Krimi zwischen Berggruen, Highstreet und Borletti entscheidet sich am Ende der Woche. Berggruen ist zuversichtlich, dass er sich mit den Vermietern einigt.
Hamburg. Der Insolvenzverwalter von Karstadt bereitet für den Fall, dass die Vermieter der Gebäude einer Mietsenkung nicht zustimmen, offenbar das Ende der Warenhauskette vor. Klaus Hubert Görg wolle in diesem Fall am Donnerstagabend auf einer Sitzung des Gläubigerausschusses sein Szenario für eine Liquidation von Karstadt vorstellen, berichtete die „Financial Times Deutschland“ am Donnerstag. Die Zeitung berief sich auf eine entsprechende Präsentation, die Görg zusammen mit der Einladung an die Ausschussmitglieder verschickt habe. Laut diesem Liquidationsszenario sollen die Sport- und die Premiumhäuser bis Jahresende geschlossen und alle anderen Warenhäuser bis Ende Februar geräumt werden. Görgs Sprecher betonte gegenüber der Zeitung, Ziel sei weiterhin der Vollzug des Kaufvertrags. „Die Szenarien, die in den Schubladen liegen, sollten dort möglichst auch bleiben.“
Am Freitag dieser Woche muss jedenfalls Karstadt-Investor Nicolas Berggruen vor dem Essener Amtsgericht Farbe bekennen. Gelingt ihm bis zu diesem Zeitpunkt eine Einigung mit dem Immobilienkonsortium Highstreet über die Höhe der Warenhausmieten, dann ist der insolvente Konzern gerettet. Schafft er dies nicht, dann droht die Zerschlagung der Kette mit ihren rund 25 000 Mitarbeitern oder ein Weiterverkauf an den italienischen Kaufhausbetreiber Maurizio Borletti . Auf eine weitere Fristverlängerung wie in den vergangenen Monaten dürfte sich das Gericht, das den Insolvenzplan für Karstadt im nunmehr vierten Anlauf absegnen muss, jedenfalls kaum mehr einlassen.
Kurz vor dem entscheidenden Showdown gab sich die Berggruen-Seite gestern betont zuversichtlich. "Es ist gut, dass uns mit Goldman Sachs und der Deutschen Bank nun die wesentlichen Anteilseigner des Highstreet-Konsortiums unterstützen", sagte ein Sprecher des deutsch-amerikanischen Investors dem Abendblatt und ergänzt: "Wir rechnen mit einem professionellen Abschluss der Transaktion, damit Karstadt erfolgreich in die Zukunft geführt werden kann."
Tatsächlich hat Berggruen im Ringen um bezahlbare Mieten in den vergangenen Tagen einige wichtige Punktsiege verbuchen können. So hatte Deutsche-Bank-Vorstand Jürgen Fitschen am Wochenende Spekulationen zurückgewiesen, das Institut boykottiere bewusst eine Einigung mit Berggruen, um indirekt noch seinen Konkurrenten Borletti ins Boot zu holen. "Wir werden die Lösung Berggruens weiterhin konstruktiv unterstützen, denn sie erscheint uns derzeit als die sicherste für Karstadt", sagte Fitschen.
Noch Mitte August hatte sich Karstadt-Insolvenzverwalter Klaus Hubert Görg in einem Schreiben an Fitschen über das Verhalten der Bank beklagt. In einem Gespräch mit einem hochrangigen Mitarbeiter der Deutschen Bank seien ihm "die angeblichen Vorteile eines Vertrages mit Maurizio Borletti in einer Weise geschildert worden, die an die Verleitung zu einem Vertragsbruch erinnerten", erklärte der Verwalter in dem Brief, der dem Magazin "Report Mainz" vorliegt.
Beigelegt hat Berggruen mittlerweile auch seinen Dauerstreit mit der Valovis-Bank, die durch ein Darlehen in Höhe von 850 Millionen Euro zu den größten Gläubigern des Vermieterkonsortiums Highstreet zählt. Die Bank hatte eine Reduzierung der Mieten über lange Zeit blockiert, weil sie um den Wert des gewaltigen Darlehens und damit auch um ihre Existenz fürchtete.
Alle Stolpersteine für eine Einigung mit der Vermieterseite sind mit den bisher erreichten Erfolgen allerdings noch lange nicht aus dem Weg geräumt. Entscheidend für den erfolgreichen Abschluss der Verhandlungen dürfte ein Treffen von Highstreet-Gläubigern am Donnerstag in London sein, zu dem rund 100 Personen erwartet werden. Diese Gläubiger gebieten über eine Anleihe im Wert von 750 Millionen Euro und müssen mit einer Mehrheit von 75 Prozent dem neuen Generalmietvertrag für die Kaufhäuser zustimmen. Daneben bedarf es auch noch des Plazets einer Gruppe von sogenannten Mezzanin-Investoren, die dem Immobilienkonsortium eine Mischung aus Eigen- und Fremdkapital zur Verfügung gestellt haben.
Investor Berggruen hatte den Kaufvertrag für Karstadt im Mai unter dem Vorbehalt unterzeichnet, dass eine Einigung mit den Vermietern zustande kommt. Nur in diesem Fall wird der Vertrag rechtsgültig. Er hat angekündigt, rund 65 Millionen Euro in das angeschlagene Unternehmen zu stecken. Karstadt soll als Ganzes erhalten bleiben, von den Mitarbeitern werden keine weiteren Zugeständnisse erwartet.
Sollte Berggruen auf der Schlussgeraden noch scheitern, könnte die Stunde des italienischen Kaufhausbetreibers Borletti schlagen. Obwohl er mit seinem ersten Karstadt-Angebot schon im Mai abgeblitzt war, hat sich der Betreiber der Ketten Printemps und La Rinascente vor einigen Wochen erneut als Investor ins Spiel gebracht. Der 43-Jährige wirbt mit seinen guten Kontakten zum Vermieterkonsortium und mit einer Investition von 100 Millionen Euro für sich und seinen Partner, den US-Investor Gordon Brothers.
Der Italiener sieht seine Chancen steigen, Berggruen auf der Zielgeraden doch noch auszustechen. "Unter den Vermietern gibt es große Unruhe, die sogar zunimmt", sagte er "Report Mainz". "Einer muss Nein sagen. Und da gibt es einige, die guten Grund haben, Nein zu sagen. Das ganze Highstreet-Konsortium hat gezeigt, dass es uns unterstützt, dass es uns bevorzugt."
Karstadt-Insolvenzverwalter Görg hält hingegen an Berggruen als einzigem Investor fest. Das letzte, leicht nachgebesserte Angebot Borlettis sei auf den ersten Blick so spärlich gewesen, "dass wir es fast übersehen hätten", erklärte Görgs Sprecher gegenüber dem Abendblatt.