellt.

„Alle fanden unsere Idee toll, auch in den Medien kamen wir richtig gut an und waren in fast jedem Beitrag über die Sharing Economy erwähnt“, sagt Gloeckler. „Aber leider hat das Konzept bei weitem nicht so gut funktioniert, wie es aussah.“ Etwas gut zu finden, heiße eben dann doch nicht, es dann auch wirklich umsetzen – in diesem Fall, sich die kostenlose App herunterzuladen und dann auch wirklich mit Menschen im Umkreis zu teilen.

Eine Analyse des Scheiterns einer Sharing-App in Zeiten eines vieldiskutierten Sharing-Trends hat der Hamburger auf der Internetseite der für die Verleih-App gegründeten „Why own it GmbH“ veröffentlicht. Schon nach 24 Stunden hatten 20.000 Menschen seinen Beitrag gelesen, sein Telefon steht nicht still, das Postfach quillt über: mit Lob für die gute Idee, Bedauern über ihr Scheitern – aber auch mit Kaufangeboten. „Vielleicht macht ja doch noch jemand das Airnbnb für Produkte aus meiner Idee.“

Anders als beim globalen Privatunterkünfte-Vermittler Airnbnb gab es bei „Why own it“ von Anfang an ein Ungleichgewicht bei Angebot und Nachfrage: „Es wollte kaum jemand etwas verleihen, sondern wenn, dann etwas ausleihen“, sagt Gloeckler. Dreimal haben er und seine Kollegen die App umgestaltet, die zunächst für die Anwendung unter Freunden gestaltet war und dann auf Nachbarn ausgeweitet wurde und eine Übersichtskarte bekam. „Wir haben die kritische Masse trotzdem nicht erreicht.“

Das geschieht allerdings vielen Start-ups, sagt der Wirtschaftswissenschaftler Daniel Veit, der an der Uni Augsburg zur Sharing Economy forscht. Gerade bei einem Angebot zum Teilen und Tauschen hänge viel an der Benutzerzahl, da passende Angebote mit wenigen Teilnehmern unwahrscheinlicher sind. „Der Trend zur Sharing Economy ist aber ungebrochen“, sagt der Professor. Es entstünden laufend neue Start-ups mit neuen Ideen – „auch in Deutschland, wo der Markt etwas schwieriger ist.“

46 Prozent der Deutschen sind zum Teilen bereit, zeigen Umfragen. „Das ist noch relativ wenig“, sagt Veit. Denn: Bereitschaft heißt nicht zwangsläufig Handeln. In Deutschland gebe es zudem eine ausgeprägte Eigentumskultur, was Verleih-Bereitschaft bei Dingen verringere. „Dass jemand das Auto mit einer Macke zurückbringen könnte, bedeutet hier einfach mehr als in anderen Ländern.“ Die neue Wirtschaftsform entwickele sich gerade erst, Scheitern sei da normal.

Den sichtbarsten wirtschaftlichen Erfolg haben die umstrittenen Branchenriesen Uber oder Airnbnb. Für Veit sind sie eigentlich keine Sharing-Unternehmen, sondern „Unternehmen mit einem cleveren digitalen Geschäftsmodell“. Privatleute vermieten gegen Geld, die Plattform-Betreiber bekommen 20 Prozent davon – und weil die Vermieter Privatleute sind, entfalle das unternehmerische Risiko. Mit der Idee der Sharing Economy, dass alle weniger besitzen und dafür mehr teilen, habe das aber wenig zu tun. „Hier geht es um Gewinnmaximierung.“

Auf Mietmodelle wird in dem weiten Feld der Sharing Economy aber immer häufiger auch von kleineren Unternehmen gesetzt. Unter dem Motto „Mieten statt besitzen“ werden Angebot und Nachfrage zusammengebracht. Erfolg stellt sich aber auch hier nur dann ein, wenn viele mitmachen und die technische Oberfläche gut benutzbar ist.

„Die Masse der Nutzer sind keine IT-Spezialisten und wollen Apps und Plattformen auf den ersten Blick verstehen, sonst sind sie gleich wieder weg“, sagt Veit. Die Benutzbarkeit sei zentral, aber auch die Schnelligkeit, eine gute Idee gut umzusetzen. „Es gibt viel Konkurrenz, und die Branchengrößen haben die Messlatte sehr hoch gehängt.“