Turbulenzen wegen Porsche-Übernahme. Attac-Mitglieder protestieren im Handelssaal.

Hamburg/Frankfurt. Die Deutsche Börse hat gestern einen der dramatischsten Tage ihrer Geschichte erlebt. Die Aktie des Autobauers VW schoss zeitweise um mehr als 200 Prozent auf 635 Euro nach oben. Gleichzeitig schlossen alle anderen 29 Werte im Deutschen Aktienindex (DAX) tief im Minus.

Am Ende ging die VW-Aktie mit einem Plus von mehr als 146 Prozent bei 520 Euro aus dem Handel und zog den DAX sogar leicht ins Plus. Sonst wäre er um neun Prozent abgestürzt. "So etwas Verrücktes habe ich noch nie erlebt", sagte ein Aktienhändler in Frankfurt dem Hamburger Abendblatt. Hintergrund für die Kursexplosion bei VW sind hochspekulative Geschäfte.

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Neben den Aktienkapriolen hielten Globalisierungsgegner vom Netzwerk Attac die Börsianer in Atem. Sie entrollten gestern über der DAX-Tafel ein Transparent mit der Aufschrift "Finanzmärkte entwaffnen! Mensch und Umwelt vor Shareholder-Value!".

Die Warnungen vor einer weltweiten Rezession sorgten auch an anderen Weltbörsen für Turbulenzen. In New York schloss der Dow-Jones-Index der Standardwerte nach einer Berg-und-Tal-Fahrt um 2,4 Prozent tiefer bei 8175 Punkten. Besonders dramatisch war die Lage in Asien: Die Börse in Tokio fiel gestern auf den tiefsten Stand seit 26 Jahren, der Hang-Seng-Index in Hongkong brach um fast 13 Prozent ein - der größte Tagesverlust seit mehr als einem Jahrzehnt.

Die Auswirkungen der Finanzmarktkrise auf die reale Wirtschaft werden derweil immer dramatischer. So muss nicht nur Daimler 150 000 Beschäftigte in verlängerte Werksferien schicken, auch Bosch hat bereits eine Fabrik für eine Woche dichtgemacht. Opel und der Autozulieferer Continental prüfen ebenfalls die vorübergehende Schließung von Werken. Die Stimmung in der Wirtschaft wird insgesamt immer schlechter. So gab der Ifo-Index, mit dem die Geschäftslage der Firmen abgefragt wird, im Oktober das fünfte Mal in Folge nach. Die Europäische Zentralbank deutete derweil für den 6. November eine weitere Senkung ihrer Leitzinsen an. So soll die Konjunktur angekurbelt werden.

Dass gerade die VW-Aktien gestern gegen den Trend so begehrt waren, erklären Experten mit dem Versuch von Porsche, die alleinige Macht in Wolfsburg zu erlangen. Händler hatten sich in den vergangenen Wochen VW-Aktien geliehen und diese wieder verkauft. Dabei hofften sie auf fallende Kurse, um die Papiere später günstiger am Markt zurückzukaufen und den Besitzern wiederzugeben. Die Ankündigung von Porsche vom Sonntag, 75 Prozent an VW erwerben zu wollen, sorgte plötzlich für neue Kursfantasien. Die Händler fürchteten, VW-Aktien nicht mehr billig genug am Markt erwerben zu können - die Jagd auf die Papiere ließ den Aktienkurs explodieren.

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