Apotheken sollen illegale, billige Wirkstoffe gemischt und teuer abgerechnet haben.

Hamburg. Die Staatsanwaltschaft Mannheim ist einem Millionenbetrug mit gefälschten Krebsmitteln auf der Spur, in den auch Hamburger Apotheken verwickelt sind. Dabei geht es um illegal eingeführte, in der EU und Deutschland nicht zugelassene Wirkstoffe, die in den Apotheken gemischt und bei den deutschen Krankenkassen teuer abgerechnet wurden.

Nach Informationen des Abendblattes sind bundesweit rund 80 Apotheken sowie Firmen im Visier der Ermittler. In Hamburg sollen es drei Namen sein, die auf der Fahnderliste stehen. Während die Mannheimer Ermittler bislang 66 Objekte in verschiedenen Bundesländern und in der Schweiz durchsuchen ließen und kistenweise Beweismaterial sicherstellten, halten sich die Hamburger Behörden noch zurück. "Soweit es um den Mannheimer Komplex geht, haben wir noch nichts vorliegen", sagte ein Sprecher der Hamburger Staatsanwaltschaft.

Bei den Krebsmedikamenten (sogenannte Zytostatika) handelt es sich um Mischungen, die, etwa bei der Chemotherapie, speziell auf den Patienten und die Erkrankung abgestimmt werden. Nur 300 Apotheken in Deutschland haben die Erlaubnis, diese Arzneien herzustellen.

Die Betrüger gingen so vor: Aus dem Ausland wurden billige Wirkstoffe in großem Stil bestellt und hier zusammengemischt. Mitunter habe man, so die Ermittlungen, die Beipackzettel ausgetauscht oder die Beschriftungen manipuliert, damit die Medikamente wie gewohnt an die Patienten weitergegeben und bei den Krankenkassen abgerechnet werden konnten.

Je nach Dosierung und Krebsart kostet ein Durchgang Chemotherapie zwischen 15 000 und 25 000 Euro. "Die Gewinnmargen für die Betrüger sind riesig. Es geht um mehrere Millionen Euro", sagte ein Ermittler dem Abendblatt. Denn die Krankenkassen müssen die Medikamente ohne weitere Prüfung bezahlen.

Die Techniker Krankenkasse hat mittlerweile bundesweit Strafanzeige erstattet. Der Leiter der TK-Ermittlungsgruppe Abrechnungsmanipulation, Frank Keller, forderte im Abendblatt mehr Transparenz bei Rezepten: "Wenn die Abrechnungs-Kennzeichen für die einzelnen Bestandteile angegeben werden, können wir betrügerische Machenschaften aufdecken und beweisen."

Ärzte und Patienten können die Fälschungen nicht erkennen. Dass Kranke dadurch medizinisch beeinträchtigt wurden, ist nicht erwiesen. "Aber allein der Verdacht ist schlimm, dass etwas mit den Arzneien nicht stimmen könnte", so ein Mediziner zum Abendblatt.

Der Präsident des Hamburger Apothekervereins, Jörn Graue, sagte dem Abendblatt: "Wenn sich die Vorwürfe der Staatsanwaltschaft Mannheim erhärten, gehen wir mit allen rechtlichen Mitteln gegen die Kollegen vor."