Allein die AOK verbuchte 2010 ein Minus von 515 Millionen Euro. Auf Millionen Kassenpatienten könnten neue Zusatzbeiträge zukommen.

Berlin. Die Krankenkassen AOK und Barmer haben 2010 kräftig Minus gemacht. Damit drohen Millionen gesetzlich Krankenversicherten angesichts der schlechteren Finanzlage der Kassen neue Zusatzbeiträge. Die AOK verbuchte 2010 ein Minus von 515 Millionen Euro. Alle rund 150 gesetzlichen Krankenkassen fuhren zusammen ein Defizit von 445 Millionen Euro ein. Florian Lanz, der Sprecher des Kassenverbands, sagte in Berlin: "Neue Zusatzbeiträge auf breiter Front sehen wir in diesem Jahr nicht, aber sie lassen sich keinesfalls gänzlich ausschließen."

Bei den großen Kostenblöcken stiegen die Ausgaben für die Kliniken am kräftigsten – auf die Rekordsumme von 59 Milliarden Euro, teilte das Bundesgesundheitsministerium mit. Insgesamt standen Ausgaben von 175,7 Milliarden Euro Einnahmen von 175,3 Milliarden gegenüber. 2009 hatten die Kassen noch einen Überschuss von 1,4 Milliarden Euro. Die Verschlechterung zeige, wie wichtig das Beitragssatzplus zum Jahresbeginn um 0,6 Punkte auf 15,5 Prozent und die Ausgabenbremse gewesen seien, betonte das Ressort von Gesundheitsminister Philipp Rösler (FDP). Der Gesundheitsfonds, aus dem die Kassen ihr Geld bekommen, erzielte einen Überschuss von 4,2 Milliarden Euro, der als Reserve angelegt wird.

Für Arzneimittel gaben die Kassen 2010 rund 32 Milliarden Euro aus (plus 1,3 Prozent), für die Ärzte 33 Milliarden (plus 2,6 Prozent). Bei den Kliniken gab es ein Plus von 4,7 Prozent, bei Krankengeld von 8 Prozent. Die Ausgaben der Kassen insgesamt stiegen um 3,1 Prozent je Versicherten. Die Ersatzkassen verbuchten insgesamt ein Plus von 212 Millionen Euro, die Betriebskrankenkassen ein Minus von 103 Millionen, die Innungskassen kamen auf minus 68 Millionen.

Bei der AOK verteilt sich das Defizit auf die einzelnen zwölf Ortskrankenkassen höchst unterschiedlich. So erzielte die AOK Plus (Sachsen/Thüringen) beispielsweise rund 53 Millionen Euro Überschuss. Als erster Kandidat für einen Zusatzbeitrag bei der AOK wird die Ortskrankenkasse Bayern mit 3,1 Millionen Mitglieder gehandelt. "Es liegt kein Beschluss für einen Zusatzbeitrag vor“, sagte Sprecher Michael Leonhart. Erfolglos hatte sich die Kasse gegen eine Rückforderung von 91 Millionen Euro vom Bundesversicherungsamt gewehrt. Der AOK-Bundesverband erwartet "derzeit“ keine Zusatzbeiträge, sagte Sprecher Udo Barske. Der Branchenführer, die Barmer GEK, kam 2010 auf ein Minus von 298 Millionen Euro. Die Barmer GEK werde das gesamte Jahr 2011 über ohne Zusatzbeitrag auskommen. "Wir gehen von einem stabilen Haushalt 2011 aus“, sagte ein Sprecher. Bei der DAK ergab sich 2010 ein Minus von 79 Millionen Euro, wie ein Sprecher bestätigte. Ohne eine nachträgliche Korrektur des Kassenfinanzausgleichs für 2009 hätte es aber einen Überschuss von 62 Millionen gegeben. Die DAK forderte nun erneut, in den Finanzausgleich je nach Krankheitslast der Versicherten mehr als die derzeitigen 80 Leiden einzubeziehen.

Die Techniker Krankenkasse schloss mit einem Rekordergebnis von 558 Millionen Euro ab, wie das "Handelsblatt“ berichtete. Die KKH-Allianz schnitt mit einem Plus von 5 Millionen Euro ab. Seit Einführung von 8-Euro-Zusatzbeiträgen vor über einem Jahr verlor die DAK rund 458 000 Versicherte, die KKH-Allianz rund 190.000. Teils vage Aussagen gab es in punkto Zusatzbeiträge. "Wir gehen davon aus, dass neue Zusatzbeiträge weiter kein Thema sein werden“, sagte die Sprecherin des BKK-Verbands, Christine Richter, der dpa. Verbandssprecher Lanz meinte, die Finanzen könnten 2011 wohl stabil gehalten werden. Das Rösler-Ministerium teilte mit, dass es bei einzelnen Kassen dazu kommen könne.

BKK-Verbandsgeschäftsführer Heinz Kaltenbach warnte vor weiterem Honorarplus für Ärzte und Zahnärzte. Defizite der Krankenversicherung müssten abgefedert werden – andernfalls drohe eine flächendeckende Erhebung von Zusatzbeiträgen 2012.