Hamburg. Experten geben Tipps, wie sich Heizenergie mit kleinen Maßnahmen reduzieren lässt. Szenarien für Einfamilienhaus und Etagenwohnung.

Heizen wird in diesem Winter richtig teuer – was auch die Hamburger zu spüren bekommen werden. Innerhalb eines Jahres hat sich der Preis für Erdgas an der Börse verzehnfacht. Ende vergangener Woche kostete eine Megawattstunde zur Lieferung im September 311 Euro. Das sind rund 31 Cent je Kilowattstunde (kWh). Dazu kommen für den Verbraucher noch die ganzen Abgaben und Steuern sowie die Gewinnspanne der Versorger.

Für Neuverträge ermittelte das Vergleichsportal Verivox einen Preis von 34 Cent je kWh. Das bekam auch der Hamburger Jens W. zu spüren. Sein Gasversorger EMB erhöht den Preis von 4,91 auf 34,09 Cent je kWh, was fast eine Versiebenfachung des Preises entspricht.

Energiekrise: Gas sparen – viele Tipps, um Kosten zu senken

Vattenfall verlangt inzwischen bei Neukunden im Tarif Easy12 Gas 40,25 Cent je kWh. Im Juli konnte man diesen Tarif noch für 25,80 Cent je kWh abschließen. Die Preiserhöhung beträgt 56 Prozent. Angesichts dieser Entwicklung zählt jede Kilowattstunde Gas, die nicht verbraucht wird. Welche Einsparmöglichkeiten abseits neuer Heiztechnik gibt es? Wie weit kann man Räume abkühlen lassen? Das Abendblatt sprach mit Experten und beantwortet die wichtigsten Fragen. Das Ergebnis ist interessant: Wer es richtig macht, kann seine Kosten senken.

Kann ich in den Herbstferien die Heizung abschalten?

Die Experten sind sich hier nicht einig. „In den Herbstferien in der eigenen Immobilie halte ich es für vertretbar, den Heizbetrieb der Gas- oder Ölheizung auch ganz für ein oder zwei Wochen auszuschalten – in den Weihnachtsferien geht das natürlich nicht mehr“, sagt Lars Beckmannshagen, Energieberater der Hamburger Energielotsen.

Praktiker wie Lars Rückert, Geschäftsführer der Arnold Rückert GmbH, sehen das etwas anders. „Wir empfehlen unseren Kunden, die Heizung nicht ganz abzuschalten, sondern im abgesenkten Heizbetrieb laufen zu lassen“, sagt Rückert, der auch Mitglied des Vorstandes des Fachverbandes Sanitär Heizung Klima in Hamburg ist. Andernfalls verschlinge das Wiederaufheizen zu viel Energie. Ratsam sei um maximal zwei Grad abzusenken. Das betreffe auch die Nachtabsenkung. Solche Urlaubsschaltungen sind selbst in älteren Heizanlagen integriert.

„Weniger als 16 Grad sollten Räume grundsätzlich nicht haben“, sagt Beckmannshagen. Aufpassen muss auch, wer sehr viele Pflanzen besitzt. Hier kann man die Heiztemperatur bei Abwesenheit nur mit Vorsicht absenken, da die Pflanzen immer Feuchtigkeit produzieren.

Was bringt ein hydraulischer Abgleich?

„Bei 80 Prozent der Heizungen wurde kein hydraulischer Abgleich vorgenommen“, sagt Alexander Steinfeldt, Energie-Experte bei der Beratungsgesellschaft CO2online. Ziel einer solchen Maßnahme ist es, dass das Wasser aus den Heizkörpern so kalt wie möglich zum Heizkessel zurückkommt, um dann möglichst wieder viel Wärme aus dem Abgasstrom einer Brennwertheizung aufzunehmen. Den Kostenaufwand für eine solche Maßnahme beziffert Rückert auf 100 Euro pro Heizkörper, wenn auch neue Thermostatventile eingesetzt werden. Der Einspareffekt liegt bei zehn bis 15 Prozent.

Lohnt eine Entlüftung der Heizkörper?

Die Entlüftung der Heizkörper bringt mit ein bis zwei Prozent zwar das geringste Ergebnis bei der Energieeinsparung, aber dennoch ist das sinnvoll und erfordert mit einem Entlüftungsschlüssel nicht viel Aufwand. „Wenn der Heizkörper gluckert und nicht mehr richtig warm wird, obwohl das Thermostat voll aufgedreht ist, ist ein häufiger Grund dafür zu viel Luft im System“, sagt Steinfeldt. „Wenn Luft in den Heizkörpern ist, arbeitet die Pumpe dagegen an und verbraucht mehr Strom“, ergänzt Beckmannshagen.

Wie kann ich mit Lüften sparen?

„Die Wirkung von richtigem Lüften wird unterschätzt“, sagt Rückert. „Von allen Maßnahmen, die nichts kosten, ist das die effektivste.“ Er rät an kalten Tagen kein Fenster mehr auf Kipp zu lassen, sondern maximal fünf Minuten Stoßlüften. Effektiver wird das Lüften noch mit Durchzug. „Beim Lüften sollte die Heizung ausgestellt werden“, sagt Steinfeldt.

Wer das noch nicht beherzigt hat, kann mit richtigem Lüften zehn Prozent Energie sparen. Um die Luftfeuchtigkeit im Raum zu kontrollieren, gibt es Thermometer, die diesen Wert mit anzeigen. „Die Luftfeuchtigkeit sollte 60 Prozent nicht überschreiten“, sagt Beckmannshagen.

Welche Vorteile haben programmierbare Temperaturregler?

Über einen programmierbaren Temperaturregler lässt sich die Wunschtemperatur einstellen, aber auch ein stärkeres Absenken kann programmiert werden. „Die Regler eignen sich eher für Mietwohnungen“, sagt Rückert. Einige lassen sich auch per App bedienen. Aber Rückert warnt vor zu starkem Absenken, „denn der Raum muss auch wieder aufgeheizt werden“.

Empfehlenswert sind Temperaturregler, die zwischen Wochentagen und Wochenende unterscheiden können. „Solche Anschaffungen eignen sich vor allem für die Wohnung, wenn alle Familienmitglieder einen fast identischen Tagesablauf haben oder eben für Singles“, sagt Beckmannshagen. Bei einer Absenkung um ein Grad über zweimal je acht Stunden tagsüber und in der Nacht liegt der Einspareffekt bei vier Prozent (Heizung ohne Warmwasserbereitung). Sorgt die Heizung auch noch für warmes Wasser sind zwei Prozent realistisch.

Welche Einstellungen an der Heizungsanlage kann ich selbst vornehmen?

„Die gewünschte Raumtemperatur und die Warmwassertemperatur können vom Nutzer ohne besondere Kenntnisse selbst geändert werden“, sagt Rückert. Darüber hinaus gehende Einstellungen wie Heizkurve, Absenkzeiten und Laufzeiten der Zirkulationspumpe sollte der Fachbetrieb im Rahmen der Heizungswartung vornehmen. „Bei einer Etagenheizung in einer Mietwohnung würde ich die Finger von der Anlage lassen, denn der Mieter hat keine Berechtigung hier etwas zu verändern“, sagt Beckmannshagen.

Welche Einsparungen sind möglich?

Ein Absenken der Temperatur um ein Grad spart sechs Prozent Heizenergie. Das ist zwar richtig, aber bezieht sich eigentlich nur auf die Reduzierung der Temperatur von 21 auf 20 Grad. „Wer von 21 auf 18 Grad absenkt, spart nicht 18 Prozent Energie, sondern etwas weniger“, sagt Steinfeldt. „Je effizienter die Heizung oder das Gebäude, desto geringer ist die Einsparung beim Herunterregeln der Temperatur.“

Die für die Berechnung in den Beispielen angenommenen Einspareffekte sind nach Einschätzung von Steinfeldt „konservativ“. Sie ergeben sich aus den von CO2online genannten Werten und den Einschätzungen des Energieberaters und des Fachhandwerkers. In der Praxis ist es unwahrscheinlich, dass alle sieben Einsparmaßnahmen umgesetzt werden können. Für die Beispielrechnungen wurden deshalb jeweils nur drei Maßnahmen ausgewählt.

Maßgeblich für die Einsparung ist auch der Gaspreis. Je höher er ist, desto größer fallen die Effekte aus. Deshalb wurde mit dem Durchschnittspreis aus Bestandsverträgen (17,84 Cent) und dem Durchschnittswert für Neukundenverträge (34 Cent) gerechnet. Die größte Einsparung von mehr als 1000 Euro in einem Einfamilienhaus bringt ein hydraulischer Abgleich, das Absenken der Temperatur generell um ein Grad und das zusätzliche Absenken der Heizungsanlage, wenn man bei der Arbeit ist und in der Nacht. Auch in einer Etagenwohnung lassen sich mit besserem Lüften, Temperaturabsenkung und programmierbaren Thermostaten 2000 kWh Erdgas einsparen. Das ist immerhin ein Fünftel des Gesamtbedarfs. Bei einem Erdgaspreis von 34 Cent sind das im Jahr 680 Euro weniger für Heizenergie.

Welchen Anteil hat Warmwasser an der Heizenergie?

„15 Prozent der Energie im Haushalt wird für Warmwasser benötigt. Wer seltener badet, kürzer duscht, die Hände mit kaltem Wasser wäscht und einen Sparduschkopf verwendet, der kann seinen Energieverbrauch fürs Warmwasser halbieren“, sagt Steinfeldt. Mehr als fünf Minuten sollte man nicht duschen, rät Rückert. Die Warmwassertemperatur könne auch auf 55 bis 50 Grad abgesenkt werden. Viele Anlagen haben eine Legionellenschaltung, mit der das Wasser mindestens einmal wöchentlich höher erhitzt wird. Größere Legionellengefahren sieht Rückert aber eher in Gästebädern, die lange nicht benutzt wurden.

Welche Temperatur in welchen Räumen?

„Im Wohnzimmer sollten es nicht mehr als 20 oder 21 Grad sein, im Schlafzimmer und in der Küche reichen sogar 18 Grad. Zudem sollte man konsequent die Heizung herunterregeln, wenn der Raum oder die Wohnung nicht genutzt werden“, sagt Steinfeldt. Die Stufe drei auf dem Heizkörperthermostat entspricht etwa 21 Grad. Häufig fehle das Wissen über den eigenen Verbrauch, um seine Sparpotenziale richtig einschätzen zu können. Mit dem Heizspiegel können Verbraucher ihren Heizenergieverbrauch in wenigen Minuten kostenfrei prüfen und erhalten darüber hinaus auf ihre Situation abgestimmte Spartipps.