Hamburg. Das Abendblatt hat nachgefragt: Wie planen Airbus, Aurubis, Beiersdorf oder der Flughafen für die nächsten Krisen-Monate?
Nicht nur Privatpersonen und Behörden müssen ihren Energieverbrauch in den kommenden Monaten einschränken – auch viele Unternehmen prüfen, welche Einsparpotenziale sie haben. Denn schließlich lassen sich so Kosten sparen. Firmen wie das Hamburger Stahlwerk von ArcelorMittal sehen sich mit Blick auf die hohen Energiekosten sogar dazu gezwungen, Teile ihrer Produktion abzuschalten (Abendblatt berichtete).
Energiekrise: Auch Politik macht Druck auf Firmen
„Der extreme Preisanstieg bei Gas und Strom macht es uns unmöglich, weiter profitabel zu arbeiten“, hieß es dazu vor Kurzem von dem Industriebetrieb aus Hamburg. Auch die Politik macht langsam Druck auf Firmeninhaber. So müssen zum Beispiel im Einzelhandel Leuchtreklamen ab 22 Uhr ausgeschaltet werden, und Türen von beheizten Geschäften dürfen nicht mehr den ganzen Tag lang offenstehen.
Das Abendblatt hat bei großen Unternehmen in der Stadt nachgehakt, wie ihre Pläne für die kommenden Monate aussehen. Aus den Antworten lässt sich ablesen, dass die Krisenmanager in den Betrieben mit Hochdruck an Maßnahmen arbeiten, die zum Energiesparen beitragen und dabei helfen sollen, ohne allzu große Probleme durch den Winter zu kommen.
Energiekrise: Airbus prüft Änderung der Schichten
Der Flugzeugbauer Airbus arbeitet nach eigenen Angaben aktuell an Plänen und Szenarien zum Energiesparen, die noch mit Behörden und Sozialpartnern erörtert werden. So solle sichergestellt werden, „dass sie mit den nationalen Planungen und Anforderungen vereinbar sind“, sagte ein Airbus-Sprecher.
Zu den Maßnahmen, die derzeit geprüft werden, gehören unter anderem neue Arbeitsschichten zur Verringerung des Spitzenstrombedarfs, die Privatisierung der Gasversorgung und die Anpassung der Heiztemperatur. Was das konkret bedeutet, ließ der Sprecher auf Nachfrage offen. Man befinde sich noch in internen Abstimmungsprozessen.
Energiekrise: Aurubis will autark werden
Um den Verbrauch von Erdgas einzusparen, prüft Aurubis zurzeit den Umstieg auf alternative Energieträger an den einzelnen europäischen Standorten. „Je nach Standort gibt es verschiedene Szenarien, welche Gasmengen wir einsparen können, bis hin zur kompletten Substitution“, sagte Meino Hauschildt, Sprecher des Kupferkonzerns. Dabei könne auf Strom oder Öl(-derivate) umgestellt werden.
„Darüber hinaus investieren wir stark in Projekte zur Eigenstromerzeugung“, ergänzte Hauschildt. Ein Beispiel sei die größte firmeneigene Fotovoltaikanlage Bulgariens am Aurubis-Standort in Pirdop. Hier seien weitere Ausbaustufen geplant. Denn es sei das Ziel, am bulgarischen Standort 20 Prozent des Energiebedarfs bis 2030 aus eigenen erneuerbaren Quellen zu decken.
Energiekrise: Asklepios prüft Temperaturanpassung
Bei dem Klinikbetreiber wird diskutiert, ob die Büro- und Arbeitszimmer sowie Flure weniger beheizt werden. „Wir prüfen derzeit, ob und wie sich die Temperaturen in klimatisierten Räumen und Bereichen anpassen lassen“, sagte Sprecher Mathias Eberenz.
Davon ausgenommen seien aber auf jeden Fall Operationssäle und Intensivstationen. Das Abschalten von nicht notwendigen Heizlüftern und Durchlauferhitzern werde ebenfalls im Unternehmen überlegt. „Diskutiert wird auch der Einsatz von Fotovoltaikanlagen, etwa auf den Dächern“, so Eberenz.
Energiekrise: Beiersdorf plant für den Notfall
„Wir bereiten uns intensiv auf eine mögliche Einschränkung der Erdgaslieferungen vor, um Produktionsausfälle zu vermeiden“, sagte eine Sprecherin des Nivea-Herstellers. „Bereits seit Mai 2022 haben wir einen Krisenstab gebildet.“ Der börsennotierte Konzern aus Eimsbüttel bezieht Erd- und Biogas aus dem deutschen Verbundnetz.
„Derzeit gehen wir davon aus, dass die Gasversorgung nicht komplett eingestellt wird, sondern die Anbieter das Angebot reduzieren“, ergänzte die Sprecherin. „In diesem Fall wären wir in der Lage, Engpässe durch verschiedene technische Maßnahmen – etwa den Einsatz von Dieselgeneratoren – zu überbrücken und so Einschränkungen der Produktion zu minimieren.“
Energiekrise: Fielmann installiert Fotovoltaikanlage
„Seit dem 1. Januar 2020 beziehen wir in Deutschland ausschließlich Strom aus erneuerbaren Energien“, sagte ein Sprecher der Optikerkette. Für einen Teil der angemieteten Verkaufsflächen, beispielsweise in Einkaufszentren, erfolgt die Wärmeversorgung über den Vermieter. „In diesen Fällen können wir den Energieträgermix kaum beeinflussen“, ergänzte der Sprecher.
Allerdings steige die Zahl der Center und Gebäude, in denen eine Zertifizierung die Einhaltung besonderer Umweltstandards regelt. „An unserem Produktionsstandort in Rathenow planen wir zudem eine Fotovoltaikanlage“, hieß es.
Energiekrise: Flughafen prüft synthetischen Diesel
Der Fokus liegt zum einen auf der Absenkung des Energieverbrauchs und zum anderen auf der Vorbereitung, Gas im kommenden Winter kurzfristig durch andere Energieträger zu ersetzen. Im Gespräch ist dabei synthetischer Care-Diesel, der durch Rest- und Abfallstoffe gewonnen wird. „Langfristig arbeitet Hamburg Airport an verschiedenen nachhaltigen Lösungskonzepten zur Wärmeversorgung, um so schnell wie möglich unabhängig von Gas zu werden“, hieß es.
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Energiekrise: Haspa schaltet rote Leuchtbänder aus
„Schon im März haben wir – als eines der ersten Unternehmen in Hamburg – die roten Leuchtbänder unserer über 100 Filialen ausgeschaltet“, sagte Haspa-Sprecherin Stefanie von Carlsburg.
Die Leuchtbänder kämen auf eine Gesamtlänge von 4,8 Kilometern und prägten das Stadtbild vor allem in der Nacht. Außerdem habe die Haspa bereits vollständig auf Ökostrom umgestellt, so von Carlsburg.
Energiekrise: Jungheinrich will Gas einsparen
Für den Fall einer Zuspitzung der Situation liegt ein Krisenplan vor, der kontinuierlich an die aktuelle Lage angepasst wird, sagte ein Konzernsprecher des Gabelstaplerbauers.
„Für die Farbgebungsanlagen beispielsweise, die mit ihrer benötigten Prozesswärme zu den größten Gasverbrauchern am Standort Norderstedt gehören, untersuchen wir sowohl die technische Umrüstung als auch alternative Lacksysteme.“
Energiekrise: HanseMerkur mit Energie-Task-Force
Die Versicherung bildet aktuell eine abteilungsübergreifende „Energie-Task-Force“. Seit Januar 2020 beziehe die HanseMerkur bereits zu 100 Prozent Ökostrom und prüfe zurzeit die Umstellung auf einen ebenfalls klimaneutralen Fernwärmebezug, hieß es.
Von den insgesamt 33 Fahrzeugen des firmeneigenen Fuhrparks sind laut Versicherung vier Fahrzeuge hybrid und acht vollelektrisch unterwegs – Tendenz weiter steigend.
Energiekrise: HHLA bereitet sich auf Wasserstoff vor
Durch den Einsatz von Ökostrom biete der Terminalbetreiber seinen Kunden bereits heute einen klimaneutralen Umschlag und Transport von Containern über den Containerterminal Altenwerder sowie die HHLA-Bahntochter Metrans, heißt es „Auch auf den Einsatz des Energieträgers Wasserstoff bereitet sich die HHLA vor“, so eine Sprecherin. Es würden wasserstoffbetriebene Schwerlastgeräte in der Hafenlogistik erprobt.
Energiekrise: HPA denkt an Abschaltung der Aufzüge
Die Hafenverwaltung Hamburg Port Authority (HPA) hat nach eigenen Angaben bereits viele Projekte im Energiemanagement umgesetzt – etwa den Bau einer Fotovoltaikanlage auf dem Dach der Nautischen Zentrale oder die Beschaffung umweltfreundlicherer Schiffe. Aktuell sei zudem eine Abschaltung der Heizungsanlagen sowie der Beleuchtung in Gebäuden angedacht, allerdings nur, wo dies möglich sei. Das gelte auch für Aufzüge, heißt es von der HPA.
Energiekrise: Lufthansa Technik stoppt Kraftwerk
Um Energie zu sparen, will die Reparatur- und Wartungsfirma für Flugzeuge ihr Blockkraftheizwerk zur Stromerzeugung abschalten. Die Heiztemperatur soll auf die empfohlenen Mindestwerte abgesenkt werden. Verschiedene Tochtergesellschaften und Standorte arbeiteten bereits kontinuierlich an einem höheren Anteil erneuerbarer Energien in ihrem Energiemix, sagte ein Sprecher.
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So habe Lufthansa Technik Philippines beschlossen, auf dem Haupthangar eine Fotovoltaikanlage zu installieren, um die CO2-Bilanz um weitere 15 Prozent pro Jahr zu verbessern. Am Standort Hamburg sei die CO2-Neutralität beim Stromverbrauch bisher über den Kauf von Zertifikaten erreicht worden. Lufthansa Technik erwäge jedoch, mittelfristig auf den Direktbezug von regenerativen Energien umzuschwenken.
Energiekrise: Olympus setzt auf Energieoptimierung
Viele Standorte des japanischen Konzerns sind laut Unternehmen bereits energieoptimiert. Die Europa-Zentrale in Hammerbrook wird mit Fernwärme beheizt. Da Olympus Medizintechnik liefert, habe die Versorgung der Kunden, etwa Krankenhäuser mit teils lebensnotwendigen medizinischen Produkten, Priorität.
Lokale Taskforces in Sachen Energie- und Gaskrise würden in diesen Wochen an verschiedenen Olympus-Produktionsstandorten in Europa die Arbeit aufnehmen, um eine störungsfreie Produktion auch im Winter zu gewährleisten, hieß es weiter.
Energiekrise: Otto arbeitet an weiteren Maßnahmen
Auf dem Campus des Handelskonzerns in Bramfeld wurden bereits Ende der 1990er-Jahre Fotovoltaikanlagen eingerichtet. „Seit 2015 betreiben wir auch ein eigenes Blockheizkraftwerk“, sagte ein Sprecher. Aktuell würden Szenarien und darauf abgestimmte Maßnahmen erarbeitet, um zusätzlich Energie einzusparen. Die Überlegungen dazu seien aber noch nicht abgeschlossen, hieß es vom Onlinehändler.