Hamburg. Alle 530 Beschäftigten müssen in Kurzarbeit, die ab Oktober noch ausgeweitet werden soll. Schuld ist die Energiekrise.

Das Stahlwerk im Hafen ist einer der größten Gasverbraucher in Hamburg. Jährlich werden rund zwei Terrawattstunden benötigt. Angesichts der seit dem Ukraine-Krieg stark gestiegenen Preise für Energie ist das eine hohe Belastung für den Betreiber ArcelorMittal – und der Konzern zieht nun Konsequenzen.

Ab Oktober soll die Direktreduktionsanlage abgeschaltet werden, so das Unternehmen. Sie gilt als das Herzstück für die Stahlproduktion in der Hansestadt. In ihr wird aus Eisenerz mithilfe von Gas der Sauerstoff entzogen, sodass Eisenschwamm entsteht. „Wir haben den Verbrauch von Gas bereits sehr stark reduziert“, sagte Uwe Braun, Chef von ArcelorMittal Hamburg. Das geschah, indem der Betrieb der Direktreduktionsanlage zuletzt bereits um 80 Prozent gekürzt worden war.

ArcelorMittal: Beschäftigte in Kurzarbeit geschickt

Stattdessen wurde das Vorprodukt Eisenschwamm extern aus Nordamerika hinzugekauft. Eisenschwamm und Recyclingschrott werden mithilfe von Strom im Elektrolichtbogenofen zu Rohstahl eingeschmolzen. „Der extreme Preisanstieg bei Gas und Strom macht es uns unmöglich, weiter profitabel zu arbeiten“, so Braun.

Der im Hamburg produzierte Walzdraht wird beispielsweise zur Herstellung von Schrauben, Einkaufswagen und Saiten von Musikinstrumenten eingesetzt. Für die 530 Hamburger Beschäftigten habe die Lage bereits ernste Konsequenzen. Sie seien alle in Kurzarbeit, so ein ArcelorMittal-Sprecher. Der Umfang der Kurzarbeit sei dabei je nach Art der Tätigkeit unterschiedlich. Durch das Abschalten der Direktreduktionsanlage soll sie ab Oktober ausgeweitet werden.

Bestehende Kurzarbeit wird ausgeweitet

Auch an anderen Standorten werden weitgehende Maßnahmen ergriffen. Ab Ende September werde in Bremen bis auf Weiteres einer der beiden Hochöfen für die Flachstahlproduktion stillgelegt und die bestehende Kurzarbeit ausgeweitet. Auf die staatliche Lohnersatzzahlung greift das Unternehmen zudem in Duisburg und Eisenhüttenstadt zurück.

„Die hohen Kosten für Gas und Strom belasten unsere Wettbewerbsfähigkeit stark. Dazu kommt ab Oktober die geplante Gasumlage der Bundesregierung, die uns weiter belasten wird“, sagte Reiner Blaschek, Vorsitzender der Geschäftsführung von ArcelorMittal Germany. Als energieintensive Industrie sei man davon extrem betroffen. Die geplante Gasumlage dürfe nicht noch zusätzlich auf die bereits sehr hohen Spotmarktpreise angewandt werden.

ArcelorMittal "nicht mehr wettbewerbsfähig"

„Mit einer Verzehnfachung der Gas- und Strompreise, die wir innerhalb weniger Monate hinzunehmen hatten, sind wir nicht mehr wettbewerbsfähig in einem Markt, der zu 25 Prozent aus Importen versorgt wird. Wir sehen dringenden politischen Handlungsbedarf, um die Energiepreise umgehend in den Griff zu bekommen“, so Blaschek. Gefordert werden für Europa gleichartige Entlastungsregeln, was mit einem europäischen Industriestrompreis möglich sei.

Aber nicht nur die hierzulande stark gestiegenen Energiepreise beeinträchtigten die Wettbewerbsfähigkeit der Stahlherstellung massiv, so das Unternehmen. Hinzu kämen hohe Kosten für den Kauf von CO2-Emissionszertifikaten, eine schwache Marktnachfrage und ein negativer Wirtschaftsausblick. Heißt: Es sind die Vorboten einer drohenden Rezession, die belastend auf das Geschäft wirken.