Wirtschaftsminister Philipp Rösler besucht Griechenland und will in Athen Druck machen, damit das Land wieder auf die Beine kommt.
Berlin/Athen. Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler hat die griechische Regierung aufgefordert, Hürden für ausländische Investoren schneller abzubauen. „Man darf von Athen zwar keine Wunder erwarten. Griechenland braucht jedoch grundlegende Veränderungen, mit denen das Investitionsklima verbessert wird“, sagte der FDP-Chef vor seiner Griechenland-Reise im „Handelsblatt“. Vorbilder seien Länder wie Polen oder Estland, die nach der Wende sehr schnell wirtschaftlich Fuß gefasst hätten. Rösler wollte am Donnerstag mit Vertretern von rund 50 Firmen aus dem Mittelstand zu einem zweitägigen Besuch nach Athen fliegen. Die deutsche Wirtschaft soll den Griechen vor allem beim Ausbau der Solarindustrie helfen. Sonnenstrom gilt als eine der wenigen Branchen, wo das Euro-Krisenland neues Wachstum erzielen könnte. Der Ausbau des maroden Stromnetzes kostet jedoch Milliarden, die Athen nicht hat.
Der griechische Wirtschaftsminister Michalis Chrysochoidis sagte im Rundfunk, Rösler komme „weder mit Geschenken noch mit einer Insolvenz“ nach Griechenland. „Wir wollen deutsche Investitionen in Griechenland. Das wird zu Gunsten beider Seiten sein“, sagte der Minister weiter. Rösler hatte kürzlich eine Art „Marshallplan“ für die Gesundung der maroden griechischen Wirtschaft vorgelegt. Deutschland bietet Athen Hilfe beim Aufbau moderner Verwaltungsstrukturen und einer Förderbank an.
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Für Aufsehen sorgte der FDP-Chef mit Spekulationen über eine mögliche Staatspleite Griechenlands, die inzwischen immer wahrscheinlicher wird. Rösler legte in dieser Woche Eckpunkte vor, wie Euro-Krisenländer in einem geordneten „Resolvenz“-Verfahren - unter Beteiligung der Gläubiger – wieder wettbewerbsfähig werden sollen. Dies löste in Athen neuen Unmut aus. Rösler weist das zurück: „Als Wirtschaftsminister fühle ich mich verpflichtet, ehrlich zu sagen, was ökonomisch vernünftig ist.“ Am Freitag will Rösler mit Ministerpräsident Giorgos Papandreou über das stockende Sanierungs- und Privatisierungsprogramm beraten. Auch stehen Treffen mit dem griechischen Finanzminister Evangelos Venizelos und Wirtschaftsminister Chrysochoidis auf dem Programm.
Es mehren sich die Anzeichen, dass es bis Jahresende zu einer drastischen Umschuldung Griechenlands kommen könnte, bei der ausländische Banken auf bis zu 50 Prozent ihrer Forderungen verzichten müssten. Rösler kritisierte, mangelnde Rechtssicherheit und zu lange Genehmigungsverfahren hätten deutsche Firmen enttäuscht. So warten einige Unternehmen seit Jahren darauf, dass Griechenland ausstehende Rechnungen bezahlt. „Ich erwarte von der griechischen Seite Fortschritte bei der Lösung dieser Altfälle“, sagte der Vizekanzler.
Bei der Reise werden keine nennenswerten Vertragsabschlüsse erwartet. Nach Einschätzung des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI) ist das Investitionsklima in Griechenland derzeit nicht akzeptabel. Griechische Investoren selbst verlassen ihre Heimat, wo eine Staatspleite immer wahrscheinlicher wird. Rösler rief die griechische Wirtschaft auf, hier ein Signal zu setzen. „Wer externe Investoren haben will, der muss natürlich auch bereit sein, selber im Inland zu investieren“, sagte er im ZDF. Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) sieht auch Lichtblicke in Griechenland. „Trotz schrumpfender Wirtschaftskraft hat sich das Staatsdefizit fast halbiert, die Exporte wachsen kräftig“, sagte DIHK-Präsident Hans Heinrich Driftmann der „Rheinischen Post“.
Nach den massiven Streiks vom Vortag hat sich das öffentliche Leben in Griechenland am Donnerstag wieder normalisiert. Auch der Luftverkehr lief nach der eintägigen Arbeitsniederlegung der Fluglotsen wieder. Staatsbedienstete hielten am Donnerstag einige Ministerin symbolisch besetzt, wie im griechischen Fernsehen zu sehen war. Die Proteste richten sich gegen die geplanten Massenentlassungen im öffentlichen Dienst im Zuge der Sparmaßnahmen des schuldengeplagten Landes.
(abendblatt.de/dpa)