Am 1. November eröffnet das Amtsgericht das Insolvenzverfahren. 1170 Mitarbeiter wechseln in die neue Transfergesellschaft.

Stralsund. Im Ringen um eine Zukunft für den Schiffbau in Wolgast und Stralsund strebt der vorläufige Insolvenzverwalter der P+S-Werften, Berthold Brinkmann, die Stornierung von fünf Schiffbauaufträgen an. Damit zeige die Werft, dass sie sich dem von der EU vorgegebenen Abwicklungsplan beuge, begründete Brinkmann das Vorhaben. Zugleich hofft die Werft auf eine Genehmigung der EU-Kommission für einen dringend benötigten Massekredit, um bereits weit fortgeschrittene Bauten fertigstellen und den Schaden für die Gläubiger minimieren zu können. Die P+S-Werften sehen sich mit Gläubiger-Forderungen von mehr als einer halben Milliarde Euro konfrontiert.

Zurückgeben will die Werft den Auftrag über den Bau von vier der fünf eisgängigen Schiffe für die grönländische Royal Arctic Line sowie über den Bau eines Installationsschiffes für die Offshore-Rohrverlegung für eine Tochtergesellschaft der Bremer Reederei Harren & Partner. Die Produktion der Schiffe hat laut Brinkmann noch nicht begonnen.

Am Donnerstag wird das Amtsgericht Stralsund voraussichtlich das Insolvenzverfahren eröffnen. Zudem startet die Transfergesellschaft, in die im Laufe der kommenden zwölf Monate 99,9 Prozent der 1750 Mitarbeiter wechseln wollen. „Das ist die höchste Zustimmungsquote, die ich je erlebt habe“, sagte Brinkmann. Der Weg für die Auffanggesellschaft ist frei, nachdem Wirtschaftsminister Harry Glawe (CDU) am Dienstag die vom Finanzausschuss beschlossenen Kreditverträge über die Zahlung von 15 Millionen Euro für Sozialversicherungskosten von P+S, über eine Million für die Auszubildenden und einen Vertrag über 9,2 Millionen für Qualifizierungsmaßnahmen unterzeichnet hatte. Am Donnerstag werden 1170 Mitarbeiter in die „Transfergesellschaft Küste Mecklenburg-Vorpommern“ wechseln – davon 1060 allein aus Stralsund.

Mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens geht die Verfügungsmacht auf den Insolvenzverwalter und den Gläubigerausschuss über. Brinkmann, der Ende August die vorläufige Insolvenzverwaltung übernommen hatte, hat sich in einem Gutachten für ein Verfahren mit dem Ziel einer „sanierende Übertragung“ – also die Suche nach Käufern - ausgesprochen. „Ich bin zuversichtlich, dass die Peene-Werft bis Ende des Jahres verkauft ist“, sagte Brinkmann. Als Grund führte er die stabile Auftragssituation der Peene-Werft im Behörden- und Marineschiffbau an – was ein Kaufinteresse bei mehreren Werften ausgelöst hatte. Für Stralsund, wo die mit technischen Problemen behafteten Scandlines-Fähren und die DFDS-Schiffe gebaut wurden, gestaltet sich die Situation laut Brinkmann „weitaus schwieriger“.

Der Erhalt des Unternehmens und die Abarbeitung laufender Aufträge können über einen Massekredit geschehen, den Bund, Land und EU noch prüfen. Weil eine Entscheidung aussteht, verhandelt Brinkmann eigenen Angaben zufolge zusammen mit P+S-Geschäftsführer Axel Schulz derzeit direkt mit den Bestellern, um über deren Vorfinanzierungen die Schiffe fertig bauen zu können. Dazu gehört der grönländische Frachter für Royal Arctic Line und auch die DFDS-Schiffe. Obwohl die dänische Reederei die Aufträge gekündigt und sich die von Land und Bund verbürgten Anzahlungen über 74 Millionen Euro bereits zurückgeholt hat, sieht Brinkmann Chancen, den Auftrag zu Ende bringen zu können. Hintergrund: DFDS hat an die Schiffe gebundene Chartergarantieren mit den dänischen Streitkräften und der Bundeswehr abgeschlossen.

Auch zwei Schiffe für die schwedische Coast Guard will Brinkmann über Bestellerfinanzierungen fertigstellen. Unklar ist die Zukunft der Scandlines-Schiffe. In den vergangenen Wochen wurden verschiedene Stabilitätstests an den rund 200 Tonnen zu schweren Fähren durchgeführt. Mit einer Verlängerung der Schiffe könnte der Tiefgang reduziert werden.