Nachdem der neue EZB-Chef Draghi den Leitzins im November gesenkt hatte, hoffen Experten am Dienstag auf eine erneute Zinssenkung.

Frankfurt/Main. Um der europäische Finanzkrise wirkungsvoller begegnen zu können, werden die Forderungen nach einem Machtwort der Europäischen Zentralbank (EZB) immer lauter. Immer mehr Volkswirte sprechen sich für noch drastischere Maßnahmen der Währungshüter aus, um Panik an den Märkten einzudämmen und die europäische Schuldenkrise endlich in den Griff zu bekommen.

Als sicher gilt, dass die EZB bei ihrer zweiten Sitzung unter Führung des Italieners Mario Draghi am Donnerstag die Zinsen erneut senken wird. Offen ist jedoch, ob der Leitzins wie im November erneut um 0,25 Punkte gesenkt wird oder ob der Zinsschritt dieses Mal größer ausfällt. Schon mit dem kleineren Schritt würde er wieder auf das Rekordtief von 1,0 Prozent fallen.

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Mindestens elf führende Volkswirte fordern eine Zinssenkung auf 0,75 Prozent. Denn der Euro-Zone droht eine Rezession. Selbst die zuletzt trotz Krise stabile deutsche Konjunktur muss sich auf herbe Dämpfer gefasst machen. Für einen deutlichen Zinsschritt spricht auch, dass die Inflation auf dem Rückzug ist. Die neuesten Prognosen der EZB für Wirtschaftswachstum und Teuerung im Euro-Raum, die am Donnerstag veröffentlicht werden, dürften diese Trends bestätigen.

Heiß diskutiert wird weiterhin die Rolle der Notenbank in der Schuldenkrise. Immer mehr Ökonomen und Politiker fordern von der EZB, in großem Stil – notfalls unbegrenzt – Staatsanleihen strauchelnder Euro-Staaten zu kaufen. Nur so könne verhindert werden, dass Europas drittgrößte Volkswirtschaft Italien stürze und den Euro mit in den Abgrund reiße.

Bislang hielt Draghi dem Druck stand und forderte seinerseits die Staaten auf, überfällige Reformen endlich anzupacken. Die Verteidiger einer unabhängigen Notenbank sehen zudem die Glaubwürdigkeit der Geldpolitik in Gefahr, wenn die EZB ohne Begrenzung die Schulden von Staaten finanziert. Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer etwa warnt: „In der Bilanz der EZB stapelten sich immer mehr riskante Staatsanleihen, deren Wert durch das Beseitigen von Reformanreizen zunehmend bedroht wäre. Die EZB mutierte anders als die US-Notenbank rasch zu einer Bad Bank.“ (dpa/abendblatt.de)