“Es ist nichts mehr da“. Tochter Meike Schlecker spricht von dem Verlust eines Milliardenvermögens und einer ganzen Drogeriekette.

Ehingen. Meike Schlecker sitzt im Blitzlichtgewitter und scheint einfach durch die Reporter ins Leere zu blicken. Sie will eine Botschaft loswerden, die es in sich hat: "Es ist nichts mehr da." Fünf Wörter braucht sie, um den Mythos ihres Vaters Anton Schlecker und der Familie zu entzaubern. Fünf Wörter für den Verlust eines Milliardenvermögens und einer Drogeriekette.

Doch auch in der Notsituation lassen sich das Unternehmen und die Familie nicht komplett in die Karten gucken, wichtige aktuelle Zahlen wie Umsatz oder Höhe der Verluste bleiben ungenannt. Branchenkenner gehen von weniger als sechs Milliarden Euro Umsatz im vergangenen Jahr aus. Es ist das erste Mal seit den 90er-Jahren überhaupt, dass Schlecker die Journalisten zu einer Pressekonferenz nach Ehingen bei Ulm eingeladen hat. Die Tochter des Firmengründers stellt sich als einziges Familienmitglied diesem Forum.

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In dem nüchternen grauen Besprechungsraum ringt Meike Schlecker um Fassung. Während neben ihr der vorläufige Insolvenzverwalter Arndt Geiwitz Zuversicht verbreiten will, ist die 38-Jährige für das Private zuständig. Sie müsse mit einigen Gerüchten aufräumen, sagt Schlecker. "Es wurde immer gesagt, wir hätten Hunderte von Millionen auf die Seite geschafft." Doch das stimme nicht. "Das Vermögen meines Vaters war immer das Unternehmen", sagt die Managerin.

Und das ist nicht alles. Meike und ihr 40 Jahre alter Bruder Lars selbst glauben an den Umbau des väterlichen Konzerns. Sie hätten gute Teile ihres eigenen Geldes in die Hand genommen, um in den vergangenen Jahren den laufenden Betrieb und die Eröffnung moderner Filialen zu finanzieren, sagt die Betriebswirtin. Alles futsch? Zumindest vorerst. Denn einige Lichtblicke gebe es. "Wir versuchen, einen kühlen Kopf zu bewahren. Wir geben uns kämpferisch. Wir glauben an die Restrukturierung", sagt sie. Neue, großzügige Läden sollen die Wende bringen. Und auch die Marke Schlecker soll bleiben.

Insolvenzverwalter Arndt Geiwitz sekundiert: "Ich stehe der Familienlösung offen und positiv gegenüber." Es gebe genügend Masse für das Insolvenzverfahren, sagt er zumindest. Denn einen Vorteil hat die Symbiose von Familie und Unternehmen zumindest: Schlecker wollte unbedingt unabhängig bleiben. Die Banken blieben außen vor, die Expansion der Drogeriekette wurde aus dem laufenden Geschäft finanziert - und die Firmenstruktur sei für ein Unternehmen der Größe ziemlich übersichtlich, sagt Geiwitz.

Er muss keine eigene Privatinsolvenz Schleckers betreuen - durch die Zahlungsunfähigkeit der Anton Schlecker e. K. (eingetragener Kaufmann) ist dieser gleich selbst betroffen. Denn die Haftung wird durchgereicht. "Ich will mich hier nicht beschweren und wir werden auch zurechtkommen", sagt die 38-Jährige fast trotzig.

Noch in den jüngsten Listen deutscher Milliardäre, die etwa das "Manager Magazin" oder "Forbes" regelmäßig vorstellen, waren die Schleckers enthalten - an die zwei Milliarden Euro sollten sie "wert sein". Doch wo sind die Milliarden? Es gibt das Filialnetz, es sind Lager vorhanden, oder auch ein großes Anwesen in Ehingen. Dabei gehören die Immobilien der Läden in Deutschland keineswegs den Schleckers. Sie sind Mieter.

Laut Geiwitz ist noch offen, ob es einen Insolvenzplan gibt. Mit den Gläubigern liefen entsprechende Gespräche. Eine Rettung könne aber nicht funktionieren, wenn viele Geschäfte geschlossen würden. Die Nähe zu den Kunden sei das Geschäftsmodell. Geiwitz revidierte bisherige Zahlen der Drogeriekette - es seien mehr als 6000 Filialen in Deutschland mit rund 32 000 Mitarbeitern. Zuvor war noch von knapp unter 7000 Filialen die Rede. Der Großteil davon schreibe schwarze Zahlen, sagte Schlecker-Finanzchef Sami Sagur. Mehr Details gab es nicht. Eine Erleichterung sei unter anderem das Insolvenzgeld, das die Sparkasse Ulm vorfinanziere: "Wir müssen allein in den nächsten zwei Monaten 100 bis 150 Millionen Euro an Löhnen und Gehältern nicht bezahlen", sagte Geiwitz. Eigentlich sei dies erst fällig, wenn das Insolvenzverfahren eröffnet werde. Er gehe davon aus, dass dies Ende März oder Anfang April passiere. Die Entscheidung trifft das Amtsgericht Ulm.

Letztlich waren es keine großen Beträge, die Schlecker zunächst straucheln ließen und vor zehn Tagen in die Insolvenz stürzten. "Ein zweistelliger Millionenbetrag" gab den Ausschlag, den die Kette nicht refinanzieren konnte, erklärt Geiwitz. Es habe keine geheime Quelle gegeben, sagt Meike Schlecker, "sonst hätten wir nie Insolvenz angemeldet". Ihre Botschaft ist sie gestern losgeworden. Und am Ende sieht sie sich und die Familie noch lange nicht.