Schlecker muss schrumpfen: Insolvenzverwalter Arndt Geiwitz will tausende Filialen schließen und beinahe die Hälfte der Jobs streichen.
Frankfurt/Main. Kahlschlag bei Schlecker: Ein massiver Jobabbau und ein harter Schnitt im Filialnetz sollen die insolvente Drogeriekette Schlecker retten. Jede zweite Filiale macht dicht und 11 750 Stellen fallen weg, wie der vorläufige Insolvenzverwalter Arndt Geiwitz am Mittwoch in Frankfurt ankündigte. Lediglich rund 13 500 Arbeitsplätze sollen in Deutschland erhalten bleiben. „Das ist ein überlebensnotwendiger Einschnitt.“
Von den einstmals rund 6000 Geschäften der Stammmarke des Familienkonzerns aus dem schwäbischen Ehingen sollen nur rund 3000 fortgeführt werden. Schon in jüngster Zeit machte das Management zahlreiche Filialen dicht. Das genüge aber noch nicht, so Geiwitz. Er nannte am Mittwoch die Zahl von aktuell noch rund 5400 bestehenden Schlecker- und Schlecker-XL-Märkten.
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Der Insolvenzverwalter kündigte Verhandlungen mit dem Betriebsrat und den Gewerkschaften über einen Sozialplan an. Ausgenommen von den harten Einschnitten sei zunächst die ebenfalls insolvente Tochter IhrPlatz mit ihren rund 6000 Arbeitsplätzen und rund 660 Filialen. Über deren Zukunft soll in den kommenden Tagen informiert werden.
Die Lage sei schlechter als erwartet. „Die Analyse des Schlecker-Konzerns fällt in gewisser Weise dramatisch aus“, sagte Geiwitz. In den vergangenen Jahren habe Schlecker hohe Verluste eingefahren, allein 2011 seien es rund 200 Millionen Euro gewesen. Pro Monat habe die Kette zuletzt zweistellige Millionenverluste eingefahren. Mit Blick auf die branchenüblichen Bruttoumsatzzahlen habe Schlecker 2011 noch rund 5 Milliarden Euro erlöst. Netto waren es laut Geiwitz aber nur knapp 4 Milliarden Euro.
Ziel sei nun, im April ohne Verluste ins Insolvenzverfahren zu starten. Dabei müssten sowohl die Lieferanten, andere Gläubiger wie Vermieter und nicht zuletzt die Mitarbeiter zufriedengestellt werden. Die Familie bleibe im Boot, aber ihre zukünftige Position sei noch völlig offen.
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Die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi sieht Geiwitz' Botschaft als „Überlebenssignal“, erklärte Bundesvorstandsmitglied Stefanie Nutzenberger in Berlin. Doch zugleich betonte sie: „Wir werden um jede einzelne dieser Existenzen kämpfen, darauf können sich die Schlecker-Frauen verlassen.“
Zudem sei es unerlässlich, einen Kulturwandel einzuleiten. „Dazu ist es wichtig und notwendig, einen Bruch mit der alten Führung und den alten Führungsmethoden und eine Neuausrichtung vorzunehmen“, forderte Nutzenberger. „Es ist natürlich bitter, dass jetzt so viele von uns Schlecker-Frauen ihren Arbeitsplatz verlieren werden“, stellte die Gesamtbetriebsratsvorsitzende Christel Hoffmann fest.
Die Mitbewerber hielten sich am Mittwoch bedeckt. Weder die Drogeriekette dm (Karlsruhe) noch Rossmann (Burgwedel/Niedersachsen) wollten die neuen Entwicklungen bei Schlecker kommentieren. Konkurrent Dirk Roßmann hatte bereits nach Bekanntwerden der Insolvenz angedeutet, an bis zu 80 Schlecker-Filialen in guter Lage Interesse zu haben. Die Kette dm betreibt durchweg größere Filialen und hat ein anderes Angebot als Schlecker.
Schlecker hatte am 23. Januar beim Amtsgericht Ulm Insolvenz beantragt, kurz danach folgte die Tochter IhrPlatz. Die Schlecker-Auslandstöchter sind bislang nicht insolvent.
Ende März solle bereits das Insolvenzverfahren eröffnet werden. Danach dürfe Schlecker nicht mit Verlusten weitergeführt werden, weil sich sonst auch keine möglichen Investoren finden ließen, erklärte Geiwitz. Er strebe an, externes Geld ins Unternehmen zu holen. Dafür sei auch eine Investmentbank eingeschaltet worden.
(dpa)