EZB-Präsident plant laut Bericht gemeinsame Aktion mit Euro-Rettungsschirm ESM – Beobachter für Eingreifen der Zentralbank - US-Notenbank belässt Leitzins auf Rekord-Tief

Berlin. Die Europäische Zentralbank (EZB) und der Euro-Rettungsschirm ESM wollen einem Bericht zufolge gemeinsam die steigenden Zinsen der Euro-Krisenländer in den Griff bekommen. EZB-Präsident Mario Draghi werde dazu bei der Sitzung des Rates der Zentralbank am Donnerstag einen Plan für eine konzertierte Aktion beider Institutionen vorstellen, berichtet die „Süddeutsche Zeitung“ (Donnerstagausgabe). EZB und ESM sollten demnach den Kauf von Staatsanleihen etwa aus Spanien oder Italien koordinieren.

+++ EZB-Chef Draghi will alles für den Erhalt des Euro tun +++

+++ Schutzschirm ESM ohne Limit? Deutschland lehnt ab +++

Der Plan sieht laut „SZ“ vor, dass der ESM den Regierungen auf dem sogenannten Primärmarkt in kleinerem Umfang direkt Anleihen abnimmt. Die EZB solle zugleich Papiere aufkaufen, die bereits auf dem Markt gehandelt werden. Bereits in der Vergangenheit hatten die Frankfurter Zentralbanker Bonds kriselnder Euroländer für 211 Milliarden gekauft.

Die Aktionen sind allerdings umstritten, seit dem Frühjahr ruhten sie. Auf der regulären EZB-Ratssitzung zeichnet sich dem Bericht zufolge nun eine Mehrheit dafür ab, die Käufe wieder aufzunehmen und sie mit den Regierungen zu koordinieren. EZB-Präsident Mario Draghi wird die Ergebnisse der Sitzung ab 14.30 Uhr auf einer Pressekonferenz erläutern.

+++ Krisenfeuerwehr EZB – die Chancen und Risiken: Fragen & Antworten +++

+++ Service: Hier finden Sie die aktuellen Börsenkurse im Detail +++

Vor allem die Bundesbank hält wenig von Bond-Käufen allein durch die EZB. Die Regierungen der Krisenstaaten müssen dafür nicht im Gegenzug wirtschaftliche Reformen einleiten und den Haushalt sanieren. Wäre künftig auch der ESM beteiligt, müsste jedes Land dagegen zunächst einen offiziellen Hilfsantrag stellen, der an die Erfüllung von Auflagen geknüpft wäre und dem auch der Bundestag zustimmen müsste.

Fed belässt Leitzins nahe null

Bereits in der Nacht hatte die US-Notenbank Federal Reserve angesichts der trüben Konjunktur in Amerika ihre Politik des billigen Geldes fortgesetzt. Der Leitzins werde mindestens bis 2014 auf dem historischen Tief von nahezu null Prozent belassen, teilte die Fed mit. Sollte sich die Situation auf dem Arbeitsmarkt nicht nachhaltig aufhellen, würden zudem weitere Schritte zur Ankurbelung der Konjunktur ergriffen, hieß es in einer Stellungnahme weiter.

Analysten zufolge könnte sich die US-Notenbank im September auf den Aufkauf von Staatsanleihen und hypothekenbesicherten Wertpapieren verständigen, falls die Konjunktur nicht anzieht. Ziel wäre es dann, langfristige Zinsen – die sich ohnehin auf einem Rekordtief befinden – weiter zu senken. „Die Fed hat bei ihrem Treffen keine Maßnahmen ergriffen, jedoch deutliche Fingerzeige für weitere Lockerungsmaßnahmen bei ihrer nächsten Sitzung im September durchblicken lassen“, sagte David Jones, Chefökonom bei DMJ Advisors.

Beobachter befürworten Eingreifen der EZB

Dass die EZB mit Anleihekäufen eingreifen wird, glaubt auch Finanzexperte Markus Rudolf. „Ich vermute, dass das Programm zum Aufkauf von Staatsanleihen fortgesetzt wird und die EZB dann spanische und italienische Papiere erwirbt“, sagte der Professor für Finanzwirtschaft an der Wissenschaftlichen Hochschule für Unternehmensführung (WHU) in Vallendar im dapd-Interview.

„Entweder wir Deutschen geben den Italienern Geld oder die EZB tut es“, begründete Rudolf seine Ansicht. Ein Eingreifen der EZB sei der billigste und beste Weg, um die Währungsunion zu retten. „Es werden ein paar Dutzend Milliarden zusammenkommen“, sagte Rudolf. „Das hat schon einen entlastenden Effekt.“

Auch der Bundesverband deutscher Banken (BdB) befürwortet einen Kauf von Staatsanleihen durch die Zentralbank. „Es ist richtig, dass man in einer solchen Notfallsituation auch daran denkt, dass die EZB ihre Staatsanleihenkäufe wieder aufnimmt“, sagte Hauptgeschäftsführer Michael Kemmer im ARD-„Morgenmagazin“. Das dürfe aber kein Dauerzustand werden, sonst entstehe Inflationsdruck. „Die EZB kauft sich damit nur Zeit, das ist keine Lösung der Krise“, sagte Kemmer.

Die EZB hatte in der Vergangenheit bereits über 200 Milliarden Euro in Bonds kriselnder Euroländer investiert. Die Käufe ruhen seit dem Frühjahr. (dapd)